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Der König der Magier

Bartolomeo Bosco hat die Zauberei zur Unterhaltungskunst gemacht, war ein Superstar und hat auch in Dresden gelebt.

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© Darstellung: Mary Evans

Von Ralf Hübner

Die Zauberei hat ihn zum absoluten Superstar des 19. Jahrhunderts gemacht. Bartolomeo Bosco galt als der König der Magier, der erste moderne Zauberkünstler und er war ein Entertainer. Durch ihn wurde die Zauberei abseits aller Mystik und Jahrmarktgaukelei zur seriösen Unterhaltung. Er brillierte mit seiner Kunst vor Königen und Fürsten. Vor 225 Jahren wurde er als am 3. Januar 1793 als Giovanni Bartolomeo Bosco in Turin geboren. Die letzten Lebensjahre verbrachte er in Gruna nahe Dresden, das ihm durch seine zweite Frau zur Heimat geworden war. Er starb 1863 und liegt auf dem Alten Katholischen Friedhof in der Friedrichstadt begraben.

„Er war damals so populär wie etwa die Popstars heute. Wenn Bosco in eine Stadt kam, waren die Säle ausverkauft“, sagt der Chef des Magischen Zirkels „Bartomoleo Bosco“ Dresden, Steffen Taut. Bosco zauberte auf Straßen und Plätzen, in Buden ebenso wie vor Fürsten. Im ärmellosen Gewand stand der etwas gedrungen wirkende Mann auf der Bühne. Bei der Zauberei benutzte er vor allem die Hände. Er sprach mehr oder weniger gut mehrere Sprachen. Doch die Zuschauer verstehen ihn trotz des Kauderwelschs und sind begeistert. Und er inspiriert die Mode- und Kulturwelt, man trug Stiefel und Röcke à la Bosco und sogar ein Tanz wurde nach ihm benannt.

Bei einem Kunststück, für das er berühmt war, riss er einer schwarzen und einer weißen Taube die Köpfe ab und setzte sie vertauscht wieder auf. Die weiße Taube bekam den schwarzen, die schwarze den weißen Kopf. Dann flogen die Vögel davon. Wie Bosco den Trick gemacht hat, ist nicht bekannt. Berühmt ist auch sein Becherspiel, ein seit der Antike bekanntes Kunststücke mit Kugeln und Bechern, das er um Variationen bereicherte. Eben war die Kugel noch klein, dann passt sie kaum noch in den Becher. Uhren verschwinden, Wasser wechselt mehrfach die Farbe. König Ludwig XVII. holt überrascht sein weißes Tuch aus der Brusttasche, obwohl Bosco doch eben dieses gerade verbrannt hatte. Ein Schuss fällt – zwölf Tauben fallen um. Dann flattern sie putzmunter aus einem Feldofen. Mehr als 80 Tricks soll Bosco beherrscht haben, von denen er abwechselnd 20 in Vorstellungen zeigte.

Über Kindheit und Jugend ist nichts bekannt. Ebenso so unklar ist, wo und bei wem er die Zauberkunst erlernt hat. Angeblich sollte er Medizin studieren. Er wurde Soldat in der Armee Napoleons und nahm an dessen Russland-Feldzug teil. In der Schlacht bei Borodino 1812 soll ihm ein Kosak die Lanze in die Brust gestoßen haben – knapp am Herzen vorbei. So schwer verwundet hat er angeblich noch fingerfertig einem Plünderer in die Tasche gegriffen und beklaut, der den am Boden Liegenden durchsuchen wollte. Bewiesen ist die Geschichte nicht. Taut glaubt, dass Boscos sie möglicherweise zu Werbezwecken selbst ersonnen hat.

1814 kehrte er aus einem Barackenlager in Tobolsk in Sibirien zurück, durchstreifte Europa und den Orient und soll so zu dem liebenswürdigen und eleganten Zauberkünstler geworden sein. Auch wann Bosco das erste Mal öffentlich aufgetreten ist, weiß niemand. 1821 spielt er vor dem König von Hannover, 1822 bezaubert er in Berlin den preußischen König, 1823 Zar Alexander von Russland. Auch Deutschland bereist er mehrfach.

Mit öffentlichen Aktionen sorgte er bei seinen Auftritten werbewirksamen für volle Säle. Auf dem Markt zaubert er einen goldenen Ring aus Brot oder Kohlkopf, zieht Münzen aus dem Kragen des Verkäufers oder aus den Eiern im Korb der Marktfrau.

1844 kam er auch nach Dresden. Neun Vorstellungen sind nachgewiesen und er verliebt sich in eine Sächsin. Seine erste Ehefrau, mit der er zwei Kinder hatte, war zwei Jahre zuvor gestorben.

1903 steht der Zauberkünstler Harry Houdini an dem fast vergessenen Grab Boscos. Da ist die Miete fast abgelaufen und es soll aufgelassen werden. Houdini erwirbt die Rechte eines Erbbegräbnisses. Der Dresdner Zauberkünstler Gustav Oeder rettet das Grab 1932 erneut vor der Einebnung. Seither wird das Grab von Dresdner Magiern gepflegt. In den 1980er Jahren verfiel der Grabstein. Deshalb gibt es seit 1997 einen neuen..