Merken

Der Postwaggon aus Niesky

Leuchtend gelb steht der Waggon auf einem Rangiergleis im Waggonbau Niesky.

Teilen
Folgen
© Jens Trenkler

Von Carla Mattern

Leuchtend gelb steht der Waggon auf einem Rangiergleis im Waggonbau Niesky. Der Erste von 55 Waggons für die Schweizer Bundespost hat die sogenannte Erstmusterprüfung überstanden, sagt Waggonbau-Geschäftsführer Thomas Steiner. „Millionen Briefe täglich“ werden in dem Waggon künftig transportiert. Zumindest steht das so auf der Seitenwand. Die lässt sich ohne großen Kraftaufwand von einem Mann bewegen.

Solche Schiebewände sind eines der Markenzeichen der im Nieskyer Waggonbau entwickelten Güterwaggons, erklärt Andreas Helm. Er ist Leiter der Abteilung Entwicklung und Konzeption in dem traditionsreichen Nieskyer Unternehmen. Ganz ähnlich dem zwei Gleise weiter abgestellten Transwaggon, und doch ganz anders ist dieser Postwaggon. Das macht die Speziallackierung. Denn ein Markenzeichen vieler Nieskyer Güterwaggons ist das nichtrostende Aluminium als Material, welches die Waggons leicht und wetterbeständig macht. Bei dem Postwaggon ist der Werkstoff Aluminium dagegen nur am Dach zu sehen, denn große Teile sind mit gelber Farbe und weißer Schrift bedeckt.

Das ist ein ausdrücklicher Wunsch des Kunden, sagt Andreas Helm. Um den zu erfüllen, haben sich die Waggonbauer eine Nieskyer Firma als Partner gesucht, die sich auskennt mit Grafik und Design. Mitarbeiter der Firma Steinborn sorgen dafür, dass die Waggons so beschriftet werden, wie es sich die Schweizer Bundespost vorstellt. Insgesamt 22 Slogans werden auf den gelben Wänden prangen, einige davon wie beispielsweise „Für Lea von Martin“ nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Französisch, Italienisch und Rumantsch. Das klingt dann so: „Pour Marie de Luca“, „Per Laura da Matteo“ und „Für Flurina von Gian“. Rumantsch ist übrigens eine reine Schriftsprache und wird im Schweizer Kanton Graubünden angewendet.

Noch sind diese Schriftzüge in übergroßen Lettern nicht fertig. Denn auch die Waggons, die sie künftig zieren, müssen erst noch gebaut werden. Das geschieht in den kommenden Monaten. Termingerecht geliefert werden sie an eine Schweizer Vermietgesellschaft. In der Schweiz habe der Transport auf der Schiene einen vergleichsweise hohen Stellenwert, wenn nicht sogar Vorrang, sagt Andreas Helm. Für das bessere Image sorgen auch Politiker mit Entscheidungen für die Bahn.

In den Fertigungshallen im Waggonbau stehen noch andere Waggons oder Baugruppen. Aktuell arbeiten die 279 Waggonbauer und Auszubildenden auch an Schiebewandwagen für den Schweizer Kunden Transwaggon. Gefertigt werden offene Autotransportwagen für die deutsche Firma DB Schenker Rail und die italienische Firma Sitfa. Vorbereitet wird zurzeit der Großauftrag für die französische Firma Eurotunnel. Die Nieskyer haben die Aufgabe, Shuttlezüge für den Transport von Lkw zu bauen. Nach wie vor werden Rohbauten für Straßenbahnen für Stuttgart nach Pankow geliefert. Bestellt hat sie die Firma Stadler. Bevor steht außerdem ein Projekt, bei dem offene Autotransportwagen für eine Firma in Wolnzach geordert sind.

Mit all diesen bereits angelaufenen und künftigen Projekten ist der Waggonbau Niesky voll ausgelastet. Und es gibt einen „temporären Bedarf im Werkerbereich“, so Geschäftsführer Thomas Steiner. Das heißt, dass in der Fertigung möglicherweise auf Leiharbeiter zurückgegriffen wird. Seitdem die Waggonbau Niesky GmbH zur Quantum Capital Partners AG gehört, sei ein leichtes Plus beim Ergebnis eingefahren worden, so der Geschäftsführer.

Damit das so bleibt, sind bereits die nächsten Geschäftskontakte angebahnt. Am 24. Juli wurde eine Absichtserklärung mit einem chinesischen Unternehmen unterzeichnet. Gemeinsam wollen die Nieskyer mit ihrem Partner in Peking neue innovative Güterwagen entwickeln. Sie sollen auf der in Niesky entwickelten Technologie basieren und mit dem flüsterleisen, wartungsarmen Nieskyer Güterwagen-Drehgestell bestückt sein. Als Erstes sollen ein Autotransportwaggon und ein Schiebewandwagen als Prototypen gebaut werden. Die Verträge dafür werden momentan bereits vorbereitet.

Für die meisten Waggonbauer beginnt am Montag aber erst einmal eine zweiwöchige Betriebsruhe. Eingeläutet wurde sie gestern mit einem Sommerfest.