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Die „Goldene Ähre“ zerfällt

Die Heidenauer Kleingartensparte verliert ihre Gärten. Wahrscheinlich alles juristisch sauber, moralisch aber eine Katastrophe. Die Hilfe der Stadt kommt zu spät.

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© Nobert Millauer

Von Heike Sabel

Heidenau. Die Kleingartensparte „Goldene Ähre“ in Großsedlitz steht wortwörtlich vor einer Zerreißprobe. Eine Kündigung für ein kürzlich von einer Heidenauer Familie erworbenes Flurstück liegt vor. Fünf Gärten und zahlreiche Stellflächen für Autos sind damit wahrscheinlich für den Verein verloren. Und das ist erst der Anfang. Eine weitere Kündigung für eine Fläche, auf der sich drei Gärten und auch Stellflächen befinden, ist angekündigt. Das Einzige, was der Territorialverband noch für die Heidenauer Kleingärtner tun kann, ist das Prüfen der Kündigungen auf Rechtmäßigkeit und das Sichern der Entschädigung laut Bundeskleingartengesetz. Drei der zurzeit betroffenen Kleingärtner wären bereit, Einzelpachtverträge mit dem neuen Grundstückseigentümer abzuschließen, sagt Susanne Russig, Geschäftsführerin des Territorialverbandes. Die Pacht wäre aber um ein Vielfaches höher als bisher, der Kündigungsschutz geringer. Damit bleiben die Gärten zwar vorerst bestehen, sind aber nicht mehr Teil der Sparte. Die Bereiche der Stellflächen und der übrigen Gärten will der neue Eigentümer nach derzeitigem Stand bebauen.

Der Kleingartenverein steht nun vor einigen Problemen. Eines ist: Wo kann künftig geparkt werden? Durch den Verkauf einer weiteren Fläche ist auch der Eingangsbereich gefährdet. Die Sparte zerfällt und muss umgestaltet werden. „Welche Auswirkungen das alles hat, ist noch nicht abschätzbar“, sagt Susanne Russig. Es seien Heidenauer, die sich die Anlage nun nach und nach und mehr oder weniger für private Zwecke aneignen. Bisher konnten die Angriffe des Grundstückseigentümers, der bundesweit agierenden Gesellschaft MS Gartenreich, abgewehrt werden. Durch die Verkäufe an Heidenauer erfolgt nun der Ausverkauf der Anlage. Und: Es gibt kaum eine Chance, sich zu wehren. Der Vereinsvorstand ist bemüht, eine Lösung für den Erhalt der verbleibenden Gartensparte zu finden. Eine schwierige Aufgabe für Vorsitzende Martina Dunger und die Mitglieder.

Eine Mitschuld an der Situation trägt auch die Stadt Heidenau. Sie hat die Gärten vor vier Jahren nicht vom Freistaat gekauft, und die betreffenden Grundstücke sind teilweise als Bauland ausgewiesen. Dieses Jahr soll der Entwurf des Flächennutzungsplanes überarbeitet werden. Dabei will sich der Territorialverband als Interessenvertreter der Kleingärtner für die Ausweisung als Grün- oder Dauerkleingartenland einsetzen. Das ist zwar kein absoluter Schutz für die Anlage, aber immerhin ist er größer als der bisherige Status. Bei einem Gespräch dazu zeigte sich die Stadt Heidenau bereits kleingartenfreundlich.

Das Dilemma begann vor vier Jahren. Der Freistaat Sachsen verkaufte unter anderem die beiden Grundstücke der Kleingartenanlage „Goldene Ähre“ an die Meerbuscher Gartenland GmbH. Der Verein und die Stadt Heidenau hätten das Land auch kaufen können, lehnten das aber ab. Es blieb beim Pachtverhältnis und alles beim Alten. Die Kleingärtner wähnten sich in Sicherheit und das Bundeskleingartengesetz auf ihrer Seite. Die GmbH, die sich später in MS Gartenreich umbenannte, wollte die Gärten einzeln verkaufen, also Eigentumsgärten daraus machen. Doch das ist rechtlich nicht möglich. Gartenreich will die Grundstücke also wieder loswerden. Im Falle der „Goldene Ähre“ erfolgreich. „Wahrscheinlich alles gesetzeskonform“, sagt Susanne Russig, „aber moralisch natürlich für die Mitglieder des Vereins eine Katastrophe.“