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Das Weiße Gold kehrt zurück

Die Stern Combo legt einen ihrer größten Hits neu auf und will einen Skandal wie 1978 vermeiden.

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© Claudia Hübschmann

Peter Anderson

Meißen. Das hatte es in der harmonieverliebten DDR-Unterhaltungswelt so noch nicht gegeben. Vor Gericht stritten sich 1978 der Liedtexter Kurt Demmler und die Stern Combo Meißen um das Urheberrecht am Text der Rocksinfonie Weißes Gold. Der Band war die ursprüngliche Fassung des Berliner Liedermachers zu verkopft und schwierig gewesen. Perkussionist Norbert Jäger, vergangenes Jahr in Meißen verstorben, griff selbst zum Bleistift. Dass er texten konnte, hatte er bereits bewiesen. Die Zeilen zum Stern-Combo-Song „Der Alte auf der Müllkippe“ stammten aus seiner Feder. Demmler allerdings fühlte sich in seiner Eitelkeit als umtriebiger Schreiber für zahlreiche ostdeutsche Rock- und Pop-Größen gekränkt. Am Ende wurde er an den Einnahmen beteiligt und auf dem Cover des 1978 aufgenommenen Amiga-Albums erwähnt.

55 Jahre auf der Bühne

Fast könnte man diese Story für einen Marketing-Trick halten. Das sei sie allerdings nicht gewesen, versichert Stern-Combo-Manager Detlef Seidel. Von Berlin ist er an diesem warmen Tag nach Meißen gekommen, um hier – am Gründungsort einer der ältesten noch aktiven deutschen Rockbands – die Trommeln für ein großes Jubiläum zu rühren. Vor 40 Jahren nahm die Band mit Weißes Gold ihr erstes eigenständiges Konzeptwerk in den Amiga-Studios in Berlin auf. Jetzt gehen die Musiker um Gründungsmitglied Martin Schreier erneut mit dem Stück auf Tour. Am 6. Oktober, 20 Uhr, findet das Jubiläumskonzert in der Meißner Frauenkirche statt. Für den Live-Auftritt hat Sänger Manuel Schmid zusammen mit seinen Kollegen die 42 Minuten lange Original-Version auf eine verträgliche Länge von 24 bis 25 Minuten kondensiert. Der Aufführungsort Frauenkirche wurde auf Wunsch von Detlef Seidel gewählt. Sein Plan: Er würde gern das erste Porzellan-Glockenspiel der Welt in das Konzert einbeziehen.

Seit 1929 hängt es in einer der gotischen Fensteröffnungen des Turmes. Sechs Choräle kann es spielen. Von der Ursprungsbesetzung, die 1978 das Mammutwerk einspielte, wird im Oktober nur noch Martin Schreier mit von der Partie sein. Der 70-Jährige korrigiert gern einmal seine Gesprächspartner. Nicht Gründungsmitglied, sondern Gründer der Stern Combo sei er gewesen. Und natürlich ging auch der Anstoß zu Weißes Gold von ihm aus. Die Geschichte vom Alchemisten Johann Friedrich Böttger, der für August den Starken Gold herstellen sollte, beschäftigte seine Fantasie schon zu Kinderzeit. Überall in Meißen begegnete er dem Mythos vom Weißen Gold: Auf dem Wandbild von der Erfindung des europäischen Hartporzellans in der Albrechtsburg war er ebenso präsent wie in den weitläufigen Fluren der Manufaktur im Triebischtal.

Keyboarder Thomas Kurzhals entwickelte aus Schreiers ersten Plänen musikalische Skizzen. Reinhard Fißler, Lothar Kramer und Peter Werneburg brachten weitere Ideen ein. In einem über Monate währenden, intensiven Schaffensprozess nahm die Rocksinfonie Gestalt an. Der Aufwand lohnte sich. Wieder passierte etwas in der DDR bis dahin Ungewöhnliches. Bis nach Japan und Brasilien wurden die Plattenlizenzen für das Pionierstück des Artrock verkauft. „Und so wurde weltbekannt, was vor Zeiten er getan. Weißes Gold wird genannt, unser Meissener Porzellan.“

Karten für 30 bzw. 20 Euro bei der Tourist-Info oder über: http://www.stern-combo-meissen.de/index.php/shop/