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Der Küchenchef vom Luisenhof

Stephan Kirchner ist mit Leib und Seele Koch. Wie es dem Restaurant gelingt, Nachwuchs zu finden:

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© Sven Ellger

Von Julia Vollmer

Zwischen seinem Traum von Fliegen und ihm stand nur die Mathematik. Genauer gesagt die Zensur in dem Fach. „Ich wollte als Schüler immer Pilot oder Steward werden. Über den Wolken zu sein, das war mein Ziel.“ Doch die Note in Mathe verdarb den Schnitt und aus den Traum vom Arbeiten über den Wolken wurde der vom Zaubern leckerer Kreationen.

Seit Beginn des Neustarts zu Ostern in diesem Jahr ist Stephan Kirchner Küchenchef im Luisenhof, dessen Wiederbeginn mit den neuen Inhabern Carsten und Carolin Rühle mit so viel Vorfreude, aber auch mit hohen Erwartungen herbeigesehnt wurde. Und die Freude ist geblieben. „Wir können bald ein Buch über die Erfahrungen unserer Gäste mit unserem Haus schreiben, so viele Erinnerungen werden uns berichtet“, erzählt Kirchner. 90. Geburtstage werden gefeiert, Paare, die sich einst hoch oben auf dem Balkon Dresdens lieben lernten, zelebrieren dieser Tage ihre Goldene Hochzeit im Haus.

Für diese Anlässe kochen Kirchner und sein Team einerseits die Klassiker des Hauses wie Sauerbraten mit Klößen, probieren aber andererseits auch neue Gerichte aus. Aller vier bis sechs Wochen gestalten der Küchenchef und sein Team eine neue Speisekarte. In einer WhatsApp-Gruppe tauschen sich der Chef und seine Crew über Ideen aus, jeder darf etwas vorschlagen. „Es sollte natürlich zur Jahreszeit passen. Zum Herbst gehören Pfifferlinge und Kürbis“, erzählt der 35-Jährige. Das letzte Wort hat Inhaber Carsten Rühle, ihm wird die Ehre zuteil, alle vorgeschlagenen Gerichte zu kosten und dann gemeinsam mit allen die neue Karte zu gestalten.

Mehr als der Mindestlohn

Elf Köche arbeiten im Luisenhof. Damit gelang dem Inhaber etwas, was viele Dresdner Gastronomen um ihren Schlaf bringt. Genügend Personal zu finden. Wie macht er das? „Ich habe ein gutes, jahrelang gepflegtes Netzwerk. Darauf konnte ich zurückgreifen“, sagt Rühle, der vorher schon Wirt im Restaurant 1 900 war. Außerdem bezahle er seine Leute besser als viele andere. 11 Euro Stundenlohn bekommen seine ausgebildeten Fachkräfte. Zusätzlich würden noch mal bis zu 400 Euro Trinkgeld kommen. „Wir teilen das Trinkgeld am Ende des Tages, 60 Prozent bekommen die Kellner, 40 Prozent die Köche“, sagt Carsten Rühle. Viele andere Restaurants in der Stadt zahlen den Mindestlohn von derzeit 8,84 Euro.

Neben den elf Köchen konnte Stephan Kirchner einen Azubi gewinnen. „Dann gilt es, die Leute auch zu halten“, sagt er. Das funktioniere mit einem guten Betriebsklima und auch der Chance für den Nachwuchs, etwas zu lernen und gleich mit anfassen zu dürfen. „Während meiner Ausbildung durfte ich im ersten Jahr nur putzen und Kartoffeln schälen“, erinnert er sich. Durchgezogen hat er sie trotzdem. Danach folgten unter anderem Stationen im Ratskeller und im Pulverturm.

Und wie vereinbart er seine Freizeit mit den Arbeitszeiten als Koch? „Mich stört es überhaupt nicht, am Sonntag zu arbeiten. Dafür habe in der Woche mal frei und kann entspannt Erledigungen machen“, sagt er. Doch auch er weiß, es wird schwieriger, Personal zu finden, das am Wochenende arbeiten will. „Viele gehen in Kantinen zum Kochen, arbeiten von 6 bis 14 Uhr und haben Samstag und Sonntag frei.“

Seine Freundin kennt die Arbeitszeiten, sie selbst ist Kellnerin. Das Wochenende des Paares findet dann meistens Montag und Dienstag statt. „Dann haben wir Zeit füreinander“, sagt er lachend. Der Freundeskreis setze sich aus Leuten zusammen, die selbst in der Branche arbeiten. Wenn Stephan Kirchner dann mal frei hat, entspannt er am liebsten beim Inline-Skaten oder beim Fußball gucken.