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Der große Bankier

Fast hätte man sich über den 300. Geburtstag eines bedeutenden Handelsherren gefreut. Die Spur führt aber in andere Richtung.

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© Wikipedia

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Zabeltitz/Lampertswalde. Genau heute hat Christian Gottlob Frege Geburtstag – seinen 300. In Leipzig hatte die Deutsche Bank der Firmen- und Familiengeschichte des berühmten Bankiers eine eigene große Ausstellung gewidmet. Die Schau „Zwischen Merkur und Fortuna“ (also Handel und Glück) widmete sich der weit verzweigten Familie Frege, die offenkundig in Lampertswalde Wurzeln hat. Hier soll jener Frege 1715 als Sohn des Pfarrers Christian und seiner Frau Johanna Eleonore Gerber zur Welt gekommen sein. DER dominierende Handelsherr Leipzigs, Freimaurer und sächsische Aufsteiger – aus einem kleinen Kaff bei Dresden? Die Heimatfreunde waren ganz aus dem Häuschen. Schließlich gehört zu den berühmten Freges heute auch der Tote-Hosen-Sänger Campino, der mit bürgerlichem Namen Andreas Frege heißt.

Doch die Vorfreude kam zu früh. Denn als Geburtsort des Mannes, der mit seinem Kapital in Sachsen die Schlüsselrolle einnahm, die zuvor vergleichsweise in Süddeutschland nur die berühmten Familien Fugger und Welser innehatten, stellte sich das andere Lampertswalde heraus – das bei Oschatz. Heimatforscher Martin Stolzenau aus Weimar ist enttäuscht. „Ich hätte schwören können, dass Freges Geburtsort in der Großenhainer Pflege liegt“, sagt er.

Kaufte Großenhainer Kattunfabrik

Tatsächlich liegt das nahe. Denn nach erstem heimischen Unterricht absolvierte der Junge zuerst in Dresden, dann in Leipzig eine kaufmännische Ausbildung, die das Geldwechselgeschäft einbezog. Martin Stolzenau: „Der Pfarrerssohn erwies sich als Naturbegabung. Mit seinen Ideen und seinem Engagement sorgte er bei seinen Lehrherren für einen Aufschwung. Das motivierte ihn zusätzlich zum frühen Sprung in die Selbstständigkeit. 1739 gründete Frege in Leipzig einen Handel mit getrockneten Früchten. Den wachsenden Gewinn investierte er in das Wechsel-, Kommissions- und Speditionsgeschäft. Dafür gab es in der Handels- und Messestadt beste Voraussetzungen. Und die nutzte der junge Mann mit fast traumwandlerischer Sicherheit. Frege hatte ein Gespür für gewinnträchtige Geschäfte, kalkulierte die Risiken klug ein und war ein sehr guter Organisator. Das beförderte seinen schnellen Aufstieg. Dazu kam, dass er 1743 die Leipziger Kaufmannstochter Maria Regina Bachmann heiratete, die einerseits frisches Geld in die Ehe brachte und andererseits mit ihrem Engagement den Firmenaufschwung begleitete. Beide waren ein gutes Team.“

Christian Gottlob Freges europäisches Imperium führte dazu, dass er 1774 die Kattunfabrik in Großenhain-Naundorf kaufte, die spätere Lautex – auch das ein Indiz für enge Verflochtenheit mit der Großenhainer Pflege. 1787 wurde die Fabrik allerdings an Jakob Bodemer verkauft.

“Frege war es, der schließlich auch den Bergbau im Erzgebirge und den Kupfer- sowie Silberabbau im Mansfelder Land beherrschte. Er erlangte so einen gewaltigen Reichtum, finanzierte damit große Teile der Staatsgeschäfte in Sachsen und Preußen und zeigte sich auch im karitativen Bereich großzügig. Das reichte von einer Stiftung für treue Dienste seiner Mitarbeiter über den Kirchenbau bis zu einem Hilfswerk, das die Betroffenen von Hungersnöten unterstützte,“ so Martin Stolzenau.

Frege wich dem Siebenjährigen Krieg aus, wickelte seine Geschäfte sehr flexibel von außerhalb ab und belieferte nicht nur Kursachsen, sondern auch die Reichsarmee und sogar Preußen. Für den Dresdner Hof war der rührige Financier inzwischen unverzichtbar, was ihm die Pacht über die Leipziger Münze eintrug.

Er bewahrte Kursachsen nach dem Siebenjährigen Krieg vor dem „finanziellen Ausbluten“. Das kriegsgeschädigte Erzgebirge wurde durch Frege wieder auf den Erfolgsweg gebracht. Das galt für die Weberei, die Spitzenmanufaktur und den Bergbau. Die Lausitz und Schlesien profitierten von Frege, der jedoch bei allem auf seinen Gewinn achtete.

In Zabeltitz schließt sich nun der Kreis. Das Rittergut hat 1891 ein Dr. Arnold Frege-Weltzien gekauft. In seinem Auftrag, so der Heimatforscher Dietmar Enge, erfolgten umfangreiche Erhaltungsarbeiten. So kam 1900 der Balkon ans Palais. Eine Plastik im Park stellte Frau Louise und den Sohn dar. Diese Plastik kam zwischen 1916 und 1927 auf die Elisabeth-Insel. Heute steht davon leider nur noch der Sockel.