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Das Kanu-Märchen

Saeid Fazloula flüchtete vor drei Jahren über die Balkanroute. Jetzt startet der gebürtige Iraner bei der WM für Deutschland.

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© GES/Helge Prang

Von Erik Roos

Er hat sich an vieles gewöhnt, drei Jahre in Deutschland sind gewissermaßen eine lange Zeit. Kartenspiele mit den neuen Kollegen der Kanu-Nationalmannschaft gehören jetzt ebenso zum Alltag von Saeid Fazloula wie die unzähligen Paddel-Stunden auf dem trüben Rhein. Einzig mit dem Wetter hat der gebürtige Iraner immer noch so seine Probleme. „Hier regnet es oft tagelang. Das kannte ich so nicht“, sagt Fazloula, der 2015 aus seiner Heimat flüchten musste.

Bei der am Donnerstag beginnenden Kanu-WM startet er für Deutschland – und ist stolz darauf. „Ich freue mich, dass ich den Adler auf der Brust trage. Es war nicht einfach für mich“, sagt der 26-Jährige vor den Titelkämpfen im portugiesischen Montemor O Velho. Bei der EM im Juli war er erstmals für den Deutschen Kanu-Verband am Start, nun folgt mit der WM-Teilnahme die Erfüllung eines Traums. Gemeinsam mit Kostja Stroinsk startet er im Kajak-Zweier über 500 Meter. Bis dahin war es jedoch ein langer Weg.

Im Iran gehörte Fazloula zu den besten Kanuten des Landes. Nach dem Gewinn der Silbermedaille bei den Asien-Spielen 2014 wurde ihm jedoch mitgeteilt, er habe „unverhältnismäßig“ gejubelt. Als ihm nach einem Besuch des Mailänder Doms während der WM 2015 vorgeworfen wurde, er wolle zum Christentum konvertieren, brach Fazloula die Zelte in seiner Heimat ab.

Fazloula floh – erst zu Fuß über die Grenze in die Türkei, dann auf der Balkanroute bis nach Karlsruhe. „Am Anfang war es sehr schwer. Ich hatte alles im Iran, und hier war alles weg. Mein Geld, meine Wohnung, mein Auto. Ich lebte in einem kleinen Zimmer mit fünf, sechs Personen, das war schwierig für mich“, sagte Fazloula in einem ARD-Interview: „Ich dachte zuerst, dass es das war mit meinem Leben. Saeid, du hast alles verloren.“

Doch bei den Rheinbrüdern Karlsruhe fand er neue Freunde, vor allem eine neue sportliche Heimat. Mit harter Arbeit schaffte er es bis ins deutsche Nationalteam,

will nun ein Sportstudium beginnen. Und dann? Das nächste Ziel hat er sich schon gesetzt: „Ich träume von den Olympischen Spielen in Tokio 2020. Dafür trainiere ich jede freie Minute“, sagt er. (sid)