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Die Baumkletterer

Zwei Forstwissenschaftler aus Berlin und Hildesheim gründen in Bahra eine Firma und beweisen auch in anderer Hinsicht viel Mut.

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© Sebastian Schultz

Von Jürgen Müller

Hirschstein. Das ist eine Menge Holz, die da auf dem Hof des Grundstückes in Bahra liegt. Das Wohnhaus ist mit Holz verkleidet, überall finden sich Stapel mit Brennholz. An einem Holztisch sitzen Tobias Wolf und Arne Eckert. Den 36-jährigen Berliner und den 31-jährigen Mann aus Hildesheim verbindet nicht nur die Leidenschaft zu Holz. Beide haben in Tharandt Forstwissenschaft studiert, gründeten eine Firma und kauften gemeinsam einen alten Drei-Seit-Hof in Bahra in der Gemeinde Hirschstein. Hier leben sie seit einiger Zeit. Tobias Wolf mit Ehefrau Madeleine und den beiden sechs und neun Jahre alten Kindern und Arne Eckert. Doch wieso verschlägt es einen Berliner und einen Hildesheimer in die tiefste Provinz?

„Ich hatte immer schon den Traum vom Leben auf dem Land. Vielleicht liegt das gerade daran, dass ich in der Großstadt aufgewachsen bin. Ich wollte raus aus der Stadt“, sagt Tobias Wolf, der einst in Berlin-Köpenick wohnte. Er wollte ursprünglich Förster werden. Auch Arne Eckert ist ein sehr naturverbundener Mensch. Um Forstwirtschaft zu studieren, kommen Göttingen, München, Freiburg oder Tharandt infrage. „Ich habe mich für Sachsen entschieden, weil ich hier viele gute Freunde habe. Die leben auch auf dem Land, das war schon immer ein Traum von mir“, sagt er. Natur und Naturschutz liegen beiden am Herzen.

Für Tobias Wolf platzt der Traum vom Förster. Es gibt einfach zu wenige Stellen. „Es war die falsche Zeit für mich“, sagt der 36-Jährige, der schon während des Studiums in der Baumpflege arbeitete. Nach dem Forststudium in Tharandt begann Tobias Wolf im Jahr 2011, die ersten Aufträge unter dem Firmennamen „Maienhof - Land & Forst“ abzuarbeiten. Arne Eckert arbeitete nach dem Studium der Forstwissenschaften als Selbstständiger für verschiedene Baumpflege- und Forstunternehmen. Nach Auslandssemestern in Dänemark und Tansania und dem Abschluss seines Studiums erwarb er zusätzliche Fähigkeiten durch verschiedene Lehrgänge und Weiterbildungen.

Die Zusammenarbeit mit Tobias Wolf besteht seit 2015. Aus einem daraus resultierenden Anstellungsverhältnis von Arne Eckert bei der Firma „Maienhof – Land & Forst“ entwickelte sich die 2018 neu gegründete GbR „LandWaldBaum“.

„Einen harmonischen Ausgleich zwischen den menschlichen Bedürfnissen, und der Natur zu finden, das ist unser Hauptanliegen“, sagt Wolf, der Geschäftsführer der Firma ist. Das Spektrum der angebotenen Arbeiten ist groß: Baumkontrolle, Baumpflege, Baumfällungen, aber auch Höhenarbeiten, Forschung und Saatguternte. So war die Firma erst kürzlich im Auftrag des Staatsbetriebes Sachsenforst in Cunewalde eingesetzt, pflückte dort rund 700 Kilogramm Weißtannen-Zapfen. Aus diesen können rund 70 Kilogramm Samen gewonnen werden. Diese reichen, um etwa eine Million neue Bäume heranzuziehen.

Doch was macht die Firma im Winter? Tobias Wolf lacht: „Das ist die Zeit, in der wir die meisten Aufträge haben.“ Denn erst ab Oktober dürfen Bäume gefällt werden. Auch aber Baumschnitt in luftiger Höhe ist für die beiden keine Herausforderung. Sie beherrschen die Seilklettertechnik, klettern in bis zu 40, 50 Meter Höhe, mehrfach gesichert und mindestens zu zweit. Auch der Schnitt von Kopfweiden oder Obstbäumen kann nur jetzt in dieser Vegetationsperiode durchgeführt werden, sagt Arne Eckert. Im Sommer hingegen geht es vor allem um die Baumkontrolle. Beide sind zertifizierte Baumkontrolleure. Über Arbeit kann sich die kleine Firma jedenfalls nicht beklagen. Um sie bewältigen zu können, bedient sie sich mehrerer Subunternehmer.

Der lange und vor allem trockene Sommer hat den Baumpflegern mehr Arbeit als erwartet gemacht. So mussten sehr lange und sehr oft Bäume gegossen werden, damit sie nicht eingehen. Und auch jetzt gibt es jede Menge Aufträge. Vor allem Privatleute müssen Nadelgehölze auf ihren Grundstücken fällen lassen, weil diese vom Borkenkäfer befallen wurden. Auch hier spielt die Trockenheit eine Rolle.

Da bleib viel Arbeit auf dem Hof und dem 5 000 Quadratmeter großen Grundstück liegen. Die beiden wollen die Scheune zum Wohnhaus ausbauen. Wolf und Eckert könnten sich ein Wohnprojekt mit drei Wohnungen vorstellen. Auch eine Hackschnitzelheizung soll eingebaut werden. In drei, vier Jahren, so ihr ambitioniertes Ziel, könnten dort Familien einziehen. Bis dahin liegt noch viel Arbeit vor ihnen.

Eingelebt auf dem Land haben sich die Städter längst, weil auch die Rahmenbedingungen stimmen. Der Bus hält gleich um die Ecke. So können die Kinder von Tobias Wolf bald allein in die Freie Werkschule nach Meißen fahren.

Sie haben sich für lange Zeit eingerichtet, in Bahra zu leben, zu wohnen und zu arbeiten. „Wir sind gekommen, um zu bleiben“, sagt Arne Eckert.