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Der Meister als Flüchtling

Die 6. Richard-Wagner-Spiele in Graupa thematisieren das Leben des Komponisten im Exil – unter anderem mit Alphörnern.

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© Thomas Morgenroth

Von Thomas Morgenroth

Graupa. Mit einem falschen Pass floh der wegen seiner Teilnahme am Dresdner Maiaufstand steckbrieflich gesuchte Hofkapellmeister Richard Wagner 1849 in die Schweiz. Allerdings nicht über das Königreich Bayern, das hätte den Komponisten wegen eines entsprechenden Abkommens an Sachsen ausliefern müssen, sondern über das Großherzogtum Baden. Um nicht aufzufallen, soll Wagner sogar den schwäbischen Dialekt gelernt haben.

Wie das geklungen haben mag, wenn der Meister im Wirtshaus „Schbätzla ond a viertele Wai“ bestellt hat, ist vielleicht bei den 6. Richard-Wagner-Spielen im Hof des Jagdschlosses Graupa zu hören. In „Wagners Welt: Exil“ jedenfalls geht es um Richard Wagner als Flüchtling und Asylant in Zürich und Tribschen, um seine Reisen durch Europa, um seine Kämpfe und Liebesgeschichten und schließlich um seine Zeit in Bayreuth als Günstling des bayerischen Königs Ludwig II., als der Komponist, nach mehr als 15 Jahren, in Sachsen rehabilitiert war und nicht mehr als Verbrecher galt. Genügend Stoff also für eine opulente Inszenierung, wie sie der Dresdner Autor, Schauspieler und Regisseur Johannes Gärtner im ersten Teil seiner auf vier Folgen angelegten „Wagners Welt“ 2013 auf die Bühne brachte. Allerdings mangelt es ihm an öffentlicher Förderung, was nicht an der Stadt Pirna liege, wie er betont. „Mir wurde das Budget um die Hälfte gestrichen“, sagt Gärtner, ohne Zahlen nennen zu wollen.

Geplant ist nun eine szenische Lesung, bei der Gärtner und der Schweizer Schauspieler und Regisseur René Schnoz als Erzähler auftreten. Im Mittelpunkt stehen die Opern „Tristan und Isolde“ und „Die Meistersinger von Nürnberg“ sowie die Wesendonck-Lieder und das Siegfried-Idyll. Frieder Zimmermann aus Quohren hat Wagners Musik für die Aufführung neu arrangiert, die musikalische Leitung übernimmt Franz Prochhagen, der an der Dresdner Musikhochschule die Opernklasse leitet. Es musiziert die Teplitzer Philharmonie und es singen der Richard-Wagner-Chor Graupa und die Singgemeinschaft Harmonie. Als besonderer Gast kommt das Lausitzer Alphornensemble „Hangfichten“ nach Graupa – in „Tristan und Isolde“ hatte Wagner als erster Komponist ein Alphorn im klassischen Orchester etabliert.

Der Schauspieler Robby Langer gibt erneut, nunmehr im sechsten Jahr, den Richard Wagner, auch die aus Polen stammende Sängerin Ewa Zeuner bleibt den Festspielen treu, diesmal wieder als Minna Wagner. Neu im Ensemble ist die aus Weißrussland stammende Sängerin Krystina Ostendorf. Sie war Stipendiatin des Wagner-Verbandes Dresden und schlüpft nun unter anderem in die Rolle von Cosima Wagner.

Trotz aller Sparzwänge sind die diesjährigen Wagner-Spiele deutlich mehr als ein Kammerspiel. Immerhin wirken 80 Profis und Laien aus neun verschiedenen Nationen mit. Zudem dürfen sich die Zuschauer wie schon in den Vorjahren auf live gemalte Bühnenbilder freuen. Der Kirchenmaler Michael Donath wird während der Aufführung auf drei mal sechs Meter großen Folien Landschaften, Orte und Gebäude aus Wagners Welt im Exil skizzieren. „Des isch hald a Sach!“, würde Richard Wagner dazu wohl im gepflegten Schwäbisch sagen.

6. Richard-Wagner-Spiele, Jagdschloss Graupa, 29. und 30. Juni, jeweils 20 Uhr; Wagner-Salon am 29. Juni, 18.30 Uhr, mit dem Geigenbauer Steffen Friedel, am 30. Juni, 16.30 Uhr, Workshop mit den Architekten Kirsten Krepelin und Thomas Thränert; Karten gibt es unter anderem in den Wagner-Stätten und in den SZ-Treffpunkten.