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„Brustkrebs ist oft ein Thema im Dessousladen“

Die Inhaberin von Calotta beschäftigt sich mit einer gefürchteten Krankheit. Warum, erzählt sie im SZ-Gespräch.

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© Sebastian Schultz

Frau Abraham, Dessouskauf und Brustkrebs – das klingt einerseits naheliegend. Aber andererseits: Wer will sich beim Shoppen schon mit Krankheiten beschäftigen?

Wahrscheinlich kaum jemand. Aber ich finde, dass sich jede Frau damit auseinandersetzen muss. Natürlich ist es ein unangenehmes Thema. Aber ich fühle da von Frau zu Frau eine Art Verantwortung, eine Solidarität. Um das Thema kommen wir im Verkauf ohnehin nicht herum.

Wieso?

Wir arbeiten ja quasi direkt an der Brust. Die Frauen haben schon eine Hürde überwunden, wenn sie nackt vor uns in der Kabine stehen. Danach hat man schnell eine ungezwungene Atmosphäre erreicht. Vielleicht fällt es vielen Frauen bei uns sogar leichter, über Krankheiten oder der Angst davor zu sprechen, als beim Arzt. Denn wer geht schon gern zum Arzt? Brustkrebs ist oft ein Thema in unserem Laden – auch wenn wir gerade nicht verstärkt für die Organisation Pink Ribbon werben, die versucht, über die Risiken aufzuklären. Die Anzahl der Diagnosen steigt.

Hängt das nicht auch damit zusammen, dass mehr Frauen zur Vorsorge gehen als, sagen wir, vor 20 Jahren?

Mein Eindruck ist eher, dass viel zu wenig Frauen sich um die Vorsorge bemühen. Erst heute war wieder eine Kundin im Laden, die sagte, sie gehe nicht mehr zum Frauenarzt.

Fangen Sie dann an zu diskutieren?

Nein, aber ich sage den Frauen, dass sie sich wenigstens monatlich selbst abtasten sollen. Dafür gibt es auch eine Anleitung, die ich gern mitgebe. Ein Bodypainter hat Boxweltmeisterin Regina Halmich dafür angemalt. Das sieht auch toll aus.

Ist es nicht zu spät, wenn man den Knoten schon fühlen kann?

Nein. Die Diagnose Brustkrebs ist ja nicht mehr zwangsläufig ein Todesurteil. Man entwickelt mit der Zeit ein Gefühl für den eigenen Körper. So registriert man kleinste Veränderungen sofort. Sich abzutasten, sollte einfach zum Ritual werden. Aber ich glaube, dass viele Frauen Schwierigkeiten damit haben.

Warum?

Es gibt Frauen, die finden sich schön, wenn sie nackt vor dem Spiegel stehen. Aber das sind die wenigsten. Die meisten haben irgendetwas an sich auszusetzen und beschäftigen sich daher auch nicht so gern mit ihrem eigenen Körper. Aber da müssen wir mehr Selbstvertrauen entwickeln und unser Körpergefühl schärfen.

Hatten Sie nicht den Gedanken, dass sich die Aktion geschäftsschädigend auswirken könnte?

Doch, ein bisschen schon. Wahrscheinlich ist das auch der Grund dafür, dass sich von rund 1 000 Dessousgeschäften in Deutschland nur 25 Läden an der Aktion von Pink Ribbon beteiligen. Aber ich glaube nicht, dass sich das längerfristig finanziell auswirkt. Vielleicht kommen ein paar Frauen, die das Thema meiden, in der Zeit, in der wir verstärkt auf die Risiken von Brustkrebs aufmerksam machen, nicht zu uns. Aber selbst wenn: Das ist es mir wert. Jegliche Aufmerksamkeit, die das Thema bekommt, ist gut.

Woher kommt der Eifer gegen den Brustkrebs?

Brustkrebs ist die gefährlichste und häufigste Krebsart bei Frauen. Jede achte Frau erkrankt laut Weltgesundheitsorganisation daran. Männer kann es übrigens auch treffen. Wenn man sich mal umhört, kennt jeder Menschen, die an Brustkrebs erkrankt sind – sei es in der Familie oder im Freundeskreis. Dabei gibt es ja auch eine hoffnungsvolle Nachricht.

Welche?

Zeitig erkannt sind die Chancen auf Genesung so gut wie bei kaum einer anderen Krebsart. Ich sage bewusst Genesung, denn heilen kann Krebs niemand.

Anstatt den dritten Geburtstag ihres Ladens zu feiern, veranstaltet Calotta-Inhaberin Sandra Abraham am Freitag, 29. September, von 17 bis 21 Uhr (Hauptstraße 38) einen Charity-Abend. Um 18 Uhr liest die von Brustkrebs betroffene Schriftstellerin Evelyn Kühne aus ihrem Buch „Viertel Kraft voraus“. Aktuell läuft die Kampagne „hinfühlen statt wegsehen“. Spenden, die zusammenkommen, fließen an die Organisation Pink Ribbon.

Das Gespräch führte Britta Veltzke.