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Denkmalschutz will Lederfabrik-Abriss nicht zulassen

Die Behörde sendet ein klares Signal an die Stadt – und deutet eine Alternative an, die aber unrealistisch scheint.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Tobias Winzer

Freital. Wird die Lederfabrik in Freitals Stadtmitte abgerissen oder erhalten? Um diese Frage scheint sich ein komplizierter Streit zwischen verschiedenen Behörden zu entwickeln. Beteiligt sind die Stadt Freital, das Landratsamt und verschiedene Behörden im Freistaat. Während die Rathausspitze um Oberbürgermeister Uwe Rumberg(CDU) auf einen möglichst schnellen Abriss drängt, pocht vor allem das Landesamt für Denkmalpflege auf einen Erhalt des baufälligen, aber denkmalgeschützten Hauses an der Poisentalstraße.

Im Mai hatte der Stadtrat entschieden, dass die Lederfabrik dem Freistaat zum Kauf angeboten werden soll. Wenn dieser ablehnt und auch kein anderer Interessent gefunden wird, soll die Lederfabrik abgerissen werden. Da Georg Unland (CDU), damals noch sächsischer Finanzminister, im August einen Kauf klar abgelehnt hatte, stellte die Stadt einen Antrag auf denkmalschutzrechtliche Genehmigung des Abrisses. Diese ist nötig, weil es sich bei der Lederfabrik um ein Denkmal handelt.

Für die Genehmigung zuständig ist das Denkmalamt des Landkreises. Auch das Landesamt für Denkmalschutz redet mit. Die Landesbehörde muss bei der Abrissentscheidung mit eingebunden werden. Entschieden wird nach dem Grundsatz, ob ein Erhalt für die Stadt als Eigentümer der Immobilie zumutbar wäre. Das wäre der Fall, wenn die Mehrkosten im Vergleich zum Abbruch gering ausfallen. Die Rechtsprechung in Deutschland gehe sogar bis in eine Größenordnung von circa 20 Prozent, teilte das Denkmalamt zuletzt mit. Wie das Landesamt für Denkmalpflege jetzt mitteilt, sind diese Voraussetzungen nach Ansicht der Behörde nicht gegeben. „Eine positive denkmalschutzrechtliche Genehmigung zum Abbruch setzt nach Sächsischem Denkmalschutzgesetz die Unzumutbarkeit des Erhaltes voraus. Diese ist unserer Auffassung nach derzeit nicht gegeben beziehungsweise nicht ohne Weiteres nachweisbar“, teilt eine Sprecherin mit. Sie verweist auf unvollständige Unterlagen im Abriss-Antrag der Stadt Freital. Deswegen sei das Verfahren ausgesetzt worden. Das bestätigt die Denkmalbehörde des Landkreises. „Das Landratsamt als untere Denkmalbehörde hat nach einem Gespräch mit der Stadtverwaltung am 27. September das Verfahren zunächst ausgesetzt und der Stadt die konkreten Anforderungen mitgeteilt“, heißt es.

Nach Aussage des Landkreises fehlen Unterlagen zur Dokumentation des Gebäudes – unter anderem Fotos der Lederfabrik. „Denn der Denkmalstatus bleibt auch dann bestehen, wenn das Gebäude nicht mehr als Baukörper, sondern nur noch virtuell im Archiv existiert.“ Außerdem muss die Stadt detaillierte Gutachten zur baulichen Beschaffenheit und zu Altlasten sowie umfassende Wirtschaftlichkeits- und Zumutbarkeitsbetrachtungen vorlegen. „Sobald die Unterlagen vollständig sind, ist innerhalb einer Frist von zwei Monaten über den Antrag zu entscheiden“, heißt es.

Die Stadt hatte mehrere Gutachten zur Lederfabrik anfertigen lassen. Den Schätzungen zufolge wären für eine einfache Sanierung 8,7 Millionen Euro fällig. Mindestens 3,8 Millionen Euro müsste die Stadt davon selbst tragen. Ein Abriss dagegen würde die Stadt 1,5 Millionen Euro kosten, so die Kalkulation. „Wir gehen nach wie vor davon aus, dass die Faktenlage hinreichend klar ist und dargelegt wurde, dass eine wirtschaftliche Sanierung für die Stadt nicht darstellbar ist“, so Oberbürgermeister Rumberg zuletzt.

Das Landesamt für Denkmalpflege, das Innenminister Markus Ulbig (CDU) unterstellt ist, arbeitet unterdessen an einer Alternative. „Selbstverständlich werden wir jede uns zur Verfügung stehende rechtliche Möglichkeit ausschöpfen, um die Lederfabrik vor dem Abbruch zu bewahren“, so die Sprecherin. Demnach wird trotz des Neins vom mittlerweile Ex-Finanzminister Unland an einer Übernahme und Rettung des Gebäudes durch den Freistaat gearbeitet. Die „wertvolleren Anteile des historischen Gebäudes“ sollen „in einen geeigneten Nachfolgebau“ integriert werden. Denkbar wäre, dass die Fassade erhalten bleibt und dahinter ein Neubau entsteht. „Wir führen derzeit Gespräche, um für eine solche Lösung zu werben“, heißt es. Im Finanzministerium, das letztlich das Geld für den Kauf und die Sanierung bereitstellen müsste, ist man von dieser Idee jedoch wenig begeistert. „Es gibt keine Gespräche mehr mit dem Landesamt für Denkmalpflege, der Sachstand ist unverändert“, so ein Ministeriumssprecher.