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Der Silberschatz im Wald

Immer wieder werden in Böhmen historische Münzen gefunden. Diesmal waren es besonders wertvolle.

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© Muzeum Ceskeho raje

Von Steffen Neumann

Eigentlich war es nur ein Spaziergang, um sich die Zeit zu vertreiben. So ganz nebenbei hob vergangene Woche ein Mann im Riesengebirgsvorland einen der größten Schätze der vergangenen Jahrzehnte. „So einen großen Schatz habe ich noch nicht gesehen“, gestand Jan Prostrednik, Kurator der archäologischen Sammlung im Museum des Böhmischen Paradieses in Turnov (Turnau).

Ein Haufen Geld aus dem Wald. Die 158 Prager Groschen gehören zu den größten Münzschätzen, die in Tschechien gefunden wurden.
Ein Haufen Geld aus dem Wald. Die 158 Prager Groschen gehören zu den größten Münzschätzen, die in Tschechien gefunden wurden. © Muzeum Ceskeho raje

158 Silbermünzen, geprägt in der Zeit der böhmischen Könige Wenzel II. und Johann von Luxemburg irgendwann in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. „Als ich den Schatz sah, zitterten mir die Hände. Aber vor allem war ich froh, dass uns der Mann den Fund überließ und nicht versuchte, ihn zu verkaufen“, zeigt sich Prostrednik sichtlich erleichtert.

Jener ehrliche Finder hatte seine Frau in die Klinik für Handchirurgie nach Vysoke nad Jizerou (Hochstadt an der Iser) gebracht und sich dann im Wald etwas die Beine vertreten, als er auf den Silberschatz stieß. „Die Münzen wurden dort wahrscheinlich um das Jahr 1330 vergraben“, sagt Prostrednik und verweist auf einen weiteren Fund in der Region vor über 100 Jahren. 1916 fand ein Bauer auf einem Feld im benachbarten Tric (Tschitsch) sogar 561 Prager Groschen. „Das ist bis heute der größte Fund von Silbermünzen aus der Zeit Wenzels II. und Johanns von Luxemburg auf unserem Territorium“, sagt Prostrednik. Die örtliche Nähe sei kein Zufall, so der Archäologe. In der Zeit Johanns von Luxemburg führt an Vysoke ein wichtiger Handelsweg nach Schlesien vorbei. Das Vergraben des Geldes in der Erde war damals ein üblicher Vorgang. Die Erde war die Bank beziehungsweise das Geldschließfach der Reichen. „Von dort holten sie es wieder raus, wenn sie es brauchten. Starben sie, nahmen sie ihr Wissen über den Standort nicht selten mit ins Grab“, erklärt Prostrednik die Gepflogenheiten. Dass der Eigentümer in diesem Fall ein reicher Mann gewesen sein muss, ist unbestritten. Ein Handwerker musste im Mittelalter fast zehn Monate für so eine Summe arbeiten. Für den Batzen Geld bekam man vier Kühe oder zwölf Fass Bier zum Beispiel.

Die Silbermünzen von Vysoke hatten ein perfektes Versteck. Ihr Eigentümer hatte über felsigem Untergrund eine Grube rund 30 Zentimeter tief unter der Oberfläche gegraben und die Groschen in einem Tonkrug verstaut. Dort lag er fast 700 Jahre unbemerkt, ehe er von der Erosion an die Oberfläche befördert wurde.

Der genaue Fundort wird geheim gehalten, denn es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich weitere Silbergroschen in der Erde befinden. Prostrednik hat selbst schon vor Ort gegraben und noch eine Münze gefunden. Derzeit wird der Schatz im Museum vom gröbsten Schmutz befreit. Der Zustand der Groschen ist erstaunlich gut, als ob sie gerade die Münzstätte verlassen hätten. Gut sind die Namen der Könige zu erkennen – Wencezlaus Secundus sowie Iohannes Primus –, und auf der anderen Seite der zweischwänzige böhmische Löwe. „Einige Münzen sind womöglich nur kurz im Umlauf gewesen, denn sie haben noch den typischen Münzglanz“, bemerkt der Museumsarchäologe Prostrednik.

Geld auch für den ehrlichen Finder

Für die weitere Konservierung haben die Museumsmitarbeiter Experten vor Ort: die Restauratoren der Kunstgewerbeschule in Turnov. Nach der Restaurierung werden die Groschen aber nicht verschwinden, sondern ab Februar in einer Sonderausstellung des Museums gezeigt. Dort werden alle Münzfunde der letzten Jahrzehnte zu sehen sein.

Jene nun entdeckten Groschen gehören ohne Zweifel zu den wertvollsten. „Dass sie an einem Ort gefunden wurden sowie ihr guter Zustand erhöhen den Wert“, sagt Prostrednik. Außerdem sind Groschen aus jener Zeit sehr selten. Die meisten Funde bestehen aus Münzen aus späterer Zeit.

Das soll sich auch für den ehrlichen Finder lohnen. Immerhin zahlt ihm der Bezirk Liberec zehn Prozent des Gesamtwerts. Der muss noch von einem Gutachter ermittelt werden. Aber Prostrednik schätzt, dass eine Münze für 4 000 bis 7 000 Kronen (260 Euro) verkauft werden könnte. Damit winken dem Mann, der nur mal kurz im Wald spazieren wollte, umgerechnet mindestens 2 500 Euro.