Merken

Bücher ziehen um

Oberschüler sorgen für einen schnellen Transport. Anfang Januar erwartet die Bibliothek ihre Besucher im neuen Domizil.

Teilen
Folgen
NEU!
© Matthias Schumann

Von Ines Scholze-Luft

Weinböhla. Was machen denn die vielen jungen Leute hier? Fragende Blicke aus den Fahrzeugen, die Dienstagvormittag das Weinböhlaer Zentrum passieren. Und vor allem eins sehen: Eine Menschenkette zwischen Zentralgasthof und Kirchplatz Nummer 5, dem bisherigen Standort der Bibliothek. Die nach 20 Jahren umzieht, in ihre künftigen Räume in der zweiten Etage des Zentralgasthofs, über den Arztpraxen.

Seit Februar werden das zweite und das dritte Stockwerk des imposanten Gasthofbaus gegenüber der Kirche saniert. Nun ist, noch vor der Erwachsenen-, die Kinder- und Jugendbibliothek soweit. 86 Quadratmeter groß. Mit hoher Decke, tollem Blick zum Kirchplatz, neuen Regalen. Vor denen sich zum Büchereinordnen gerade Bibliothekschefin Delia Schmidt und Ex-Bibo-Leiterin Margit Rackwitz postieren. Letztere als ehrenamtliche Umzugshelferin. Wie 170 Schülerinnen und Schüler der achten und neunten Klassen der Oberschule Weinböhla. Die die 152 Meter lange Transportstrecke überbrücken wollen. Damit 60 Regalmeter Bücher sicher bei Delia Schmidt ankommen. Alles generalstabsmäßig vorbereitet, durchgerechnet, durchgespielt.

Luna Fischer aus der 8a weiß das genau, hat sie doch alles mit vorbereitet. Mit der 14-köpfigen Planungsgruppe aus der 9c, dem WTH-Kurs von Heike Rudolf. Die Lehrerin brachte die Idee zu der Projektaktion von einer Urlaubsreise ins Baltikum mit. Da hatte sie erfahren, dass Studenten den Umzug der Nationalbibliothek Riga auf solche Weise bewältigten, mit einem Heidengaudi. Ja, wenn sich sowas mal daheim ergeben würde?! Es ergab sich. Die Schüler können so nicht nur was für ihr Image tun, sagt Heike Rudolf. Wie Bibochefin Schmidt hofft auch sie auf eine engere Verbindung der Jugendlichen zur Bibliothek. Und dass ihnen die ganze Sache Spaß macht.

Was es offensichtlich tut. Denn ob sie auf den noch mit Holz geschützten Treppenstufen im Inneren stehen oder draußen vorm Zentralgasthof, ob sie in der Alt-Bibliothek Bücher und Co. mit verpacken oder als Springer die entleerten Plastiktüten und -körbe zum Neubefüllen zurückbringen – die Stimmung der Acht- und Neuntklässler ist gut, trotz Nieselregens und Kälte. Ja, ein bissel frisch ist es den Mädchen der 8d, die nahe des Zentraler-Eingangs stehen. Aber: Es macht Spaß, ist lustig, sagt Anna. Sowas könnten wir öfter machen, erklärt Angelina. Besser als Schule, ergänzt Anna-Lena und schmunzelt.

Die ersten Regale sind gefüllt. Sachbücher machen den Anfang. Bibochefin und Helfer haben alle Hände voll zu tun. Auch die Lehrer in Warnweste sind gefragt, wachen darüber, dass ihren Schützlingen nichts passiert beim Überqueren der Straße. Gesperrt werden konnte sie nicht, sagt Heike Rudolf. Ein Dank der Schulleitung für Unterstützung und Risikofreude.

Seit 10.30 Uhr reißt der Bücherstrom nicht ab. Heike Rudolf ist froh, dass es nicht noch mehr tropft von oben. Auch wenn die Tüten mit der Aufschrift Faszination Elbland das Transportierte gut abdecken. Nun werden sogar noch die beiden Gänse am Dorfteich unruhig. So viel Bewegung auf einmal ist hier nicht oft. Hinterm Gasthof dreht sich derweil ein großer gelber Mentner-Kran. Er hebt eine Spiraltreppe für den äußeren Rettungsweg ein.

Auch sonst ist noch bisschen was zu tun im Zentralgasthof vorm Abschluss des etwa eine Million Euro teueren Sanierungsvorhabens. Wir liegen fast im Plan, sagt Christoph Krzikalla vom Bauamt Weinböhla. Nennt etwa einen Monat Verzug durch Probleme beim Bauen im Bestand. Das Parkett muss jetzt fertig werden, Feinmontagen bei der technischen Gebäudeausrüstung sind noch nötig, so für die Klimaanlage.

Die Schüler haben es geschafft. Beim Mittagsläuten verlassen sie den Kirchplatz. Etwa 3 500 Bücher sind an Ort und Stelle. Ein weiterer Schritt, damit die Bibliothek Anfang Januar wieder öffnen kann.