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Buntes Kinderland in alter Schule

Mit der in Weinhübel neu eröffneten Kita „Kleine Weltenentdecker“ soll sich die Lage in der Stadt nun entspannen.

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© Nikolai Schmidt

Von Daniela Pfeiffer

Görlitz. Ein paar Regenjacken und Gummistiefel, dazu die Namen auf der Wechselsachen-Box. Das ist am Montagmittag alles, was von Kindern zu sehen ist. Und doch ist die neue Kindertagesstätte in Weinhübel schon in Betrieb. Als 13. städtische Einrichtung und aus der Not heraus geboren, weil es Kapazitätsprobleme gab und die Wartelisten auf einen Kita-Platz immer länger wurden. Platz gibt es in der ehemaligen Schule in der Erich-Weinert-Straße nun reichlich. Nicht nur, weil erst mit einer kleineren Anzahl Kinder gestartet wurde, sondern weil nahezu das komplette Erdgeschoss inklusive beider Seitenflügel zur Verfügung steht. Ideal, wie die neue Kita-Leiterin Katharina Wache findet. Mit ihrem offenen Konzept hat sich die vierfache Mutter durchgesetzt. Das sei so eigentlich gar nicht vorgesehen gewesen, sagt Martin Kulke, Sachgebietsleiter Kindertagesstätten. Doch mit ihrem Konzept habe Frau Wache überzeugt. Auch den Namen „Kleine Weltenentdecker“ durfte sich die 32-Jährige selbst ausdenken.

Das Atelier in der neuen Kita ist einer von vielen thematisch angelegten Räumen. Es soll bald allen 90Kindern zur Verfügung stehen, die jetzt schrittweise aufgenommen werden. Das Team freut sich darauf – und wird sich noch auf zehn Erzieher vergrößern.
Das Atelier in der neuen Kita ist einer von vielen thematisch angelegten Räumen. Es soll bald allen 90Kindern zur Verfügung stehen, die jetzt schrittweise aufgenommen werden. Das Team freut sich darauf – und wird sich noch auf zehn Erzieher vergrößern. © Nikolai Schmidt
Das Atelier in der neuen Kita ist einer von vielen thematisch angelegten Räumen. Es soll bald allen 90Kindern zur Verfügung stehen, die jetzt schrittweise aufgenommen werden. Das Team freut sich darauf – und wird sich noch auf zehn Erzieher vergrößern.
Das Atelier in der neuen Kita ist einer von vielen thematisch angelegten Räumen. Es soll bald allen 90Kindern zur Verfügung stehen, die jetzt schrittweise aufgenommen werden. Das Team freut sich darauf – und wird sich noch auf zehn Erzieher vergrößern. © Nikolai Schmidt

Mit Weltenentdecker verspricht sie Kindern und Eltern nicht zu viel. Schon aus Erwachsenenperspektive sind es Dutzende Räume, die es zu besichtigen gibt. Wie müssen da erst Kinder begeistert sein, wenn sie Atelier, Kinderbibliothek, Bauland, Rollenspielraum, Forscherlabor oder Kinder-Restaurant entdecken. Obgleich wohl bei den meisten Kleinen zunächst die erste Scheu verfliegen müssen wird. Um das behutsam zu machen, sollen nicht alle 90 Plätze sofort belegt werden. Voll wird es wohl Anfang 2019 sein, dann sind auch alle zehn Erzieher da. Fünf sind es aktuell. „Wir sind mit den ersten zwölf Kindern gestartet“, sagt Katharina Wache. Zwei Wochen bekommen sie Zeit für eine stufenweise Eingewöhnung, es beginnt mit einer Stunde, dann zwei Stunden und so weiter. Deshalb sind die Kinder beim SZ-Besuch am Mittag auch schon wieder daheim. Es sind zunächst vor allem kleinere Kinder, meist um die drei Jahre alt. Sie kommen von der Tagesmutter oder direkt von daheim. Jüngere werden die neue Kita nicht besuchen, denn sie ist nicht als Krippe ausgelegt.

