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Der Schlaks und das Mini-Bike

Das Dresdner BMX-Talent Karl Braun will sich per Crowdfunding seinen Traum von einer WM erfüllen.

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© Ronald Bonß

Von Alexander Hiller

Eigentlich wirkt der schlaksige Kerl für das kleine Rad viel zu groß. Allerdings ist der Drahtesel kein gewöhnlicher – und Karl Braun ist einer der besten Könner in seinem Metier auf seinem 20-Zoll-Gefährt. Der 14 Jahre alte Dresdner gewann in der seit 2008 olympischen Disziplin BMX-Race im vergangenen Jahr die achtteilige Bundesligaserie in der U 15 und will sich in diesem Jahr bei der Weltmeisterschaft in Baku nun auch seine ersten internationalen Sporen verdienen.

Doch das ist nicht so einfach – oder besser, nicht billig. Unterhalb der Altersklasse Junioren wird die Weltmeisterschaft nicht unter diesem Status ausgefahren, sondern heißt da offiziell: World Challenge. „Wer gewinnt ist also nicht Weltmeister, sondern World-Challenge-Sieger und bekommt auch keine offizielle WM-Medaille, sondern einen Siegerpokal“, erläutert Matthias Gelhaus, beim Bund Deutscher Radfahrer (BDR) der zuständige BMX-Koordinator. Auch deshalb kommt der nationale Verband „ausschließlich bei den Junioren und den Elitefahrern für alle anfallenden Kosten der Athleten auf“, sagt Gelhaus.

Unterhalb der beiden leistungsstärksten Klassen gestaltet der BDR die Qualifikation für Baku relativ frei. „Wir haben die harten sportlichen Kriterien etwas aufgeweicht, in dem Wissen, dass nicht alle Eltern diesen Aufwand betreiben können“, sagt Nachwuchs-Bundestrainer Simon Schirle. Einzige wirklich sportliche Auflage: „Der Athlet sollte in seiner Altersklasse zu den Top acht der Rangliste gehören“, betont der Verbandscoach.

Das ist bei Karl Braun gegeben. Dessen Mutter Iris hat deshalb eine Crowdfunding-Aktion ins Leben gerufen, um den sportlichen Traum des Nachwuchsfahrers auch finanziell zu verwirklichen. 5 555 Euro will die Familie via Schwarmfinanzierung im Internet einsammeln. 2 610 Euro waren am Montagnachmittag schon eingelaufen, die Aktion läuft noch bis zum 23. Januar. „Der BDR hat uns über eine Reiseagentur ein Angebot zum dreifachen Preis gemacht, da haben wir uns eben selbst gekümmert“, sagt Iris Braun, Dozentin der TU Dresden.

Nationaltrikot auf eigene Kosten

Die Brauns müssen tatsächlich für jede Kleinigkeit selbst aufkommen: Übernachtungs- und Flugkosten, Verpflegung, Meldegebühr, Visa, ja sogar zwei Nationaltrikots zu je knapp 50 Euro muss Karl Braun beim BDR für sein Baku-Abenteuer erwerben. „Wir sind als Familie so aufgestellt, dass Karl auch fahren kann, wenn wir nicht die volle Summe zusammenbekommen“, sagt Iris Braun. Auch die Weihnachtsgeschenke für ihren Sohn fielen dementsprechend fantasiefrei in Schein-Form aus. „Das Geld hilft mir ja am meisten“, sagt Karl.

Dass der Schüler der Gemeinschaftsschule in Pieschen überhaupt zu den besten BMX-Racern in seinem Altersbereich zählt, ist gar nicht so selbstverständlich. Denn der Dresdner fand ziemlich spät zu seiner Lieblingssportart – mit zehn Jahren. Vorher kickte er in den Jugendteams des SC Borea. „Ich bin dann mal aus Gaudi mit einem geborgten Rad auf dem Bike-Areal in Strehlen gefahren. Da hat es mich gleich gepackt“, erinnert sich Karl Braun an seine Anfänge. Die genannte Anlage ist jedoch nicht ideal für BMX-Race, also weicht Braun mangels anderer Möglichkeiten für spezifisches Training ins brandenburgische Plessa aus. Für den dort ansässigen Verein RSV startet das Talent auch in der Bundesligaserie oder für das private Blackout-Racingteam. Beim Dresdner SC ist Braun Mitglied, weil er sich dadurch kostengünstig zweimal pro Woche in seiner Heimatstadt fithalten kann.

Optimal ist das nicht. Und spiegelt sich vor allem in der mangelnden Technik von Karl Braun wider. „Meine Konkurrenten trainieren siebenmal in der Woche. Da kann ich für meine Verhältnisse ganz gut mithalten“, erläutert der Dresdner. „Bei den Sprüngen muss er noch dazulernen, einfach effizienter fahren. Also auch ohne viel zu treten schnell vorankommen. Er muss lernen, mit den Hindernissen zu arbeiten – und nicht gegen sie“, zählt Bundestrainer Schirle die größten Reserven des Sachsen auf. „Das muss er sich relativ zügig aneignen, denn in jungen Jahren lernt man es am besten“, weiß der BDR-Coach. „Physisch bringt Karl bereits jetzt alle Voraussetzungen mit, er ist groß und relativ kräftig“, weiß Schirle aber auch um die Vorzüge des 1,82 Meter großen Fahrers.

Absage an eine Profikarriere

Karl Braun kann also in Baku in erster Linie ganz viel lernen. Ein guter Schüler ist er ohnehin – seine Freistellung für die WM vom 5. bis 9. Juni in Baku bekam der Klassenbeste ohne Probleme. Vorher wird der East-Cup-Gesamtsieger des Vorjahres über die Oster-Feiertage noch bei einem BDR-Trainingslager in Kolbermoor teilnehmen, natürlich auf eigene Kosten.

Sein aufwendiges Hobby einmal zum Beruf zu machen, kann sich Karl Braun derzeit überhaupt nicht vorstellen. „Wenn man nicht der Allerbeste ist, hat man keine Chance, davon leben zu können. Das ist auch nicht mein Traum. Ich will das hobbymäßig weitermachen, aber nicht hauptberuflich. Ich würde später gern Sportlehrer werden“, sagt er.

Weitere Informationen gibt es hier.