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Chance mit Hindernis

Unitedprint Radebeul hat drei afghanische Flüchtlinge eingestellt. Die Wohnungssuche startet mit einem Schock.

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© Arvid Müller

Von Ines Scholze-Luft

Coswig/Radebeul. Erwartungsvoll sitzen drei junge Männer in weißen Shirts in einem Raum über der Druckmaschinenhalle des Radebeuler Unternehmens Unitedprint. Kurze Schichtpause. Denn sie wollen berichten, wie sie hierher in die Onlinedruckerei gekommen sind und weshalb überhaupt nach Deutschland.

Mahdi Askari, 21, Zabih Shams, 23, und und Mortaza Hosseini, 21, stammen aus Afghanistan. Sind vor etwa drei Jahren von dort geflüchtet. Vorm Krieg, der Angehörige das Leben gekostet hat, Zabihs Vater stirbt bei einem Anschlag. Bomben und Kugelhagel treiben die Familien aus der Heimat, auch ins Nachbarland Iran. Der sehnlichste Wunsch der drei: Frieden und keine Angst mehr, stattdessen normale Zustände mit Regeln und funktionierendem System.

Das haben sie in Deutschland gefunden, deshalb gefällt es ihnen hier, sagt Mahdi, der die beiden anderen in Lauchhammer kennengelernt hat. Dort wohnen sie im Heim, begegnen sich bei Deutschkurs und Praktikum. Haben eine gemeinsame Betreuerin, Carola Werner. Sie würde ihre Schützlinge gern in ordentlicher Arbeit sehen. Als sie in der SZ vom Bewerbertag für Gefüchtete bei Unitedprint liest, kontaktiert sie das Unternehmen. Die drei stellen sich vor, werden eingestellt, als Maschinenhelfer, sagt Romy Kahnt, Teamleiterin im Personal.

Allerdings kommt ein unerwartetes Hindernis dazwischen. Damit sie den betrieblichen Schichtrhythmus einhalten können, brauchen sie eine Wohnung in Betriebsnähe. Momentan besteht eine Ausnahmeregelung, zum Schichtbeginn 6 Uhr können es die drei aus Lauchhammer nicht schaffen. Auch so fahren sie täglich 5 Uhr mit dem Rad los, 25 Minuten zum Zug.

Die Wohnungssuche beginnt mit einem Fiasko. Bei der WGC werden Afghanen und Betreuer durch einen Mitarbeiter sehr schroff abgewiesen, sagt Vorstand Holm Winkler. Der will das nicht recht glauben, versucht es selber. Und bekommt ebenfalls zur Antwort, man wolle diese Menschen nicht. Das Gleiche sei schon mit neu eingestellten Spaniern passiert. Selbst das Angebot, dass Unitedprint die Wohnung mieten, so für wirtschaftliche Sicherheit sorgen würde, sei abgelehnt worden. Die Entgegnung auf Winklers Einwurf, dass man das als rassistisch werten könnte: Das sei egal. Eine Begründung gab es nicht. Auch nicht auf Anfrage der SZ.

Die jungen Afghanen wollen unbedingt Arbeit. Nicht nur, weil sie in Lauchhammer immer wieder angesprochen werden, weshalb sie das nicht tun und stattdessen von Sozialleistungen leben. Sie wollen weiterkommen, dazugehören. Aber Jobs sind Mangelware in der Region rund ums Heim. Noch einen Nachteil gibt es: Trotz Deutschunterricht beherrschen sie die Sprache kaum, auch lässt die Ausbildung in Afghanistan keine großen Sprünge zu. Nach der Schule waren sie als Ungelernte tätig. In Landwirtschaft, Bau, Busunternehmen.

Nun aber atmen sie auf. Seit drei Wochen bei Unitedprint, sehen sie eine große Chance. Vielleicht sogar für eine günstige Entscheidung zu ihrem nächsten Asylantrag, der erste wurde abgelehnt. In der Druckerei arbeiten sie jetzt als Maschinenhelfer. Derzeit in der Druckweiterverarbeitung, am Falzplatz, wo sie auch polnische Kollegen haben. Vor allem mit ihrem Deutsch müssen die drei weiterkommen, sagt Personalvorstand Holm Winkler. Unitedprint beschäftigt extra eine Deutschlehrerin, auch externe Kurse sind möglich. Immerhin sind 26 Flüchtlinge im Unternehmen, bei 690 Mitarbeitern insgesamt.

Außerdem legt das Unternehmen Wert auf innerbetriebliche Qualifizierung, so zum Maschinenführer. Was zwar nicht dem Abschluss der dualen Lehrausbildung entspricht, dem Weitergebildeten aber nicht zuletzt in anderen Firmen bessere Aussichten eröffnen kann.

Wir wollen zur Integration Geflüchteter beitragen, materiell und psychisch, aus ganz praktischen Gründen, das wird auch vom Inhaber unterstützt, erklärt Holm Winkler. Und dass sich die Geflüchteten wohl fühlen in der Firma. Auch die drei neu eingestellten Afghanen sollen das erleben. Unitedprint wendet sich an einen anderen großen Coswiger Vermieter. Die WBV hilft. Sie bietet eine Wohnung auf der Dresdner Straße an, sagt WBV-Geschäftsführerin Pia Engel. Die Besichtigung erfolgt demnächst.