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Der vielleicht längste Bank-Azubi der Welt

Max von der Wippel will mit seiner Nervenstärke die Dresden Titans in der 2. Liga halten.

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© Ronald Bonß

Von Alexander Hiller

Sparkassen-Mitarbeiter leben auf großem Fuß? Bei Max von der Wippel ist das kein Vorurteil, das weder bestätigt noch dementiert werden muss. Es ist ganz einfach so. Der 18-jährige Auszubildende trägt Schuhgröße 50. Mit seinen 2,08 m Körperlänge ist der Wahldresdner möglicherweise der größte Mitarbeiter der Ostsächsischen Sparkasse. Vielleicht sogar der längste Bank-Azubi der Welt. Seriös nachprüfen lässt sich das freilich nicht. Die Superlative wiederum sind so ungewöhnlich auch wieder nicht. Der gebürtige Leipziger ist nicht nur angehender Bankkaufmann, sondern im Haupthobby Basketballer bei den Dresden Titans.

Dem Neuling in der 2. Basketball-Bundesliga sicherte Max von der Wippel mit stahlharten Nerven den ersten Sieg in der Abstiegsrunde. Mit einem verwandelten Freiwurf in der Schlusssekunde. Die besiegelte den 76:75-Erfolg über Hanau. „Für solche Momente lebt man als Basketballer“, sagt der Hüne. Adrenalin jagt durch den Körper, doch die Hand bleibt ruhig, im starren Blick nur der Korb. Ein kleiner Knicks aus dem Fußgelenk, die Hand wippt den Ball nur ganz leicht in Richtung Korb. Das Runde zischt durch das Netz. Punkt. Sieg. Frenetischer Jubel. Die Teamkollegen springen ihm in den Nacken, auf die Schultern, um den Hals. Das muss es sein, was Max von der Wippel mit „solche Momente“ meint.

Ob er seine Nervenstärke wohl auch in seiner zweieinhalbjährigen Ausbildung gewinnt? „Ich weiß nicht, ob da ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Ich komme mit den Kunden jedenfalls gut zurecht“, erklärt Max von der Wippel grinsend. Obwohl das Bankinstitut ein Sponsor der Dresden Titans ist, hat sich der Basketballer auf dem ganz normalen Weg als Auszubildender beworben. „Im Durchschnitt bewerben sich zwischen 600 und 800 Jugendliche auf etwa 30 Ausbildungsstellen“, sagt Filialleiterin Grit Oelmann. Ihr größter Lehrling sei ein sehr angenehmer, strebsamer junger Mann, den sie trotz der sportlichen Belastung noch nie übermüdet bei der Arbeit erlebt habe. „Max hat eine super Ausstrahlung den Kunden gegenüber“, versichert Grit Oelmann.

Die hilft ihm auf dem Feld freilich recht wenig. Dort aber entwickelte sich der Neuzugang im Laufe der bisherigen Saison zu einer echten Alternative, zu einem festen Bestandteil der Mannschaft. In der er auch der Größte ist. Titans-Trainer Thomas Krzywinski schätzt den jungen Kerl mit den wachen braunen Augen als denjenigen Spieler ein, der bislang den größten Entwicklungsschub gemacht hat. Und das trotz einer ungewöhnlichen Doppelbelastung – oder gerade wegen der. Max von der Wippel hat neben seinen Zweitliga-Einsätzen für die Dresden Titans knapp zehn Partien für das Talente-Team des BV Chemnitz in der Nachwuchs-Basketballbundesliga (NBBL), der deutschen Eliteliga für Junioren bestritten. An zehn Wochenenden musste der junge Mann mit dem adligen Namen also doppelt ran. „Das heißt, Sonnabend früh so gegen acht geht es mit den Titans los, Sonntag gegen 20 Uhr komme ich aus Chemnitz zurück. Das geht natürlich an die Substanz, aber mir macht Basketball ja Spaß“, sagt Max von der Wippel.

Spaß macht dem Basketballer Klamotten einkaufen nur bedingt. „Basketballschuhe bekomme ich ohne Probleme“, sagt er. Bei Alltags-Wäsche sieht das schon anders aus. „Hosen sind ein großes Problem, ich habe eine 38er-Beinlänge, in den meisten Geschäften gibt es nur die bis zur 36 und dann aber für etwas beleibtere Herrschaften. Normale Schuhe beziehe ich fast ausschließlich über das Internet, für Jeans habe ich meinen Stammverkäufer, der bestellt dann für mich extra“, sagt Max von der Wippel. Sein edler Anzug für seine Bankausbildung ist eine Maßanfertigung.

Beim sportlichen Kampf unter den Körben kommt ihm seine Größe wiederum zugute. Dort will Max von der Wippel mit seinen Titans mit Haken und Ösen um den Klassenverbleib kämpfen. Was mit dem Talent wird, falls die Sachsen absteigen sollten, ist hingegen noch offen. „Da sind noch keine Gespräche geführt worden. Ich denke aber nicht, dass ich dann gleich meine Sachen packe“, sagt der 100-Kilo-Mann.

Der musste seinen großen Moment gegen Hanau abspeichern. Denn die Realität holte die Dresdner ein. Nach dem mehr als unglücklichen 91:92 bei den ifm Baskets sind die Titans in der Abstiegsrunde am Sonntag (18 Uhr, Margon-Arena) gegen Play-downs-Schlusslicht Breitengüßbach in der Bringschuld. „Manche Spieler von uns brauchen diesen Druck. Wir werden auf jeden Fall gewinnen, wir müssen es“, sagt Max von der Wippel. Gern wieder mit einem genialen Moment. Ein Zitterspiel muss es aber nicht sein. „Für das Selbstvertrauen wäre ein klarerer Erfolg natürlich mehr wert“, weiß von der Wippel.

Freier Eintritt für Eislöwen-Fans: Weil die Vereinsfarben Blau-Weiß übereinstimmen, rufen die Dresden Titans und die Dresdner Eislöwen in der Endphase der Basketball-Abstiegsrunde eine ungewöhnliche Aktion ins Leben. Jene Eishockey-Anhänger, die am Sonntag in gewohnter Fan-Montur (Schals, Trikots etc.) zum Basketballspiel erscheinen, erhalten freien Eintritt. „Im Abstiegskampf müssen wir alle Register ziehen“, begründet Titans-Manager Gert Küchler.