Merken

Der schiefe Turm von Großenhain

Ein Schornstein an der Herrmannstraße neigt sich bedrohlich. Deshalb muss der Grundstückseigentümer ihn abtragen.

 2 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
© Anne Hübschmann

Von Thomas Riemer

Großenhain. Immer, wenn die Judokas ihre Sporthalle an der Herrmannstraße verlassen, geht der Blick fast automatisch zwei Grundstücke nach links und leicht in die Höhe. Dort steht ein Schornstein. Nicht irgendeiner, sondern der aktuelle „schiefe Turm von Großenhain“. Auch fürs bloße Auge sichtbar, neigt er sich bedrohlich nach links. Das Problem: Sollte ein starker Windstoß kommen, muss man jederzeit damit rechnen, dass er kippt. Da sich in unmittelbarer Nähe die Bahnlinie Dresden-Cottbus befindet, könnte das bösartige Folgen haben.

Bemerkt hat den Zustand des Schornsteins außer den Judokas offenbar bislang niemand so richtig. Auch Großenhains Bürgermeister Tilo Hönicke sowie der Geschäftsführer der Wohnungsverwaltungs- und -baugesellschaft Mike Reuschel schauten vor ein paar Tagen ungläubig auf das SZ-Foto und fragten: Wo ist denn das? Erste Reaktion aus dem Rathaus: „Wir gehen davon aus, dass sich dieser Schornstein auf einem Privatgrundstück befindet. Konkrete Sicherheitsbedenken sind uns aktuell nicht bekannt“, so Rathaussprecherin Diana Schulze.

Allerdings habe man den Hinweis zum Anlass genommen, „die zuständige Bauaufsichtsbehörde des Landkreises zu informieren“. Im Klartext: das Kreisbauamt. Dort ist man inzwischen aktiv gewesen. Ende September fand eine Ortsbesichtigung statt, „in deren Folge ein Anhörungsschreiben erstellt wurde“, heißt es aus dem Landratsamt. Darin sei der Grundstückseigentümer auf den schlechten baulichen Zustand des Schornsteins hingewiesen worden.

Das Bauwerk, irgendwo zwischen 15 und 20 Meter hoch, steht auf einem Sockel. Genutzt wird der Schornstein offenbar schon seit Jahren nicht mehr, auch das Betreten des Grundstücks wird durch einen Zaun verhindert. Wer es bewirtschaftet, ist nicht bekannt. Das Kreisbauamt hat im Zuge der Untersuchungen dem Eigentümer empfohlen, den Schornstein bis zum 28. Oktober bis zur Sockeloberkante abzutragen. Dieser habe sich vor einigen Tagen bereits nach dem dafür nötigen „Formular zur Abbruchanzeige“ erkundigt, teilte die Behörde mit.

Mancher Großenhainer wird aufhorchen. Denn mit einem eingestürzten Schornstein haben die Röderstädter insbesondere 2010 schlechte Erfahrungen gemacht. Damals war beim Tornado ein solches Bauwerk in der Mitte durchgebrochen. Die Trümmer wurden seinerzeit durch den Wind hunderte Meter durch die Luft geschleudert und sorgten für Schäden an anderen Gebäuden oder landeten auf Straßen. Der „kleine“ Unterschied: Das Bauwerk auf dem Areal der früheren Papierfabrik war mit rund 90 Metern Höhe beträchtlich größer als der aktuelle „schiefe Turm“ auf der Herrmannstraße.