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Der Traum von der Umgehungsstraße

Stadträte fordern sie, Vorplanungen sind vorhanden – die Hürden für den Bau der Trasse in Freital sind trotzdem hoch.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Tobias Winzer

Freital. Wann wird die Umgehungsstraße, die bislang auf der Poststraße am Edelstahlwerk endet, endlich vollendet? Diese Frage beschäftigt derzeit viele Freitaler. Nachdem die Sächsische Zeitung darüber berichtet hatte, dass es im Stadtrat wohl eine deutliche Mehrheit für das Vorhaben gibt, sprachen sich auch bei einer nicht repräsentativen Online-Umfrage der Sächsischen Zeitung viele Teilnehmer für das Millionenprojekt aus.

© Grafik: SZ

Doch wie realistisch ist das Vorhaben überhaupt und wann könnten theoretisch die Bauarbeiten beginnen? Die Sächsische Zeitung beantwortet die wichtigsten Fragen zur Umgehungsstraße.

Worum geht es überhaupt bei der Debatte?

Es geht darum, einen Missstand zu beseitigen, weil die vorhandene Umgehungsstraße unvollendet ist. Die Trasse, die 2006 fertiggestellt wurde, führt komfortabel an Teilen von Potschappel und Döhlen vorbei und entlastet hier die Dresdner Straße. Doch die Straße endet abrupt an der Poststraße auf Höhe des Edelstahlwerks. Wer weiter Richtung Tharandt will, muss zurück auf die Dresdner Straße. 12,8 Millionen Euro hat der Bau der Straße damals gekostet. 10,8 Millionen Euro davon kamen als Zuschuss vom Land.

Warum wurde die Straße nicht schon damals zu Ende gebaut?

Das hängt mit den komplizierten Förderrichtlinien zusammen. Der Bau der Straße wurde damals aus einem Topf der Wirtschaftsförderung unterstützt. Deswegen heißt die Umgehungsstraße offiziell auch nicht Umgehungsstraße, sondern „Erschließungsstraße gewerbliche Wirtschaft“. Sie bietet dem Edelstahlwerk oder den Firmen im Technologiepark eine gute Infrastruktur. Da es aber südlich des Edelstahlwerks an Firmen mangelt, waren aus diesem Topf keine weiteren Fördermittel zu bekommen.

Wurde trotzdem versucht, die Trasse zu vollenden?

Ja. Nach der Fertigstellung des ersten Abschnitts bis zum Ende der Poststraße sei immer klar gewesen, dass Wege zur Vollendung der Umgehungsstraße gefunden werden sollen, heißt es aus dem Rathaus. Deswegen hat die Stadt eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, die 2009 fertig geworden ist. Untersucht wurden dabei insgesamt acht Varianten für eine Weiterführung. Unter anderem wurde auch geprüft, ob eine Straße über das Werksgelände des Edelstahlwerks oder ob ein Tunnelbau möglich wäre. Diese Varianten wurden aber verworfen, weil das Edelstahlwerk seine Flächen selbst braucht und weil ein Tunnelbau mit Kosten von 65 Millionen Euro zu teuer und damit nicht umsetzbar wäre. Für diese Vorplanungen hat die Stadt bislang rund 250 000 Euro ausgegeben.

Welche Varianten haben sich als machbar herauskristallisiert?

Die Stadt hat 2011 entschieden, dass von den acht Varianten zwei machbar wären. Beide sehen vor, dass die Poststraße verlängert wird. Die Umgehungsstraße würde dann auf Gelände entlangführen, das heute der Bahn gehört. Die eine Variante sieht vor, dass die Trasse der heutigen Straße Zum Güterbahnhof folgt und dann wieder auf die Dresdner Straße führt. Acht Millionen Euro würde der Bau nach den damaligen Berechnungen kosten. Die andere Variante sieht einen Brückenschlag über die Bahngleise bis zur Südstraße vor. Die Umgehungsstraße würde dann am Backofenfelsen auf die Tharandter Straße treffen und aus Freital herausführen. Diese Variante ist die Vorzugsvariante der Stadtverwaltung, weil sie die Engstelle unter der Bahnunterführung in Hainsberg umgeht. 12,4 Millionen Euro wären dafür nach den damaligen Berechnungen nötig.

Könnte die Stadt für den Weiterbau mit Fördermitteln rechnen?

Dazu hat die Rathausspitze bereits Gespräche mit dem zuständigen Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv) geführt. Damals sei signalisiert worden, dass eine Förderung möglich sei – nicht mehr aus Gründen der Wirtschaftsförderung, sondern wegen der speziellen Lage Freitals im Tal. Die Umgehungsstraße wäre ein wichtiger Bypass für die Dresdner Straße, unter anderem bei Unfällen oder Baustellen. Vier bis fünf Millionen Euro an Eigenmitteln müsste die Stadt noch aufbringen.

Warum hat die Stadt das Vorhaben nicht weiter verfolgt?

Aus Kostengründen hat die Stadt zunächst Ende 2013 und dann noch einmal Anfang 2015 entschieden, das Projekt nicht weiter zu verfolgen. Das Rathaus schätzte damals andere Projekte, wie die Sanierung von Schulen und Straßen, als wichtiger ein.

Hat sich an dieser Einschätzung etwas geändert?

Nein. „Unter den aktuellen Gegebenheiten ist es nicht machbar“, sagt Oberbürgermeister Uwe Rumberg (CDU). Andere Projekte, wie die Sanierung von Sportstätten und Schulen, der mögliche Neubau einer Feuerwache und einer Kita sowie die Sanierung weiterer Straßen stünden im Vordergrund. „Es ist haushalterisch nicht darstellbar.“

Wie lange würde es theoretisch bis zu einem Baustart dauern?

Theoretisch können nun die Stadträte trotzdem entscheiden, dass die Stadt das Vorhaben angehen soll. Sie müssten dann allerdings auch sagen, wie es finanziert werden soll. Findet sich eine mehrheitsfähige Lösung, würde es noch Jahre dauern, bis gebaut werden kann. Die Stadt müsste die Vorplanungen vollenden. Das würde etwa zwei Jahre dauern und rund 200 000 Euro kosten. Dann stünden die Feinplanungen des Lasuv an, das sogenannte Planfeststellungsverfahren. Noch einmal zwei bis drei Jahre dauert dieses und kostet etwa 300 000 Euro. Frühestens wäre also ein Baustart im Jahr 2024 realistisch.