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Der Duft der weiten Kaffee-Welt

Peter Büttner betreibt nicht einfach nur eine Kaffeerösterei in Görlitz. Er lebt für einen guten Kaffee.

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© Pawel Sosnowski/pawelsosnowski.c

Von Sebastian Beutler

Görlitz. Auf den Duft der weiten Kaffee-Welt muss Peter Büttner rund 20 Minuten warten. So lange dauert es, bis sich in seinem türkischen Trommelröster bei maximal 200 Grad alle Aromen der Bohnen entfalten können. Bis zu 1000 sind es. Die Industrie hat nur zwei bis drei Minuten bei 600 bis 800 Grad Zeit für das Rösten. Das sei wie das Braten eines Steaks. „Wenn Sie das auf der höchsten Stufe zwei, drei Minuten von beiden Seiten braten, dann ist es zwar außen schön knusprig, aber innen noch roh. So ähnlich verhält es sich auch beim Kaffeerösten“, vergleicht Peter Büttner.

Das langsame Rösten ist das Geheimnis jeden guten Kaffees. Und Peter Büttner hält sich gewissenhaft an seine bis zu 20 Minuten – denn das besondere Aroma macht sein Geschäft aus. Wann immer eine neue Kaffeesorte bestellt werden soll, trommelt er zwei, drei Freunde zusammen und dann wird probegeröstet: 100 Gramm bei verschiedenen Temperaturen und Röstzeiten. Welche Mischung bei der Verkostung am besten schmeckt, wird dann genommen. „Damit bin ich bislang immer gut gefahren“, sagt Büttner.

Seit vier Jahren betreibt der frühere Chef eines Baubetriebes die Kaffeerösterei in Görlitz. In der Rauschwalder Straße, also in der Innenstadt West. Es ist nicht die prosperierendste Ecke von Görlitz, auch wenn mittlerweile ein Fahrradgeschäft und der Neubau der benachbarten Reha-Klinik seine Rösterei ziemlich eingekesselt haben. Aber Laufkundschaft ist hier eher selten. Wer zu Büttner kommt, macht das gezielt, der schnelle Kauf beim Vorbeigehen die große Seltenheit. Zumal für Werbung direkt an der Straße selbst an dieser entlegenen Stelle von Görlitz Genehmigungen und Gebühren fällig werden.

Büttners Kaffee kommt auf verschiedenen Wegen zu seinen Kunden. Er hat in Görlitz diverse Geschäfte gefunden, die seinen Kaffee anbieten. Bei seiner Frau im „Görlitzer Fass“ am Marienplatz versteht sich das von selbst, in der Landskron Brauerei werden viele Touristen auf den Görlitzer Kaffee aufmerksam, aber auch im Görlitzer SZ-Treffpunkt finden sich seine Tüten. Dann versorgt er Partner mit speziell für sie gefertigten Kaffeemischungen. Das Klubkino „Klappe, die Zweite“ hat solch eine im Angebot, und eine Weinhandlung in Niesky vertreibt ihre spezielle „Nieskyer Mischung“. Schließlich ordern Firmen bei ihm Kaffee als Werbegeschenk oder originelle Präsente für die Mitarbeiter. Und er beliefert auch Großkunden wie eben die neue Hoy-Reha-Klinik. 300 Kilo röstet er in guten Wochen. Doch trotz aller Bemühungen ist es ihm noch nicht gelungen, eine Gaststätte für sich zu gewinnen. Es wäre Büttners Krone. Doch für die meisten Restaurants ist sein Kaffee schlicht zu teuer. Immerhin kostet er etwa das Doppelte bis Dreifache von dem im Supermarkt. So bleiben sie zumeist bei Darboven oder anderen Anbietern.

Trotzdem schwimmt Büttner mit seiner Kaffeerösterei auf einer Trendwelle. In den vergangenen fünf Jahren sprossen überall im Lande solche kleinen Spezialröstereien wie Pilze aus dem Boden. Der Deutsche trinkt mittlerweile 162 Liter Kaffee im Jahr. Die meisten schlichtweg, weil er ihnen schmeckt. Doch wie der aktuelle Tchibo-Kaffeereport auflistet, genießen viele Kaffee, weil er ihnen Energie verleiht, sie wärmt, zur Entspannung beiträgt oder die Sinne belebt. Kaffeetrinker assoziieren mit Kaffee Leidenschaft und Liebe, Wärme und Ruhe, Energie und Gemeinschaft, Auszeit und Innehalten, Wohlstand und Freude, Heimat und Geborgenheit. Wer Kaffee nicht mag, verbindet mit ihm meist entgegengesetzte Eigenschaften: Nüchternheit, Hass, Hektik, Arbeit, Stress oder Fremde.

Peter Büttner gibt sich in seiner Rösterei alle Mühe, den Vorurteilen keinen Raum zu geben. Sie ist klein und behaglich eingerichtet, es duftet, und das Auge bleibt an den Kaffeebehältern hängen. In jedem ruhen die gerösteten Bohnen aus einem anderen fernen Land Mittel- und Südamerikas oder aus Südostasien. Selbst von den Galapagos-Inseln bezieht Büttner Bohnen. Die weite Welt ist hier zu Hause. Das zeigt sich auch bei den Kunden, die über seinen Internet-Shop zu ihm in die Rauschwalder Straße finden. „Meist sind es Kinder oder andere Nachkommen von Görlitzern, die bei einem Besuch auf mich aufmerksam geworden sind“, erzählt er, „und dann auf die Mischung auch in ihrer neuen Heimat nicht verzichten wollen. Viele rufen aber auch nur an oder schicken eine E-Mail.

Büttner gibt sich aber auch alle Mühe, um immer wieder mit Neuem zu überraschen. Das Kaffee-Bier hat er mit der Bautzner Braumanufaktur Frenzel-Bräu entwickelt, eine unfiltrierte Mischung aus Bockbier und Kaffee. Auch eine Kaffee-Brause gibt es. Jetzt hat er verschiedene Marmeladen zusammengestellt und dabei Kaffee mit Sauerkirsche, Apfel oder Bananen so lange gemischt, bis es ihm geschmeckt hat. Nun hofft er, dass sein Geschmack ankommt. Wenn er könnte, dann würde er auch Kaffee-Bowle und Kaffee-Likör anbieten, doch bislang gibt es das nur in seinem Geschäft zu bestimmten Zeiten. Auch mixte er schon mal Kaffee und Salz. Kaffeepralinen, Kaffeehonig und Kaffeeschokolade – Ideen hat er noch genug.

Neben den laufenden Neuheiten vertieft er das Thema Kaffee aber auch bei knapp zweistündigen Seminaren in seiner Rösterei, inklusive Verkostung von drei Sorten und einem Beutel mit 125 Gramm frisch gerösteten Bohnen für Zuhause. Dem Kaffee-Enthusiasten Peter Büttner wird es nicht langweilig. „Sie können mich nachts wecken“, sagt er, „selbst da kann ich noch Kaffee trinken.“ In der warmen Jahreszeit wird Peter Büttner viel unterwegs sein. Er hat mittlerweile zusammen mit der Capron GmbH in Neustadt/Sachsen, die sich eigentlich auf Caravans spezialisiert hat und deren Geschäftsführer an der Landeskrone wohnt, ein Kaffee-Fahrrad gebaut. 300 Kilogramm wiegt es, manche Steigung wird da zum kaum erklimmbaren Berg. Und doch macht sich Büttner mit seinem mobilen Café bald auf, um den Duft der weiten Kaffee-Welt auf die Görlitzer Märkte und Feste hinauszutragen.