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Die Druckerei lebt

Mit seinem Werk in Radebeul erzielt der Druckmaschinen-Hersteller Koenig & Bauer 60 Prozent seines Umsatzes. Künstliche Intelligenz spielt dabei eine wichtige Rolle.

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Von Peter Ufer

Ralf Sammeck spricht von der Gegenwart, die für ihn nichts anderes als die Zukunft bedeutet. „Wir beantworten in unserem Unternehmen heute schon Fragen, die noch gar keiner gestellt hat“, sagt das Mitglied des Vorstandes der Koenig & Bauer AG. Dabei freut er sich wie einer, der gerade etwas erfunden hat, was andere dringend brauchen, es aber noch gar nicht wissen.

Der 56-Jährige strahlt und sagt: „Unsere Aufgabe ist es, unsere Kunden erfolgreich zu machen.“ Seit dem Jahr 2000 arbeitet der zweifache Familienvater in Radebeul, begann dort als Vertriebsdirektor Digitale Drucksysteme und Prokurist. Heute leitet er das größte Tochterunternehmen der Koenig & Bauer-Gruppe, das für die Entwicklung, Konstruktion, Montage, den Vertrieb sowie den Kunden-Service aller Rapida-Bogenoffset-Anlagen verantwortlich ist. Hinzu kommen digitale Bogenmaschinen für den Verpackungsdruck und Anlagen mit Schwerpunkt Druckweiterverarbeitung. 85 Prozent der Produkte werden weltweit exportiert.

„Wir können zum Beispiel durch die permanente Datenanalyse unserer Druckmaschinen bei Kunden feststellen, wo die Maschinen gut laufen oder wo nicht“, sagt Ralf Sammeck. Die Vernetzung mit unseren Maschinen, das Internet der Dinge, sei ein Segen, denn sie erlaube, egal wo auf der Welt die Druckmaschine stehe, eine permanente Kontrolle der Leistungsdaten. „Wir bekommen rund 20 000 Sensormeldungen pro Maschine und Tag. Und da stellt sich natürlich die Frage, was macht man damit?“ Der Ingenieur gibt begeistert die Antwort. Sobald erkannt werde, dass ein Maschinenteil demnächst verschlissen sei, empfehle man dem Kunden, es auszuwechseln, bevor es wirklich kaputt gehe und eventuell größeren Schaden anrichte. „Wir verhindern Ausfälle, bevor sie passieren.“ Präventive Reparatur könne man das nennen. Zudem können 80 Prozent der Servicefälle per Fernwartung gelöst werden.

Dass ein Hersteller von Druckmaschinen die digitale Revolution feiert, wirkt auf den ersten Blick ungewöhnlich, denn Printprodukte scheinen gerade von den Informationen des Internets verdrängt zu werden. „Stimmt nicht ganz“, sagt der Wahlradebeuler. Koenig & Bauer baut Maschinen für den Druck von Faltschachteln und Kartonagen, Geschäftsdrucksachen, Werbebeilagen, Banknoten, Blechdosen, Wellpappe, Glas- und Hohlkörpern. Selbst flexible Verpackungen wie Chipstüten werden mit Maschinen aus diesem Konzern bedruckt. „Im Grunde gibt es nichts, was nicht bedruckt werden kann“, sagt Sammeck.

Mit der Fokussierung auf den wachsenden Verpackungsdruck werde das Unternehmen Umsatz, Ertragskraft und Stabilität nachhaltig steigern. Der Druckmaschinenhersteller  profitiert davon, dass Online-Händler zunehmend auf bedruckte Lieferkartons setzen. 2017 konnte das Unternehmen deshalb viele Maschinen verkaufen, die Kartons individuell bedrucken können.

Seit 1991 gehört der frühere Radebeuler Druckmaschinenhersteller Planeta zu Koenig & Bauer, dem inzwischen über 200 Jahre alten Druckmaschinenunternehmen aus Würzburg. Planeta, das war der wichtigste Teil des VEB Polygraph Werner Lambertz, eines der erfolgreichsten Unternehmen der DDR. 70 Prozent ihrer Druckmaschinen lieferten sie ins Ausland. Nebenher stellten sie jedoch noch tausend andere Dinge her, Zylinder und Stoßdämpfer für den Trabbi zum Beispiel, sogar einen eigenen Baubetrieb hatte Planeta. Und einen unschlagbaren Vorteil besaßen die Radebeuler: Sie stellten Verpackungsdruckmaschinen her, Maschinen, die das Würzburger Mutterhaus, das auf Druckmaschinen für Zeitungen und Devisen spezialisiert war, nicht hatte. Inzwischen erwirtschaftet das ehemalige Kombinat aus Radebeul 60 Prozent des gesamten Umsatzes des Koenig & Bauer-Konzerns und ist weltweit der Marktführer bei Verpackungsdruckmaschinen für Kartonagen.

Die heutige Erfolgsgeschichte des einstigen Planeta-Betriebes kennt viele Tiefen. Mehrfach schrieb das sächsische Unternehmen nach 1990 rote Zahlen, Personalabbau folgte, aber zugleich setzten die Mitarbeiter auf ihre Tradition und die Weiterentwicklung der Produkte. Ralf Sammeck sagt: „Wir hatten immer Vertrauen in die Innovationskraft der Menschen hier und begriffen sehr schnell, dass die Digitalisierung nicht das Ende von Print bedeutet, sondern einen neuen Anfang.“

Der Umsatz des ältesten Druckmaschinenherstellers der Welt stieg 2017 auf fast 1,22 Milliarden Euro, nach 1,17 Milliarden im Jahr 2016. Trotz des weiter wegbrechenden Erlöses bei Maschinen für den Zeitungsdruck konnte der Konzern den Gewinn durch Zuwächse im Service und Verpackungsdruck fast stabil bei 81,1 Millionen Euro halten. An die Aktionäre wurde 2017 eine Dividende von 90 Cent pro Anteil ausgeschüttet, rund 40 Cent mehr als 2016. Der Auftragseingang des Gesamtunternehmens lag im zweiten Quartal des Jahres 2018 bei 454,4 Millionen Euro, ein Auftragsplus von 17,2 Prozent im ersten Halbjahr. Gerade entsteht ein neues Kundenzentrum in Radebeul.

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