Von Tilo Harder und Annett Heyse
Freital. Die Wohnungsgesellschaft Freital, größter Vermieter in der Stadt, feiert am Freitag ihr 25-jähriges Bestehen. Rund 3 500 Wohnungen besitzt die WGF – im Altbau, Plattenbau, Neubau. Der heutige Geschäftsführer Michael Heinzig ist seit der Gründung mit dabei. Wer könnte die Entwicklung der Freitaler Wohnungsgesellschaft also besser zusammenfassen?
Herr Heinzig, wie sehen Sie den Werdegang von der Gründung bis zum jetzigen Jubiläum?
Ich würde die Zeit in drei Etappen einteilen: die 1990er Jahre, von der Jahrtausendwende bis ca. 2012 und von da bis heute. Der Zufall will es, dass sich diese Zeiträume in etwa mit unseren drei Firmensitzen decken. Es begann am Platz der Jugend in einem alten Rittergut, das in einem sehr schlechten Zustand war. Im Jahre 2002 bezogen wir als erster Büromieter das Objekt Hüttenstraße 14. Und seit 2012 haben wir unseren Sitz im einstigen Döhlener Rathaus, in dem 1921 die Gründung unserer Stadt Freital vollzogen wurde.
Freitals größter Vermieter in Fakten und Zahlen
Wie begann alles für Sie vor 25 Jahren?
Am 3. Juni 1993 habe ich meinen Arbeitsvertrag unterschrieben. Die WGF wurde am 22. Juni gegründet. Am 1. Juli war dann mein erster Arbeitstag. Als EDV-Organisator hatte ich die technischen Voraussetzungen zu schaffen, dass zum Beispiel die Bearbeitung der Anträge von damals 3 000 Wohnungssuchenden und die gesetzlichen Mieterhöhungen auf ein einigermaßen kostendeckendes Niveau reibungslos vonstattengingen.
Sie wurden 1994 zusätzlich Leiter der Betriebskostenabrechnung. So etwas kannten die Mieter aus DDR-Zeiten ja gar nicht. Was gab es da für Probleme?
Für uns war es doppelt schwer. Es war die erste Abrechnung überhaupt nach gemessenen Verbrauchswerten. Zudem mussten wir diese mit neuer EDV-Technik bewältigen. Am 1. Dezember hatten wir es geschafft und rund 11 000 Abrechnungen verschickt. Aber auch für die Mieter war alles neu und deshalb zum Teil schwer nachvollziehbar. Es gab so viele Einsprüche, dass bei uns alle Treppen und Flure voller Leute waren. Das war wirklich eine heiße Zeit.
Was prägte Ihre Arbeit in den 1990er Jahren am meisten?
Besonders die umfassenden Sanierungen. Dazu gehörten der Austausch der Öfen gegen moderne Heizung, die Erneuerung von Fenstern und der Einbau moderner Bäder.
Wie begann dann der zweite Abschnitt?
Die Voraussetzungen waren denkbar schlecht. Mit 29 Prozent hatten wir den höchsten Leerstand und mit 56 Millionen Euro den höchsten Schuldenstand unserer Geschichte. Doch der wahre Tiefschlag war die Flut 2002, die uns rund zehn Millionen Euro Schaden am Bestand bescherte.
Sie wurden durch die Flut in die Geschäftsleitung „gespült“? Wie kam das?
Sie spielen auf eine Episode an, die zumindest im zeitlichen Zusammenhang steht. An einem der dramatischen Flut-Tage kam über Lautsprecher die Meldung, die Staumauer der Talsperre Malter sei gebrochen. Während alle fluchtartig das Tal verließen, habe ich noch schnell die zwei Server der WGF ausgebaut und mir unter die Arme geklemmt, um die Daten zu retten. So bin ich auf sicherer Höhe der Leisnitz Herrn Rumberg, den Geschäftsführer, auf seiner Kontrollfahrt begegnet. Vielleicht war dieses Verantwortungsbewusstsein neben meiner fachlichen Arbeit der Anstoß, dass ich bald darauf als Prokurist berufen wurde.
Und was war die Hauptaufgabe in der folgenden Etappe?
Konsolidierung. Wir mussten dafür etwa ein Viertel des Bestandes abreißen, um den Leerstand auf rund sechs Prozent zu senken. Dazu nutzten wir die Abrissförderung aus dem Bund-Länder-Programm „Stadtumbau Ost“. Für die Sanierung unseres Kernbestandes nutzten wir die Aufwertungsförderung in den Stadtumbaugebieten und sozialen Stadtgebieten. Dann mussten wir unser Personal etwa auf die Hälfte reduzieren, um Kosten zu senken. Und wir mussten Schulden abbauen, um Zinsen zu sparen. Es war eine harte und schwere Zeit mit zum Teil schmerzhaften Einschnitten. Aber wir haben alle gesteckten Ziele erreicht, weil wir einfach unsere Hausaufgaben gemacht haben.
Und dann folgte mit dem Einzug in Freitals Gründungsrathaus der dritte Abschnitt…
Nicht nur weil wir ein so geschichtsträchtiges Gebäude erhalten und als Firmensitz beziehen konnten, begann die „innovativste“ der drei Etappen. Denn sie ist der Übergang von der Verwaltung des Bestandes zur Gestaltung des Bestandes. Das zeigt sich auch daran, dass wir unseren Bestand erstmals in der Geschichte der WGF erweitert haben. Unser erster Neubau entstand 2016 an der Oststraße. 2017 kauften wir die Ballsäle Coßmannsdorf und das City-Center dazu. Es folgte die Dresdner Straße 288, eine alte Villa, die wir nun zum Ärztehaus umbauen. Wir bestreiten alle Investitionen aus Eigenmitteln, wie wir das seit 2000 erfolgreich tun. Nur so konnten wir unseren Schuldenberg abtragen und sind fit für derartige Projekte. Die Basis dafür wurde in all den Jahren vorher geschaffen, das möchte ich betonen.