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Demo bei Wacker

Die Gewerkschaft fordert mehr Lohn für die Chemie-Branche. Doch nicht alle Kollegen im Werk würden davon profitieren.

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© Lutz Weidler

Von Antje Steglich

Nünchritz. Es wird laut. Mit Trillerpfeifen und Rasseln hat die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) am Mittwochnachmittag vor den Toren der Wacker Chemie AG Nünchritz ihren Forderungen Nachdruck verliehen. Sechs Prozent mehr Lohn und eine Verdopplung des Urlaubsgeldes wollen die Gewerkschafts-funktionäre in der aktuellen Tarifrunde bundesweit durchsetzen. Und das finden die etwa hundert Kollegen, die zur Demo gekommen sind, natürlich gut. Mitarbeiter von Wacker sind genauso darunter wie kleine Delegationen von anderen großen sächsischen Unternehmen wie Linde oder Siltronic. „Wir kämpfen als Gewerkschaft für die Fläche“, erklärt der Betriebsratsvorsitzende von Wacker Nünchritz, Göran Gust, „es geht nicht speziell um einzelne Betriebe wie Wacker, sondern auch um die vielen kleinen Betriebe. Die Großen müssen die Kleineren mitziehen.“

Deshalb findet die IG-BCE-Demo – übrigens eine von mehr als hundert im gesamten Bundesgebiet an diesem Tag – auch vor so einem großen Standort mit mehr als 1 500 Mitarbeitern statt. Zumal auch für die mehr Lohn und Urlaubsgeld gerecht wäre, betont der Betriebsrat, der auch Teil der Tarifkommission ist. Dem Unternehmen geht es gut, auch im zweiten Quartal dieses Jahres konnte die Wacker AG den Umsatz sowohl gegenüber dem Vorjahr als auch im Vergleich zum Vorquartal weiter steigern. Das Urlaubsgeld sei indes in der Branche zuletzt 1997 erhöht worden – auf jetzt 20,45 Euro pro Urlaubstag für Vollzeitbeschäftigte. In der aktuellen Tarifrunde fordert die IG BCE 40 Euro. „Wir erwarten einen Abschluss ganz in der Nähe, da machen wir keine Abstriche“, so Christian Jungvogel von der IG BCE und fügt an, „die Verdienste in der Chemie sind zwar gut, aber die Arbeitgeber sprechen von knapp 60 000 Euro im Jahr. Was sind denn das für Zahlen, das ist keine Realität.“ Bei Wacker beispielsweise würde kaum ein Mitarbeiter so viel verdienen, solche Löhne würden eher für die Pharma-Industrie gelten. „Wenn die Leute so viel verdienen würden, bräuchten wir keine Tariferhöhung.“

Die Arbeitgeber-Seite indes zeigt sich nicht minder empört über die Forderungen. „Die größte Hürde ist und bleibt das Geld. Die IG BCE setzt weiter die rosarote Konjunkturbrille auf und bewegt sich keinen Millimeter von ihrer hohen Forderung herunter“, kritisierte Verhandlungsführer Georg Müller vom Bundesarbeitgeberverband Chemie. „Die Risiken für die Konjunktur sind in den letzten Wochen sicher nicht kleiner geworden. Wir streben eine Lösung an, die ein maßvolles Entgeltplus für die Beschäftigten mit Flexibilität und Planbarkeit für die Unternehmen verbindet.“ Ein konkretes Angebot wurde nicht vorgelegt – sollte es bei der nächsten Runde nächste Woche zu keiner Einigung kommen, hat die IG BCE bereits weitere Aktionen angekündigt.

Von dem Tarifabschluss würden die zahlreichen Fremdfirmen, die täglich mit bis zu 600 Mitarbeitern auf dem Gelände der Wacker Chemie Nünchritz tätig sind, übrigens nicht profitieren. Diese zählen laut Göran Gust unter anderem zur Metall- oder Transport-Branche, aber nicht zur IG BCE. „Dort wird ganz unterschiedlich gezahlt, das geht beim Mindestlohn los. Wir hinterfragen das bei unserem Arbeitgeber“, so der Betriebsrat. Einfluss darauf habe man aber nicht.