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Der Graffiti-Ärger wächst

In diesem Jahr zählt die Polizei fast 200 Schmierereien in Bautzen. Jeder dritte Täter wird erwischt.

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© Uwe Soeder

Von Marleen Hollenbach

Bautzen. Lange muss man nicht suchen, um Schmierereien zu finden. Auf Hauswänden, Stromkästen, Trafohäuschen – einfach überall in Bautzen hinterlassen Schmierfinken ihre Parolen. Mit Farbspray oder mit einem Marker verunstalten sie die Stadt und verärgern viele Bürger. Längst beschäftigt das Problem auch die Polizei. Im vergangenen Jahr haben die Beamten insgesamt 176 Schmierereien erfasst. Und der Graffiti-Ärger wächst. In diesem Jahr hat die Polizei schon bis Ende September mehr als 170 Schmierereien gezählt.

Graffiti an der Kurzen Gasse.
Graffiti an der Kurzen Gasse. © Uwe Soeder
Graffiti an der Hauensteingasse.
Graffiti an der Hauensteingasse. © Uwe Soeder
Graffiti an der Fleischergasse.
Graffiti an der Fleischergasse. © Uwe Soeder

Der neuste Fall ist gerade einmal drei Wochen alt. Am Bahnhof in Bautzen entdeckten die Mitarbeiter mehrere Schriftzüge. Die Schmierfinken hatten hier blauen und schwarzen Faserstift benutzt und sich unter anderem auf Infotafeln und Glasscheiben verewigt. Wie ein Sprecher der Deutschen Bahn mitteilt, war der Bautzener Bahnhof bisher nicht als Schauplatz solcher „Kunstwerke“ bekannt. Doch inzwischen entwickelt sich dort ein Graffitischwerpunkt. Das Bahnhofsmanagement hat bereits die Polizei informiert. Doch wenn die Täter nicht gefunden werden, bleibt die Bahn auf den Kosten für die Entfernung der Graffiti sitzen. Pro Jahr muss die Bahn 350 000 Euro ausgeben, um die vielen Schmierereien im Gebiet des ZVON und im VVO-Gebiet zu entfernen.

Täter handeln allein

Das Problem kennt man auch bei der Stadtverwaltung von Bautzen. Wenn die Mitarbeiter Graffiti an städtischen Gebäuden feststellen, dann lassen sie diese sofort beseitigen. „Wir erstatten auch immer Anzeige“, erklärt Stadtsprecher André Wucht. Das ist ein wichtiger Schritt. Wie Polizeisprecher Thomas Knaup erklärt, sind Schmierereien ein sogenanntes Antragsdelikt. Das heißt, nur wenn der Hausbesitzer sich meldet, oder wenn ein öffentliches Interesse besteht, werden die Beamten aktiv.

Das ist auch der Grund, warum man die Zahlen der Polizei mit Vorsicht genießen muss. Die Beamten vermuten, dass es eine große Dunkelziffer gibt. Außerdem können die Polizisten nicht sagen, ob in Bautzen tatsächlich vermehrt Schmierfinken ihr Unwesen treiben, oder ob die Bürger der Stadt nur öfter Anzeige erstatten.

Die Zahl der Graffiti lässt sich nicht genau erfassen, dafür wissen die Beamten, um welche Art von Schmierereien es sich handelt. So waren im vergangenen Jahr von den 176 erfassten Graffiti mehr als 60 politisch motiviert. Damals gingen 43 Kritzeleien auf das Konto der linken, 21 auf das der rechtsmotivierten Schmierfinken. Immer wieder beobachten Anwohner, wie sich an ein und derselben Hauswand in Bautzen linke und rechte Schmierereien abwechseln. Steht etwa „Antifa Zone“ an der Fassade, wird daraus schnell eine „Nazi Zone“ und daraus eine „No Nazi Zone“.

Rückgang zu verzeichnen

Doch dieser Graffiti-Krieg in Bautzen scheint sich etwas zu beruhigen. In diesem Jahr ermitteln die Polizisten deutlich weniger Schmierereien. „Insbesondere bei Graffiti, die dem linksmotivierten Spektrum zugeordnet werden können, ist ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen“, erklärt Polizeisprecher Thomas Knaup. Dafür steigt im Vergleich zum Vorjahr die Zahl rechter Schmierereien in der Stadt.

Das Ermitteln der Täter ist schwierig. Die Polizei ertappt die Schmierfinken oft nur dann auf frischer Tat, wenn die Beamten Hinweise von Bürgern erhalten. Gerade bei diesem Thema sind Zeugenaussagen für die Polizisten sehr wichtig. Dass die Bürger von Bautzen schon aufmerksam sind, zeigt sich an der Erfolgsquote. Immerhin konnte bei einem Drittel der Fälle in diesem Jahr die Straftat aufgeklärt werden. „Das ist für uns ein Wert, der sich sehen lassen kann, denn oft sind derartige Erfolge nur nach einer Puzzle- und Fleißarbeit der Ermittler möglich“, so Knaup.

Bei der Aufklärung spielen die von den Tätern verwendeten Tags eine wichtige Rolle. Sie sind quasi die Unterschrift des Verursachers. Die Polizei kann daran erkennen, ob Tatverdächtige mehrere Straftaten begangen haben. „Auffällig ist die Tatsache, dass die bislang ermittelten Tatverdächtigen überwiegend allein handelten“, erklärt der Polizeisprecher.

Dass Graffiti nicht nur Schmierereien, sondern auch Kunstwerke sein können, beweisen die Jugendlichen vom Treff im Keller (Tik) in Bautzen. „Wir haben im Sommer mehrere Workshops veranstaltet, die super gelaufen sind“, erklärt Claus Gruhl von der Kirchgemeinde St. Petri, die das Tik betreibt. Um Schmierereien im Stadtbild vorzubeugen, sei es richtig, den Jugendlichen freie Plätze anzubieten, an denen sie sich austoben können. Zukünftig will die Kirchgemeinde Flächen an der Seminarstraße für Projekte zur Verfügung stellen.