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Der Regen fehlt

Worüber Ferienkinder der Naturschutzstation Förstgen gar nicht böse sind, macht Teichwirt Dietmar Bergmann in Klitten schwer zu schaffen.

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© Constanze Knappe

Von Constanze Knappe

Förstgen. Normalerweise sei das Hälterbecken beinahe randvoll, sagt Dietmar Bergmann. Doch hier wie in den Teichen macht sich die langanhaltende Trockenheit dieses Sommers bemerkbar. Die Fischteiche sind nur noch halb voll. Während die Mädels und Jungs aus dem Feriencamp der Naturschutzstation Östliche Oberlausitz in Förstgen die hochsommerlichen Ferientage genießen, denkt der Chef der Teichwirtschaft Klitten an die Folgen. Die Wassertemperatur in den Teichen beträgt 24 Grad Celsius. „In kalten Sommern wünschen wir uns das. Aber jetzt ist es zu viel des Guten“, sagt er. Zwar mögen Karpfen Wärme, aber bei niedrigem Wasserstand sinkt eben auch der Sauerstoffgehalt in den Teichen. Damit sind selbst der Angelteich und die Hälterbecken für Forellen nicht mehr geeignet.

Ein Drittel Ernteverlust

Nach einigen Probefängen rechnet Dietmar Bergmann mit einem Ernteverlust von einem Drittel. „Selbst wenn es doch noch mal ausgiebig regnen sollte, wäre das nicht mehr aufzuholen“, sagt er. Er wirft ein Büschel Gras ins Hälterbecken. Luftblasen auf der Wasseroberfläche würden zeigen, wenn sich hungrige Karpfen nähern. Ganz gespannt beobachten die 19 Kinder das Wasser. Doch es tut sich nichts. Den Fischen ist es um diese Mittagszeit offenbar zu warm. Für Bewegung sorgt lediglich ein Storch, der auf der anderen Seite des Beckens neugierig beäugt, ob es irgendwo einen Snack zu holen gibt.

Währenddessen hören die 10- bis 15-jährigen Mädchen und Jungen Dietmar Bergmann aufmerksam zu. Die meisten von ihnen kennen Fisch als Filet, Stäbchen oder Burger auf dem Teller. In einer Teichwirtschaft sind sie zuvor noch nie gewesen. Das Unternehmen in Klitten bewirtschaftet 27 Teiche, von denen der kleinste eine Fläche von 0,25 Hektar, der größte eine von 90 Hektar hat. Sie wurden zumeist in Gruppen angelegt wie etwa bei Zimpel, Förstgen und Dürrbach. Und das zum Teil schon vor Jahrhunderten, weil die Flächen für Landwirtschaft zu nass waren. Der Betrieb züchtet Karpfen, Hechte, Schleie, Zander und Welse. Allein vom Karpfen könne ein Fischer heutzutage nicht leben, so Dietmar Bergmann. „Wir haben es auch mit Biokarpfen versucht. Das macht viel Arbeit. Es ist am fehlenden Interesse der Kunden gescheitert. In der Gegend gibt es zu wenig Bioläden“, erklärt er. Hier in der Region würden die meisten Leute sowieso am liebsten sehen wollen, wie die Fische aus dem Teich geholt und ganz frisch geschlachtet werden. Forelle auf Eis lasse sich verkaufen, bei Karpfen jedoch würden viele Kunden denken, er sei nicht mehr frisch, wenn er auf Eis liegt.

Dietmar Bergmann erzählt vom Laichen der Fische Mitte Mai. Davon, dass die Fischeier vier Uhr morgens herausgeholt werden müssen, wenn es noch feucht ist, damit sie nicht vertrocknen. Es braucht eine Menge Erfahrung und auch das nötige Quäntchen Glück, damit sich aus den Eiern gesunde Fische entwickeln. Drei bis vier Jahre werden die Jungfische „gehätschelt und gepäppelt“, wie er sagt. Ab einem Gewicht von zwei Kilogramm werden sie abgefischt. Aus den dann leeren Teichen wird das Wasser abgelassen, damit wieder Gras wachsen kann. Es wird gemäht, der jeweilige Teich wieder befüllt und Jungfische eingesetzt. In der Teichwirtschaft Klitten sei es Grundprinzip, die Natur zu nutzen und nur wenig zuzufüttern, damit sich die Fische hauptsächlich vom Gras im Teich ernähren, erklärt Dietmar Bergmann. Hin und wieder hat er Besuchergruppen in seinem Betrieb. Keineswegs nur Schüler und sogar aus der Landeshauptstadt Dresden.

Den Ferienkindern aus der Naturschutzstation Förstgen kann der Klittener an jenem Tag zwar manches erklären, aber kaum etwas vorführen. Es ist nicht die Jahreszeit dafür. Die Teichwirte sind in diesen heißen Tagen zumeist mit dem Verschnitt von Schilf beschäftigt, damit die Teiche nicht zuwachsen. Dennoch bekommen die Schüler einen Eindruck davon, wie viel Mühe es macht, bis ein Karpfen blau auf dem Teller landet. Für Lennert wird es erst nach dem Vortrag richtig spannend. Mit einem Fischbestimmungsbuch in der Hand hat er noch einige Fragen an Dietmar Bergmann. Dabei stellt sich heraus, dass Lennert Angler ist und ihm sein Papa schon manches über Fische beigebracht hat. Der 10-Jährige aus Rothenburg filetiert sogar einen Wels. Zwar ist es nur ein Babyfisch, aber er macht das so, als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan.

Die Anerkennung von Robert aus Niesky ist ihm deswegen sicher. Der ist schon zum dritten Mal in dem Camp. Weil es Spaß macht, mit Gleichaltrigen in der Natur zu sein, begründet der 13-Jährige. Auch Theresa ist zum dritten Mal dabei. Eine Freundin habe sie darauf aufmerksam gemacht, sagt sie. Sara kennt das Camp aus den Erzählungen ihrer Geschwister und wollte es unbedingt selbst erleben. Den beiden 15-jährigen Mädels aus Dresden gefällt die Ferienwoche in der Oberlausitz, auch weil sie neue Freunde gefunden haben.

Gute zehn Kilometer sind sie an dem Tag mit Fahrrädern unterwegs. Während ihres Camp in der Naturschutzstation sind sie dem alten Handwerk im Heide- und Teichland auf der Spur. Auch in der Teichwirtschaft Klitten. Dort gibt es zur Stärkung für alle Fischbuletten. Wie Betreuerin Karoline Köhler erklärt, waren die Kinder auch auf dem Bauernhof Ladusch, haben außerdem Schreibfedern aus Gänsefedern und Tinte aus Sauerkirschen hergestellt und beides zusammen im Schulmuseum in Wartha ausprobiert. Und natürlich gehen sie auch baden. In diesen Sommerferien stehen in der Naturschutzstation auch noch ein Junior-Rancher-Camp sowie ein Schnuppercamp für Sechs- bis Zehnjährige an, die das erste Mal im Zelt schlafen.