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Ein Dorf kämpft um seinen Pfarrer

Die Stelle in Weistropp soll gestrichen werden. Dagegen gibt es Protest – und nicht nur Kirchenmitglieder wollen das nicht hinnehmen.

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© Udo Lemke

Von Udo Lemke

Klipphausen. Eine Crossmaschine kommt auf den Hof geknattert. Ein Mann in Motorradkombi steigt ab, nimmt den Integralhelm ab – Pfarrer Christian Bernhardt ist vom Ausflug zurückgekehrt. Otfried Kotte vom Kirchenvorstand ist schon da.

Es geht um eine Petition. Der Kirchenbezirk Meißen-Großenhain soll ab 1. Januar 2020 nur noch 37 Pfarrstellen haben. Die von Christian Bernhardt soll nicht mehr dabei sein. Dagegen wendet sich die Petition. Genau 1 120 Menschen haben sie unterschrieben. Allerdings zählen die evangelisch-lutherischen Kirchgemeinden St.-Nikolai Weistropp-Constappel und Unkersdorf nur 600 Mitglieder. Das heißt, dass mehr als 500 kirchlich nicht Gebundene unterschrieben haben.

„Das Pfarramt ist die letzte Öffentlichkeit im Dorf“, sagt Otfried Kotte. Bäcker, Fleischer und Geschäfte seien verschwunden, Kindergarten und Schule ebenfalls schon. Das einzige, was geblieben ist, ist das Pfarramt, und das soll jetzt auch noch weg.“ Jedenfalls habe ihm Superintendent Andreas Beuchel nahe gelegt, sich schon mal nach einer anderen Stelle umzuschauen, sagt Pfarrer Bernhardt. Und in der Petition heißt es: „Durch unsere Wahrnehmungen der letzten Veröffentlichungen und Diskussionen innerhalb der Landeskirche und nicht zuletzt durch ein Gespräch im Kirchenvorstand mit Superintendent Beuchel am 28. März erlangten wir den deutlichen Eindruck, dass das Pfarramt in Weistropp und Pfarrer Bernhardt keine Zukunft mehr hier haben sollen.“

Otfried Kotte redet sich in Rage: „Wir wollen nicht, dass es wie in den letzten Jahrzehnten nur nach Zahlen geht.“ So steht in der Petition: „Die Praxis, den Fortbestand eines Pfarramtes von der Mitgliederzahl abhängig zu machen, ohne nach dessen Bedeutung für das Leben in den Gemeinden zu sehen, halten wir für gefährlich destruktiv und lehnen diese deshalb ab. Stattdessen sind wir bereit über eine Neuprofilierung vor Ort nach zu denken.“

Man könne sich gemeinsam mit den Gemeinden ja auch einmal überlegen, wie man mehr Geld verdienen kann. Immerhin habe die Kirche nicht nur Gebäude, sondern auch Äcker, Wald und Wiesen. Allerdings kämen Gewinne nicht den Gemeinden unmittelbar zugute, sondern müssten an die Landeskirche abgeführt werden. Auch das System der Kirchensteuer sei überholt. Sie werde vom Staat eingezogen, ohne Bezug zu den Heimatgemeinden der Kirchenmitglieder. Wenn die Pfarrstelle in Weistropp verschwinde, würden sich viele fragen, warum sie dann noch Kirchensteuer zahlen sollten.

Christian Bernhardt weist darauf hin, dass die Petition nicht die Haltung verfolge: Sollen sie doch woanders eine Pfarrstelle streichen, bei uns soll sie erhalten bleiben. Vielmehr gehe es darum, nach Alternativen zu den fortlaufenden Kürzungsrunden zu suchen. „Es geht darum, einen Weg zu suchen, als Modellprojekt.“ Schließlich haben ja nicht nur die Gemeinden Weistropp-Constappel und Unkersdorf mit den Problemen des Landeskirchenumbaus zu kämpfen, sondern alle in ganz Sachsen. Die Petition ist am 22. Mai zugestellt worden. „Bis heute gab es kein Gespräch mit dem Superintendenten.

Daraufhin angesprochen, erklärt Andreas Beuchel: „Ich habe angeboten, dass wir nach den Ferien ins Gespräch kommen wollen.“ Alle Gemeinden im Kirchenbezirk müssten selbst entscheiden, wo ihr Pfarrsitz angesiedelt werden soll.“

Otfried Kottes Ziel ist klar: „Wir wollen aktiv, konstruktiv und kreativ sein – weil wir unsere Kirche lieben.“