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Brotzeit startet in Priestewitz

Der Verein von Schauspielerin Uschi Glas engagiert sich an der Schule für Erziehungshilfe. Die Kinder sind begeistert.

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© Kristin Richter

Von Catharina Karlshaus

Priestewitz. Tim und Max sind die Ersten am Buffet. Aufmerksam betrachten sie all das, was ihnen seit diesem Mittwoch nun immer an jedem Schultag kredenzt werden wird: frisches Brot und Toast, Wurst und Käse, Obst und Gemüse, Marmelade und Müsli. „Das schmeckt lecker“, sagt Tim kauend und steckt sich noch eine Scheibe grüne Gurke in den Mund. Es ist Tag eins der kostenlosen Frühstücksversorgung an der Priestewitzer Schule für Erziehungshilfe, welche vom Verein Brotzeit initiiert und organisiert wird. Vom Freistaat Sachsen bis zu 90 Prozent gefördert, sollen Kinder aus einem schwierigen sozialen Umfeld zu ausgewogener Ernährung erzogen werden und dabei noch eine gehörige Portion emotionale Zuwendung erfahren.

Und tatsächlich: Das Konzept des Vereins – vor gut zehn Jahren von Schauspielerin Uschi Glas und ihrem Mann, Unternehmensberater Dieter Herrmann entwickelt– funktioniert auf Anhieb. Beinah andächtig betrachten die gut 60 Mädchen und Jungen das liebevoll aufgetischte Frühstück. Bereits seit sieben Uhr haben zwei gute Geister, unübersehbar mit der roten Brotzeit-Schürze bekleidet, daran gewerkelt. Freundlich ausschauende ältere Damen, die gewissermaßen das Rückgrat des morgendlichen Rituals sein werden. Helfende Senioren, die auf ehrenamtlicher Basis das Frühstücksbuffet vorbereiten, nach dem Essen alles wieder in den Kühlschränken verstauen und darüber hinaus mit den Kindern schwatzen, lachen und ihnen das Gefühl geben, da ist jemand wirklich an ihnen interessiert. „Ich habe davon in der Zeitung gelesen und war gleich begeistert. Über das Konzept des Vereins hatte ich schon einmal in einer Fernsehsendung etwas erfahren und finde es gut“, verrät Petra Härtel. Die 64-jährige Zschauitzerin ist erst seit August im Rentenstand und habe sich gern bereiterklärt, im Interesse der Kinder etwas zu tun.

Gemeinsam mit Wallburga Braun-Beier aus Medessen macht sie das an diesem Morgen so, als legen schon mehrere Brotzeit-Frühstücke hinter ihnen. „Ein kleiner Junge sagte zu mir, wie sehr es ihm geschmeckt hat und das wir uns ja wiedersehen werden“, freut sich Wallburga Braun-Beier. Der 70-jährigen ist es nach eigenem Bekunden ein großes Bedürfnis, die Frühstücksaktion zu unterstützen. Einst selbst als Lehrerin für Deutsch und Werken tätig, ist ihr der Zugang zu den Kindern nicht fremd. Ganz im Gegenteil. Beherzt hilft sie ihnen beim Aufladen auf den Teller, erklärt geduldig, was sich in den Vorratsbehältern befindet und ermuntert die Kleinen und Großen zum nochmaligen Zugreifen.

Das Besondere: Im Speiseraum der Schule, an der Mädchen und Jungen mit Aufmerksamkeitsdefiziten, einer Lese- oder Rechenschwäche ebenso lernen wie Autisten, Mutisten, misshandelte und sexuell missbrauchte Kinder, ist nur das Klappern des Geschirrs zu hören. Ruhig sitzen die Schüler da, unterhalten sich leise und unaufgeregt. Ein harmonisches Bild wie aus dem Brotzeit-Katalog. Eines, das auch die Pädagogen der Einrichtung bewegt. „Schauen Sie einfach in die Augen der Kinder! Die genießen das wirklich“, freut sich Erzieherin Silvia Weber.

Emotionen, die sie mit der Leiterin der Schule verbindet. Lächelnd steht Silke Gaida mit Projektkoordinatorin Isabell Kochale in einer Ecke und schaut auf die entspannt am Tisch sitzenden Kinder. Einige von ihnen kämen ohne Frühstück in die Schule. Sie hätten augenscheinlich Hunger, weil es offenbar auch zu Hause noch nichts gegeben hat. „Zudem wird es eine große Bereicherung sein, wenn die Schüler von den Senioren, die das Frühstück gestalten, Zuwendung erfahren. Gemeinsam zusammensitzen, eine Mahlzeit von Angesicht zu Angesicht einnehmen, dabei erzählen und sich austauschen – das kennen ganz viele der Kinder gar nicht“, weiß Silke Gaida. Dass die Schule am Projekt teilnehmen könne, sei wirklich ein Hauptgewinn. Einer, der sich bereits am ersten Tag ausgezahlt hat. „Es ist eine schöne Atmosphäre gewesen und die Kinder waren glücklich.“

Senioren, die den Kindern aus Priestewitz Zeit schenken möchten, können sich bei Isabel Kochale unter 0176 43567051 oder unter dieser E-Mail-Adresse wenden.