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Das verschwundene Dorf

Ein Ort zwischen Heeselicht und Dobra wurde von den Hinweisschildern getilgt – zum Ärger von Anwohnern.

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© Dirk Zschiedrich

Von Dirk Schulze

Stürza. In Stürza wird gerade die Straße gebaut. Die Ortsdurchfahrt ist deshalb für den Durchgangsverkehr gesperrt. Bei manchem Anwohner macht sich allerdings die Sorge breit, dass auch danach kein Auswärtiger mehr den Weg in das Dorf findet. Unlängst berichtete die SZ über den Struppener Ortsteil Weißig, der von den Hinweisschildern an der Straße verschwunden war, was eine Einwohnerin ärgert.

Diesen Ärger teilt auch Helmar Nestroy aus Stürza. Anfang des Jahres wurden rings um seinen Heimatort neue gelbe Hinweisschildern aufgestellt, unter anderem entlang der ehemaligen Rennstrecke zwischen Heeselicht und der Hocksteinschänke sowie in der anderen Himmelsrichtung an der Kreuzung in Dobra. Auf allen diesen Schildern fehlt nun der Ortsname Stürza, sowohl aus Richtung Pirna, Dürrröhrsdorf, Stolpen, Neustadt als auch Hohnstein. Vorher war Stürza an den Richtungstafeln angeschrieben, sagt Helmar Nestroy. Er hat sich deshalb an die Behörden gewandt. „Jeder Ort ist doch kartografisch namentlich erfasst und muss auch ohne Navi vom Verkehrsteilnehmer durch Verkehrshinweisschilder zu finden sein“, schreibt er an die SZ. Die Einstufung einer Straße als Kreis-, Staats- oder Bundesstraße spiele dabei aus seiner Sicht keine Rolle.

Bereits im Januar hatte er beim Landesamt für Straßenbau und Verkehr in Meißen nachgefragt. Dort haben Mitarbeiter bei einer Recherche in der Straßendatenbank des Hauses zumindest herausgefunden, dass an den alten Wegweisern an der Kreuzung in Dobra der Ortsname Stürza nachträglich angebracht wurde. Man wolle das Anliegen aber der Verkehrsbehörde des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge vortragen, hieß es beim Landesamt. Dort sollte geklärt werden, ob man Stürza nicht doch wieder auf die Wegweiser schreiben kann, „trotz der eng gesetzten Ermessensspielräume“.

Ein halbes Jahr wartet Helmar Nestroy seitdem vergebens, der Name seines Heimatortes Stürza tauchte noch nicht wieder auf den Schildern auf – und er wird es auch in Zukunft nicht tun. „Der Ort hat, bezogen auf den Verlauf der Staatsstraße, keine Verkehrsbedeutung und keine verkehrlichen Verknüpfungen“, erklärt Martina Aurisch. Amtsleiterin für Straßenbau und Verkehr im Landratsamt Pirna. Deshalb werde Stürza Ort auf den Hinweisschildern nicht mehr erwähnt. Soll heißen: Die für die Orientierung wichtigen Kreuzungen befinden sich in Dobra und bei Heeselicht. Das langgetreckte Straßendorf Stürza wird nur durchfahren und wird deshalb nicht eigens ausgeschildert.

Geregelt ist dies in der Vorschrift „Richtlinien für die wegweisende Beschilderung außerhalb von Autobahnen“ (RWB), auf deren Grundlage das Landesamt für Straßenbau und Verkehr in Abstimmung mit dem Landratsamt die Beschilderung festlegt. Nach der Vorschrift sollen die Schilder einheitlich und einfach gestaltet sein, damit Autofahrer die Informationen rechtzeitig erkennen, lesen und umsetzen können. Die Anzahl der Orte auf einem Wegweiser ist deshalb begrenzt. Entscheidendes Kriterium bei der Auswahl ist die Verkehrsbedeutung der Ortschaften. Die als wichtig definierten Ziele sind im Verzeichnis „Fern- und Nahziele an Staatsstraßen im Freistaat Sachsen“ aufgelistet, welches sich auch im Internet einsehen lässt. Entlang der Staatsstraße S 161, die durch Stürza führt, sind das unter anderem Heeselicht, Dobra, Langenwolmsdorf, Dürrröhrsdorf-Dittersbach und Eschdorf. Stürza jedoch fehlt.