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Die Giganten von Rückersdorf

Die Regionalplanung sieht vier neue Windräder vor – doppelt so hoch wie die jetzigen.

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© Foto/Montage: Zschiedrich/SZ

Von Nancy Riegel

Neustadt. Lange Zeit herrschte Stille beim Thema Windkraft in Neustadt. Nun bringt der Entwurf des Regionalplanes für den Landkreis Bewegung in die Sache – in Form von vier geplanten Windrädern zwischen Rückersdorf und der Staatsstraße 156. Mit einer möglichen Höhe von 200 Metern wären diese doppelt so hoch wie die jetzigen.

Was sieht die Planung genau vor?
Entsprechend der allgemeingültigen Distanzregeln dürften die Anlagen am Wachberg bis zu 200 Meter hoch werden, gemessen an der Spitze der Rotoren. Das ist möglich, weil die geplanten Standorte mindestens 1 000 Meter Abstand zum nächsten Wohnhaus hätten. Die jetzigen Räder sind 100 Meter hoch und würden wahrscheinlich ersetzt werden, sagt Heidemarie Russig, Geschäftsstellenleiterin des Regionalen Planungsverbandes. „Nach 20 Jahren läuft die Förderung aus. Ein Investor würde sie deshalb wahrscheinlich nicht erhalten wollen.“ Die Windräder wurden in den Jahren 2002 und 2005 errichtet. Prinzipiell obliegt es aber dem Betreiber, ob sich die Rotoren auch nach Ablauf der Förderperiode weiter drehen sollen. Nötig wäre es nicht, weil die vier neuen Räder ausreichend Leistung erzielen.

Warum eignen sich die Flächen dafür?
Für den Standort am Wachberg sprächen laut Russig mehrere Gründe. Vor allem das hohe Windpotenzial aus westlicher Richtung und der damit einhergehende prognostizierte Ertrag von zehn Gigawattstunden pro Jahr und Windrad. Zum Vergleich: Die bisherigen Räder produzieren jeweils nur rund zwei Gigawattstunden pro Jahr. Der Ertrag würde sich mit den neuen Anlagen somit insgesamt verzehnfachen.

Wem gehören die Flächen für die neuen Windräder?

Die Acker, auf denen die Anlagen errichtet werden sollen, sind in Privateigentum. Rückersdorfer vermuten, dass die Grundstücke bereits an einen potenziellen Investor verkauft wurden. Neustadts Bürgermeister Peter Mühle (NfN) hat diese Gerüchte ebenfalls vernommen, möchte sie aber aus Gründen des Datenschutzes weder bestätigen noch entkräften.

Was sagen die Windkraftgegner?
Die Initiative „Wir für Natur“, die sich schon seit Jahren gegen Windräder in Rückersdorf einsetzt, verweist auf die Vogelschutzgutachten, die die Stadt jährlich erstellen lässt. In diesen wird das Vorkommen von Rot- und Schwarzmilanen bestätigt, die in Deutschland als streng geschützt gelten. Ein Sprecher der Initiative berichtet von etwa 20 heimischen Tieren.

Die Regionalplanung habe diese Gutachten berücksichtigt, sagt Heidemarie Russig. Man habe versucht, mögliche Brut- und Nahrungsplätze zu umgehen und eine Pufferzone zum Waldrand einzuhalten. „Genauer muss das dann noch anhand der konkreten Standortplanung durch den Investor ermittelt und durch die untere Naturschutzbehörde anerkannt werden.“ Im Einzelfall kann dadurch die Genehmigung versagt werden, auch im Vorranggebiet für Windkraft. Die Regionalplanung sollte, um diesen Fall zu vermeiden, den Artenschutz so genau wie möglich einschätzen.

Wie geht es beim Thema Windkraft jetzt weiter?
Die Stadt Neustadt und die Bürger haben bis Ende Januar Zeit, sich zum Entwurf zu positionieren. Der Bürgermeister berichtet, dass derzeit alle Ämter im Rathaus den Regionalplan prüfen, der nicht nur Windkraft, sondern unter anderem auch die Themen Hochwasserschutz, Landwirtschaft, Kulturlandschaft und Industrieentwicklung betrachtet. In der Januar-Sitzung des Stadtrats wolle man dann eine Stellungnahme beschließen, die an den Planungsverband übermittelt wird. Es ist zu erwarten, dass sich die Stadt den Einwänden der Windkraftgegner anschließt und somit die 200-Meter-Anlagen ablehnt.

Was ist aus dem Windkraft-Standort in Rennersdorf geworden?
Höhere Windräder in Rennersdorf wird es laut Regionalplanung vorerst nicht geben. Am Standort gebe es zu wenig Wind, sodass nicht so viel Leistung wie in Rückersdorf erzeugt würde. Die vier jetzigen Windräder aus den Jahren 2002 und 2011 drehen sich also vorerst weiter.