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„Die ersten zwei Stunden sind meist entscheidend“

Bei Einsätzen mit tragischem Ausgang wird Franz Brinkmann gerufen. Der DA sprach mit ihm über Hilfe für die Seele der Einsatzkräfte.

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© Sylvia Jentzsch

Seit acht Jahren ist der Döbelner Feuerwehrmann Franz Brinkmann psychologische Fachkraft im CISM-Einsatznachsorge-Team für Rettungskräfte beim Landesfeuerwehrverband Sachsen. Er ist für Mittelsachsen zuständig. Franz Brinkmann hat 20 Jahre als Rettungssanitäter gearbeitet, ist seit 20 Jahren Feuerwehrmann und leistet nun Erste Hilfe für die Seele in den ersten Stunden nach einem tragischen Unglück.

Herr Brinkmann, welchen Umfang hat die Einsatznachsorge?

Ich bin für die Einsatznachsorge nach einem tragischen Ereignis wie einem Unfall, bei dem es Tote gab, zuständig. Durch Gespräche, gemeinsames Schweigen oder einfach Zuhören gebe ich den Betroffenen in der Zeit kurz nach der Krise Beistand. Aber auch während des Einsatzes kann ich schon gerufen werden. Ich bin aber kein Therapeut und auch kein Arzt. Wichtig ist auch die Prävention. Die wird zurzeit noch zu wenig in Anspruch genommen.

Wie sind Sie zu diesem Ehrenamt gekommen und was sind die Voraussetzungen dafür?

Vor mehr als acht Jahren hat der Kreisbrandmeister mit mir gesprochen. Er hat gemeint, dass nach einem tragischen Ereignis jemand für die Feuerwehrmänner da sein sollte. Ich habe mich dieser Aufgabe gestellt und einen Lehrgang besucht. Wir Einsatznachsorger handeln nach dem Critical Incident Stress Management. (siehe Kasten) Um der Aufgabe gerecht zu werden, habe ich an Weiterbildungen teilgenommen und bilde selbst aus.

Werden Sie oft von den Leitstellen in Chemnitz und Dresden angefordert, um den Feuerwehrleuten beizustehen?

Ich komme im Durchschnitt 20 Mal im Jahr in meiner Funktion zum Einsatz. Von den Feuerwehrleuten aus der Region wird bisher meine Unterstützung weniger angenommen, dafür aber in anderen Bereichen wie in Oederan oder Augustusburg. Die Einsatznachsorge endet nicht immer nach einem Gespräch. Es kann auch sein, dass nach einiger Zeit noch einmal über das Ereignis gesprochen werden muss.

Welche Aufgabe übernehmen Sie konkret?

Zunächst müssen mich die Feuerwehrleute über die Leitstellen in Chemnitz oder Dresden anfordern. Wichtig ist, dass ich so schnell wie möglich an den Einsatzort gerufen werde. Die ersten beiden Stunden sind meist entscheidend. Ich bin vor allem da, um mit den betroffenen Einsatzkräften ins Gespräch zu kommen und zu erkennen, ob es sich eine posttraumatische Belastungsstörung handelt. Manchmal bin ich auch dabei, wenn die Feuerwehrleute das Geschehene aufarbeiten. Dann kann ich als Fachkraft die Gesprächsführung übernehmen. Es sollte aber nur mit den Leuten gesprochen werden, die auch am Einsatz beteiligt waren. Wichtig ist, dass nicht zu lange mit der Aufarbeitung des Geschehenen gewartet wird. Es sollte noch vor dem ersten Nachtschlaf passieren.

Es fragte: Sylvia Jentzsch