Dafür ist die frühere Schule im letzten halben Jahr auf Vordermann gebracht worden. Zwar war sie bereits Ausweichquartier für zwei städtische Kindereinrichtungen während deren Sanierung. Doch war der Zustand nicht der beste, ein gewisser DDR-Charme vor allem auf den Toiletten war noch da. Das ist jetzt zwar auch noch der Fall, zum Beispiel in der alten Schulküche, die jetzt auch die Kita-Ausgabeküche ist. Aber hier wie im gesamten Erdgeschoss wurde vieles erneuert. Von den Toiletten angefangen, die neu gefliest wurden, kinderhohe Waschbecken und Toiletten erhielten, über neue Fußböden und frisch gemalerte Wände bis hin zum Einbau von neuem Sonnenschutz und Rauchschutztüren. Etwa 100 000 Euro kosteten die Umbauten, 450 000 Euro die komplette Maßnahme – inklusive Personalkosten. Das Geld kommt aus dem städtischen Haushalt. 200 000 Euro gab es zum einen für die Ausstattung der Räume. Dafür wurden unter anderem Zeichenmaterialien, Mikroskope, Bausteine, Bücher, Puppenwagen, Musikinstrumente oder Schlafmatten gekauft. Draußen soll zum anderen der ehemalige Schulhof noch zu einem Spielplatz umgestaltet werden – mit Rollerstrecke, Sandkasten, Malmöglichkeiten, Balancierpfad, Hochbeeten und mehr Wiese als jetzt. Eigentlich sollte das alles schon fertig sein, doch es wird immer noch nach einer Baufirma gesucht. Nun wird es eine zweite Ausschreibung geben.

Laut Martin Kulke entspannt die neue Einrichtung die dramatische Lage bei den Kita-Plätzen in Görlitz. Die ersten, die ihre Kinder nun bringen dürfen, seien die dringendsten Fälle gewesen. Eltern, die schon nicht mehr daran geglaubt hätten, noch einen Platz zu finden und die jetzt erleichtert seien, selbst, wenn sie dafür einen längeren Weg in Kauf nehmen müssen. Denn sie kommen aus dem gesamten Stadtgebiet.

Auch für Kulke selbst, der seinen Posten seit einem Jahr bekleidet, ist es ein Erfolgserlebnis. Es sei sein erstes größeres Projekt. Ausgerechnet aus der Schule, die er selbst als Kind besuchte, jetzt eine neue Kita wachsen zu sehen, habe ihn gefreut. „Wir wissen genau um die Probleme in der Stadt“, sagt der 34-Jährige. Die Kita-Situation sei umfassend analysiert worden. Deshalb seien die für Weinhübel vorgesehenen 90 Plätze auch keine Zufallsnummer, sondern genau geplant. Erstmal für vier Jahre soll die Kita laufen, die übrigens kein Ersatz für die Kita Arndtstraße ist. Für diese wiederum sei nun damit zu rechnen, dass die Ende 2019 auslaufende Betriebserlaubnis bis Ende 2022 verlängert wird. Dafür nötige Dinge wie Brandschutz wurden verbessert, so Martin Kulke. Das Thema Asbest steht noch im Raum, spiele aber für die Betriebserlaubnis keine Rolle.

Entspannung also beim Kampf um Kita-Plätze und doch könnten es noch mehr sein. Denn noch immer gibt es keinen Konsens zur von der Diakonie vorgeschlagenen Zusammenlegung ihrer beiden Kitas in Biesnitz, die mit einer Erhöhung der Kapazität einher ginge. Alle drei Varianten, die die Diakonie der Stadt dafür bislang vorgeschlagen hat, wurden abgelehnt. „Wir stehen wieder ganz am Anfang, obwohl wir geplant hatten, jetzt fertig zu sein und loszulegen“, sagt Mandy Köhler, Vorstand der Stiftung Diakonie Görlitz-Hoyerswerda. Knackpunkt in den Debatten mit der Stadt sind die Kosten. Dabei würde die Diakonie sogar in Vorkasse gehen und eine über einen langen Zeitraum angelegte Refinanzierung anbieten. „Wir haben vollstes Verständnis für die Zwänge der Stadt. Aber vor dem Hintergrund der Absagen an uns, empfinden wir die Neueröffnung in Weinhübel als komisches Signal, das bei Eltern und manchem freien Träger mit Verwunderung gesehen wird.“