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Damit Dresden nicht kippt

Dresdner wollen klarmachen, was passiert, wenn die AfD mitregiert, um genau das bei der Wahl 2019 zu verhindern.

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© Marion Doering

Von Andreas Weller

In den vergangenen Tagen kursierte in den sozialen Medien der Slogan „Dresden kippt“. Dahinter verbergen sich rund 20 Dresdner, die einen sozialen und kulturellen Kahlschlag befürchten. „Wir wollen den Menschen verdeutlichen, was passiert, wenn CDU und AfD die Stadtratsmehrheit stellen“, erklärt Mitbegründerin Tina Petzold. Die Dresdner wählen im Mai den neuen Stadtrat. Die Gruppe will eine Plattform schaffen, bei der jeder mitmachen kann, um Schwarzblau zu verhindern.

Konkret befürchtet Petzold unter anderem, dass das Sozialticket abgeschafft, der soziale Wohnungsbau eingestellt, Räume für die Subkultur geschlossen, Wohnungslose verdrängt werden und vieles mehr. „Menschen, die Unterstützung benötigen, bekommen dann noch weniger“, sagt die Frau, die ein Geschäft für Kinderbekleidung hat und in Striesen wohnt. Einiges davon hat die AfD bereits als Ziele für das Wahlprogramm formuliert. Dass sie mit der CDU eine Mehrheit zustande bekäme, sagen die letzten Umfragen. Dresdens CDU-Chef Christian Hartmann schließt eine Kooperation mit der AfD nicht aus. Das würde einen deutlichen Rückschritt für viele Dresdner bedeuten, befürchten die Leute von „Dresden kippt“.

Mit dabei ist auch Kersten Stender. Er studiert Maschinenbau. „Im Wahljahr 2019 wollte ich mich einbringen und bin von Freunden angesprochen worden.“ Von seinen Kommilitonen höre er häufig, dass sie wegen der politischen Entwicklung in Dresden Angst haben und sich unwohl fühlen. „Ich möchte junge Menschen für die Stadtratswahl interessieren, weil ich befürchte, die Auswirkungen von schwarzblauer Politik betreffen vor allem jüngere Menschen“, so Stender.

Es gehe darum, die Dresdner wachzurütteln. „Passt auf, es droht reale Gefahr“, so Grünen-Stadtrat Johannes Lichdi. Er ist einer der Politiker in der Gruppe. Es seien aber Menschen aus sehr unterschiedlichen Bereichen dabei. „Wir wollen eine Debatte in Dresden erreichen, was passiert, wenn CDU und AfD entscheiden“, so Petzold. Sie wisse, dass es schwierig ist, eine Art Negativ-Kampagne hinzubekommen. „Aber für alles andere ist es zu spät. Völkisch, reaktionäre Bestrebungen gibt es schon lange in Dresden. Die AfD sei nur der Ausdruck dessen, dass diese Menschen nun meinen, der Zeitpunkt sei richtig. „Pegida ist der neofaschistische außerparlamentarische Arm“, so Petzold. Jetzt, ein gutes halbes Jahr vor einer aus Sicht der Gruppe entscheidenden Wahl, sei es notwendig, zu reagieren.

Deshalb veranstaltet „Dresden kippt“ an diesem Sonnabend zum Auftakt eine Podiumsdiskussion, 17 Uhr, im Haus an der Kreuzkirche. „Wenn Schwarzblau regiert. Eine Warnung aus Österreich“, lautet der Titel, unter dem der Publizist Michael Bittner und der Soziologe und Sozialarbeiter Jerome Trebing diskutieren. Trebing ist aus Wien, forscht zur rechtsextremen Identitären Bewegung. In Österreich hat die neue Regierung mit der rechtspopulistischen FPÖ durchgesetzt, dass Arbeitgeber Zwölf-Stunden-Tage anordnen können, weitere soziale Einschnitte drohen. Das soll hier verhindert werden, so das Ziel.

Die Veranstaltung soll ein Test sein, wie viele sich bisher von der Initiative im Internet angesprochen fühlen. Am 27. Oktober soll es ein Vernetzungstreffen geben. „Wir haben auch noch einige andere Veranstaltungen geplant“, erklärt Petzold. Einerseits gehe es um Diskussionsrunden, in denen Menschen wie Trebing und Bittner sprechen, die verdeutlichen, was ein Rechtsruck für die Stadt bedeutet. „Vor allem aber geht es darum, dass sich möglichst viele Menschen einbringen und weitertragen, welche konkreten Auswirkungen so eine Politik für die Stadt hätte“, so Petzold.

Es gibt keine Vorgaben oder festgelegte Themen. Aber es sollen die Wahlprogramme von AfD und CDU „auseinandergenommen“ werden. „Es passiert das, was die Leute machen“, sagt Lichdi. Der Auftakt im Internet sei wichtig, und dort wolle man weiter aktiv sein. „Aber die breite Bevölkerung erreicht man nur von Angesicht zu Angesicht“, so Lichdi. „Dresden kippt“ sei eine Chance, Schwarzblau zu verhindern und könne auch Beispiel für andere Städte werden. Bei der Wahl werde entschieden, in was für einer Zukunft die Dresdner leben werden. Zum Auftakt wurde „Dresden kippt“ von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung finanziell unterstützt. Leute, die mitmachen, haben gespendet, und es sollen weiter Spenden gesammelt werden.

dresdenkippt.de