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Der Brandbaum ist wieder grün

Der zu Jahresbeginn abgefackelte Silber-Ahorn im Görlitzer Stadtpark hat sich erholt. Er könnte eine Zukunft haben.

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© Pawel Sosnowski/pawelsosnowski.c

Von Gabriela Lachnit

Görlitz. Totgesagte leben länger. Der Silber-Ahorn mitten im Stadtpark scheint ein Beispiel dafür zu sein. In der letzten Silvesternacht ist der Baum vermutlich durch Böller in Brand geraten. Die Feuerwehr hatte das Feuer gelöscht, brauchte aber drei Einsätze dafür, weil immer wieder Glutnester vorhanden waren. Der Baum, einer der ältesten im Stadtgebiet, schien verloren. Statisch relevante Holzsubstanz und zwei Kronensicherungen sind beim Brand vernichtet worden. Ein Reststamm von etwa drei Metern Höhe blieb stehen.

Kaum jemand hätte damals gedacht, dass dieser Baum jemals wieder grün wird. Aber genau das ist passiert. Warum der Baum so reagierte, erklärt Christiane Ritz. Sie ist Wissenschaftlerin in der Abteilung Botanik bei Senckenberg in Görlitz. „Der Silber-Ahorn bildet gewöhnlich sehr viele Wasserreiser, auch Schösslinge genannt. Das können viele Laubbaumarten, zum Beispiel auch Weide, Pappel, Linde und Erle. Andere, wie die Buche, aber eher nicht, Nadelbäume wohl nur ganz vereinzelt.“ Nach dem Abholzen oder einer Verwundung treiben diese Bäume wieder aus. Das geschieht durch sogenannte „schlafende Augen“, auch Proventivknospen genannt, die bereits bei jungen Bäumen angelegt werden und unter der Rinde sitzen. Sie können jahrzehntelang lebensfähig sein und eben bei Bedarf aktiviert werden, erklärt die Botanikerin weiter. Die Blätter der Wasserreiser sehen oft etwas anders aus, sie sind meist größer und auch in der Form oft leicht verschieden. Der Silber-Ahorn war nach dem Brand eben nicht komplett tot, es hat ein Teil des Stammes überlebt. Dass das Löschwasser in diesem trockenen Sommer darauf Einfluss hatte, glaubt die Wissenschaftlerin eher nicht.

Torsten Tschage, Leiter des Amtes Bau und Liegenschaften in der Stadtverwaltung Görlitz, erklärt, dass der Bauzaun um den Brandbaum errichtet wurde, um zu verhindern, dass die dünnwandigen Stammreste nicht beklettert und dadurch weiter beschädigt werden. Die neuen Austriebe, die es praktisch an der gesamten Oberfläche des verbliebenen Stammmantels gibt, werden mit dem Zaun gegen Abbruch und Abriss geschützt. „Erst zum Ende dieser Vegetationsperiode, etwa Mitte November, wird gemeinsam mit dem Landesamt für Denkmalpflege eine Zwischenbilanz gezogen und beraten, was mit dem Baum geschieht“, so der Amtsleiter.

Favorisierte Variante dabei bleibt, drei gleichmäßig um den Stamm verteilte, unmittelbar am Stammfuß entstandene, kräftige und gut am Stamm verwachsene Triebe zu belassen. Sie sollen als zukünftige Stämme gefördert und entwickelt werden. Diese Triebe können eigenständig wachsen und einen eigenen Stamm bekommen, wenn sie selbstständige Wurzeln ausbilden. Mit der Zeit lösen sich die Stammfußreste auf. Das heißt, dass alle anderen neu entstanden Triebe und auch die Stammreste bis etwa 50 Zentimeter über dem Boden beseitigt werden.

Sollten sich keine geeigneten Triebe entwickeln oder in den nächsten ein, zwei Vegetationsperioden noch entwickeln, wird einer Neupflanzung der Vorrang gegeben, betont Torschen Tschage. Die Neupflanzung würde nach Entfernung des Stubbens und entsprechender Bodenvorbereitung genau am gleichen Standort erfolgen. Damit würde der ursprünglichen Gestaltungsidee gefolgt. Das betrifft sowohl die Aspekte der Raumbildung als auch die der Blickbeziehungen im Stadtpark, so der Amtsleiter.