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Das Kind im Künstler

Besondere Lebensmomente zeigt die Ausstellung „Kind & Farbe“ mit Fotografie von Gabriele Seitz und Malerei von Klaus Liebscher derzeit in der Stadtbibliothek Radebeul-Ost.

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© Norbert Millauer

Von Lilli Vostry

Radebeul. Ein Mädchen schwingt, halb liegend in einer runden Schaukel. Ein anderes ist ganz in ein funkelndes Spiel aus herab rinnenden Wasserperlen vertieft. In lebhaften Pinselschwüngen umkreisen sich außerdem Farben und Formen auf den Leinwänden in der Ausstellung „Kind & Farbe“ in der Stadtbibliothek Radebeul-Ost im Kulturbahnhof auf der Sidonienstraße 1c.

Dort treffen derzeit die analoge Schwarz-Weiß-Fotografie von Gabriele Seitz und die Malerei von Klaus Liebscher kontrast- und stimmungsreich aufeinander in der Sommerausstellung des Kulturvereins Stadtbibliothek Radebeul e.V. Zu sehen sind Porträts und Milieubilder von Kindern und Jugendlichen, auf dem Spielplatz und während der Therapie. Ihnen sieht man ihre Behinderung auf den ersten Blick kaum an. Die Faszination des Andersseins und körperliche Auffälligkeiten sind behutsam, beiläufig und ausdrucksstark mit der Kamera festgehalten.

Die Fotokünstlerin Gabriele Seitz zeigt in ihren offen-natürlichen Momentaufnahmen ein Stück des Lebensalltags dieser Kinder und Jugendlichen, denen sie in einem Heim der Lebenshilfe in Dresden begegnete. Die Aufnahmen entstanden zwischen 2012 und 2017, bei einigen sieht man auch die Entwicklung der Kinder, so die Fotografin. Seit 1997 widmet sie sich der Porträtfotografie.

„Jedes Kind braucht Unterstützung. Bei dem einen erkennen wir es vielleicht nicht, beim anderen ist es offensichtlich. Das kann uns an unsere eigene Unzulänglichkeit erinnern und das ist gut, denn kein Mensch ist vollkommen“, sagt Gabriele Seitz zu ihren Bildern, die den Blick für das Besondere im Alltäglichen und im Gegenüber schärfen wollen.

Mal strahlt dem Betrachter pure Freude entgegen, mal lächeln die Kinder scheu, zeigen stolz ihre Kletterkünste. Ein Mädchen hält eine große Muschel an ihr Ohr. Ein Junge hält sich an einem Geländer fest. Ein anderer legt den Arm um die Schulter seines Freundes. Ein junges Paar schaut unbefangen und selbstbewusst in die Kamera.

Das Kind im Künstler und der Künstler im Kind stacheln den Maler Klaus Liebscher voller Neugier und Fantasie zu seiner spontan und farbenfroh wirbelnden Bilderwelt in der Art des Informel an. Mal in luftig-leichten, sommerlichen Farbtönen, mal hauchzart und in kräftiger Ballung schleudert, spritzt, tupft er Farbkleckse, verbinden und überlagern sich runde und spitze Formen und schattenhafte Figuren zu archaischen Sinnbildern der Natur und des Lebens. „Er ist ein Magier des Pinsels, der die Naturgesetze kennt und das Wundersame beschwört“, sagte Heinz Weißflog in seiner Rede zu den Werken von Klaus Liebscher. Er studierte 1960/61 Malerei an der Dresdner Kunsthochschule, welches er abbrach.

Klaus Liebscher gehörte zum umtriebigen Künstlerkreis um ar.Penck, Strawalde und Peter Graf, war als Theatermaler und Restaurator und seit 1966 als freischaffender Künstler tätig. Die Ausstellung „Kind & Farbe“ ist noch bis 30. September in der Stadtbibliothek Radebeul-Ost zu sehen.

Öffnungszeiten: Mo.-Fr. von 9-19 Uhr, Do. geschlossen