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Die bunte Welt der Keramik

Beim Töpferfest in Neukirch präsentierten sich 80 Handwerksbetriebe – nicht nur aus Deutschland.

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© Carmen Schumann

Von Carmen Schumann

Neukirch. Eine zerbrechliche Fracht haben die Töpfer auf dem schmalen Brett zu transportieren. Es sind ungebrannte Tongefäße, die Töpfermeister Karl Louis Lehman junior extra für den traditionellen Töppel-Lauf hergestellt hat. In der Hitze des Gefechts kann schon mal was herunterfallen und zerbrechen. Doch das ist einkalkuliert. Gelassen sammelt der Töpfermeister die Scherben auf. Ritter Rupprecht, der Schutzpatron des Neukircher Töpferfestes, hat da ganz andere Sorgen. Ständig laufen Besucher über die Wettkampfstrecke. Da muss er höllisch aufpassen, dass niemand über den Haufen gerannt wird. Aber alles geht gut. Nach den Vorläufen kristallisiert sich das Siegerteam heraus: Es ist das Team Tonart und Kaolin, welches aus Anngret Wolf, ihrem Sohn Leopold sowie dem Slowenier Bostjan Jan besteht. Vor allem Leopold Wolf verhilft seiner Mannschaft zum Sieg. Vielleicht liegt es an dem tieferen Schwerpunkt, mit dem der Junge das Brett mit traumhafter Sicherheit balanciert.

Impressionen vom Töpferfest in Neukirch

Der Töppel-Lauf ist einer der Höhepunkte des Töpferfestes, das am Wochenende wieder Tausende Besucher nach Neukirch zog. Dank des schönen Herbstwetters war es ja auch ein Vergnügen, zwischen den Ständen zu bummeln, zu schauen und zu kaufen. Die Besucher waren beeindruckt von der Vielfalt der keramischen Erzeugnisse. Vertreten waren rund 80 Töpfereien aus Sachsen, Thüringen, Brandenburg und weiteren Bundesländern sowie auch aus Italien, Tschechien und Slowenien.

Ralf Dostmann zum Beispiel scheut die Anreise über mehr als 500 Kilometer von dem kleinen Ort Seifertshofen bei Stuttgart nach Neukirch nicht. Nachdem er den Neukircher Töpfermeister Karl Louis Lehmann in den neunziger Jahren auf einem Töpfermarkt in Süddeutschland kennengelernt hatte, war er 1999 erstmals zum Töpferfest hier und kommt seitdem mit Unterbrechungen immer wieder. Seit 35 Jahren zieht Ralf Dostmann mit seinen Keramikperlen über die Märkte. Für Kreative bietet er die Grundmaterialien, aus denen sie sich ihren eigenen Schmuck zusammenstellen können, neben Lederbändern sind das auch Halsreifen und „Rohlinge“ für Ohrschmuck. Doch natürlich fertigt er auch selbst wunderbare Ketten, Colliers, Ringe und Armbänder an. „Meine Lieblingsfarbe ist bunt“, sagt er. Da es sich bei seinen Schmuckstücken um Modeschmuck handelt variieren die Farben natürlich von Saison zu Saison. Dem trägt der Keramiker Rechnung. Das Töpferfest sei ein sehr schöner Markt. Weil auch die Umsätze stimmen, kommt Ralf Dostmann immer gerne wieder nach Neukirch.

Gebaute Keramik

Dass Töpferwaren nicht immer nur runde Formen haben müssen, ist am Stand von Ann Weigelt aus Chemnitz zu sehen. Sie verkauft auch eckige Behältnisse, so zum Beispiel Zwiebel- und Kartoffeltöpfe. Diese Gefäße sind „gebaut“, das heißt, sie werden nicht auf der Töpferscheibe hergestellt, sondern aus Tonplatten zusammengesetzt. Der gebauten Keramik wandte sich die Töpferin zu, weil ihr die Arbeit an der Scheibe manchmal zu anstrengend ist. Viele ihre Gefäße verziert die Töpferin mit der sogenannten Stempeltechnik. Dadurch erhalten die Gegenstände eine interessante Struktur. Ihre Erzeugnisse brennt die Töpferin, die ihren Beruf in Waldenburg erlernte, im Holzfeuer. . Am Töpferfest in Neukirch nimmt sie schon zum siebten Mal teil. Die Stimmung sei hier immer sehr gut und das Fest sei hervorragend organisiert, findet sie.

Maranke Thunig ist fast schon eine Weltenbummlerin, die nun in Bischofswerda gelandet ist. Die gebürtige Holländerin besuchte in ihrem Heimatland eine Kunstakademie und ging mit 21 Jahren nach Kopenhagen, wo sie eine Designschule besuchte und später eine Werkstatt mit Laden eröffnete. Auf einem Töpfermarkt in Österreich lernte sie ihren Mann kennen, der in Schmölln eine Töpferwerkstatt betreibt. Nachdem sie einige Zeit zwischen Kopenhagen und Bischofswerda pendelte, ist sie nun ganz nach Schiebock gezogen, wo sie vor zwei Jahren an der Bahnhofstraße eine Werkstatt mit Geschäft eröffnete. Es sei schön, dass sie ihren Beruf mit ihrem Ehemann teilt, denn so entwickle man viel Verständnis für den anderen. Am Töpferfest in Neukirch nimmt sie zum dritten Mal teil. Sie freut sich, dass sie hier ihre Stammkunden trifft, aber auch neue Kunden hinzu gewinnen kann. Viele kämen dann auch nach dem Fest direkt in ihren Laden. Maranke Thunigs Erzeugnisse zeichnen sich durch ihre hellen Farben aus. Ihre Keramiken sind teils so dünn, dass das Licht durchscheint.

Perfekte Organisation

Aus Bürgel, einer Hochburg der Töpferkunst, ist Paul Grzimek gekommen. Die traditionellen Bürgeler Töpferwaren zeichnen sich durch ihre dunkelblaue Farbe mit den kleinen weißen Punkten aus. Grzimek hat in den über hundert Jahre alten Familienbetrieb Reichmann eingeheiratet. Sechs Familienmitglieder stellen ein umfangreiches Geschirr-Sortiment aus Tellern, Tassen, Schalen und Töpfen her. Im Gegensatz zu den dicken weißen Punkten, wie sie in der Oberlausitz mithilfe der Schwämmeltechnik auf den Ton gebracht werden, entstehen die kleinen Bürgeler Pünktchen mithilfe eines Federkiels. Der Familienbetrieb passt sich aber auch dem Zeitgeschmack an. Neben blau-weißen Gefäßen entstehen auch moderne Stücke in bunten, pastelligen Farben. Wie Paul Grzimek sagt, seien beide Varianten gleichermaßen beliebt. In der heimischen Werkstatt würden eher die traditionellen Stücke, auf Märkten dagegen eher die bunten Teile gekauft. Paul Grzimek ist mit dem Kundenzuspruch in Neukirch sehr zufrieden und er lobt die perfekte Organisation des Töpferfestes. Deshalb sei man fast jedes Mal mit dabei.