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Chaos vor Prozess gegen Asylbewerber

Ein vorbestrafter Iraker aus Klingenberg erscheint nicht vor Gericht. Es gab Probleme mit der Ladung. Das ist kein Einzelfall.

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© Egbert Kamprath

Von Stephan Klingbeil

Klingenberg. Wie schon vor wenigen Wochen ist auch an diesem Dienstag erneut am Amtsgericht in Dippoldiswalde ein Prozess gegen einen Asylbewerber aus der Gemeinschaftsunterkunft in Klingenberg geplatzt.

Vor dem dortigen Jugendschöffengericht sollte sich eigentlich ein mehrfach vorbestrafter Iraker verantworten. Sieben Anklagepunkte werden dem jungen Mann jetzt zur Last gelegt.

Unter anderem habe der Asylbewerber 2017 im Klingenberger Heim randaliert, dort auch einen Wachmann geschlagen und er habe versucht, Polizisten eine Heimtreppe herunter zu schubsen. Außerdem soll der junge Mann in der S-Bahn zwischen Dresden und Klingenberg einen anderen Passagier gebissen haben. Der Mann, zu dessen Alter es verschiedene Angaben gibt, könnte laut einem gerichtlichen Gutachten zwischen 20 und 24 Jahre sein. Beides sei möglich, er könnte also zur jeweiligen Tatzeit noch ein Heranwachsender gewesen sein. Daher sei das Jugendschöffengericht auch tatsächlich bei ihm zuständig.

Doch der Prozess gegen ihn musste nun vertagt werden. Der Iraker fehlte unentschuldigt. Polizisten fuhren noch zu der Unterkunft, wo sie den Angeklagten aber nicht antrafen. Keiner konnte den Beamten sagen, wo der Mann sei.

Vor Ort hieß es, der Gesuchte sei womöglich in Dresden, wo er sich öfter aufhielte. Es sei nicht ungewöhnlich, dass sich Bewohner mal länger nicht in der Unterkunft blicken lassen. Einen Ansprechpartner bei der Heimleitung gab es laut Gericht nicht.

Doch hatte der Iraker überhaupt seine Prozessladung erhalten? Der Vorsitzende Richter Xaver Seitz hat da seine Zweifel.

Denn der Zustelldienst habe die Ladung im Juni nicht bei der Heimleitung abgegeben, wie es eigentlich vorgesehen sei, wenn ein angeklagter Bewohner nicht vor Ort sei. Stattdessen wurde der Brief im Verteilzentrum im Dippoldiswalder Ortsteil Reinholdshain hinterlegt. Dort könnte sich der Asylbewerber die nicht zustellbare Post abholen. Offenbar komme es immer wieder zu diesem Prozedere. „Ich kann diese Praxis aber nicht gutheißen“, ärgert sich Richter Seitz. „Das sollte sich ändern.“ Briefe des Gerichts müssten doch zumindest in der Nähe abgegeben werden, wo die zu ladenden Asylbewerber registriert seien.

Da derzeit unklar ist, ob der Angeklagte seine Ladung überhaupt bekommen hat, könne er auch keinem Sitzungshaftbefehl zustimmen, erklärt der Richter. Das wäre rechtswidrig. Wann gegen den jungen Iraker verhandelt wird, sei offen. Dem jungen Mann, droht bei einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe.

Erst vor rund acht Monaten hatte er sich am Amtsgericht Dippoldiswalde verantworten müssen. Wegen Fahrraddiebstahls, gefährlicher Körperverletzung sowie versuchter Nötigung eines Flüchtlingshelfers, wurde der Angeklagte damals zu insgesamt 100 gemeinnützigen Arbeitsstunden verurteilt – laut dem Vorsitzenden Richter sei das eine übliche Strafe wegen solcher Vorwürfe – im Jugendstrafrecht.