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Das Leben ist eine Baustelle

Überall wird gebaggert, gerade in der Ferienzeit. Da fällt ein sinnloses Projekt gar nicht auf. Welches das ist, sagt SZ-Redakteur Andreas Weller in seiner Kolumne.

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© André Wirsig

Von Andreas Weller

Straßen, Schulen, Wohnungen und auch unter der Erde – wo man in Dresden hinguckt, wird gebaut. Manche finden das gut, weil sich was tut. Andere ärgert’s, weil es das Durchkommen erschwert. Doch darum soll es hier nicht gehen. Eine Absperrung besteht seit acht Jahren und es passiert einfach nichts. Klingt absurd? Ist es!

Die Trille ist kaputt. Wer sich in Bühlau nicht so auskennt, wird fragen: Wie bitte? Die Erklärung: An der Grundstraße ist seit 2010 ein Stück des Rad- und Gehweges abgesperrt. Es sieht aus wie eine Baustelle, ist es aber nicht. Oder: Sollte es sein, wird aber nichts. Unter dem Weg ist der Loschwitzbach, die Trille, kanalisiert. Der Stahlbeton, in dem der Bach fließt, leidet aber an Betonkrebs. Die Säure hat den Beton so beschädigt, dass der Kanal einbrechen würde, wenn Autos darüber fahren. Die Stadt hat den Bereich gesperrt und den Plan, den Kanal zu erneuern. Soweit klar.

Da die Verwaltung aber selbstbewusst ist, und meint, den Sozialismus überwunden zu haben, braucht sie auch keinen Fünf-Jahres-Plan oder so. Nein, der Plan existiert seit acht Jahren und Nachfragen ergeben, wann dort gebaut wird, ist nicht absehbar. Das führt uns zu der Vermutung, die Baustelle ist gewollt oder war es zumindest mal. Vor acht Jahren war noch nicht absehbar, dass es ein regelmäßiges Baugeschehen in der Stadt geben wird. Damit es nicht heißt, die in der Bauverwaltung liegen alle auf der faulen Haut, wurde die Alibi-Baustelle eingerichtet. Die tut dort nicht so vielen weh, man kann immer sagen, also dort ist doch eine Baustelle, wir schaffen was – ehrlich! Dann wurde sie vergessen oder es war kein Geld da. Und jetzt findet sich keine Baufirma, weil die ja so viel zu tun haben, wenn die Stadt überall baut. Ein Kreuz mit diesen Baustellen.