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Braucht Dresden einen Nachtbürgermeister?

Mannheim hat einen Vermittler zwischen Clubbetreibern und Anwohnern eingestellt. Die Forderung gibt es auch hier.

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© Sven Ellger

Von Sarah Herrmann

Die Fronten sind verhärtet: Während Clubbesitzer ihre Besucher mit Musik begeistern wollen, pochen Anwohner auf ihren Schlaf. Dieser Konflikt hat im vergangenen Jahr sogar zur Schließung zweier Neustadt-Institutionen geführt. Weder das „Stilbruch“ von der Böhmischen Straße noch das „Sabotage“ von der Bautzner Straße haben bisher einen neuen Standort gefunden. Vorschläge, das Clubsterben zu verhindern, hat Anfang des Jahres Magnus Hecht unterbreitet. Er ist nicht nur Vorstand des Dresdner Kulturzentrums Scheune, sondern auch Mitbegründer von „Livekomm“, des Verbands der Musikspielstätten in Deutschland. Eine seiner Ideen wird nun umgesetzt – allerdings in einer anderen Stadt.

So hat Mannheim am Mittwoch einen „Night Mayor“ – zu deutsch: Nachtbürgermeister – sein Amt angetreten. Der 27-jährige Hendrik Meier soll nun in den Abend- und Nachtstunden in der Stadt unterwegs sein. Sein Auftrag: Zwischen Stadtverwaltung, Club- und Barbetreibern, Anwohnern sowie Feiernden zu vermitteln. „Der Night Mayor ist eine Stärkung der Nachtkultur und Nachtökonomie. Es geht um eine bessere Vernetzung mit der Stadtverwaltung und um Synergien. Dass Mannheim Pionier ist mit dem ersten Night Mayor in Deutschland, ist auch als Unesco City of Music naheliegend“, erklärt Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD). Die Resonanz auf die Initiative habe gezeigt, dass es in Mannheim eine Schnittstelle zwischen Nachtkultur, Stadtverwaltung und allen weiteren Beteiligten braucht, meint auch der Leiter der Kulturellen Stadtentwicklung Mannheim, Matthias Rauch.

Europaweit gibt es allerdings schon einige andere Städte, die einen Nachtbürgermeister beschäftigen. Dort habe man durchweg positive Erfahrungen gemacht, heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt Mannheim. Weniger Beschwerden seien die Folge gewesen. „Ein Night Mayor ist nicht nur ein Aushängeschild und Sprachrohr, er ermöglicht einer zukunftsorientierten Stadt eine nachhaltige Struktur in Bezug auf Nachtkultur und -ökonomie.“ Auch ein Modell für Dresden?

Bereits vor fünf Monaten hatte Magnus Hecht den Vorschlag in einem Gespräch mit der SZ gemacht. Aus seiner Sicht braucht es eine solche Stelle in der Stadt. Denn die Beschwerden über Ruhestörungen durch gastronomische Betriebe nehmen zu. Waren es 2015 nur 42 Beschwerden, schnellte die Zahl nur ein Jahr später auf fast 80 hoch.

Auf den Vorschlag angesprochen, verwies die Stadtverwaltung noch im Februar allerdings auf das Umweltamt. Das nehme bereits eine gewisse Vermittlerrolle zwischen Club- und Barbetreibern sowie Anwohnern ein, teilte Stadtsprecherin Diana Petters im Auftrag des Umwelt- und des Stadtplanungsamtes mit. Sie räumte aber auch ein: „Im Zweifel sind die gesetzlichen Regelungen durchzusetzen.“ Die besagen: In Wohngebieten dürfen ab 22 Uhr maximal 40 Dezibel herrschen, in Misch- sowie urbanen Gebieten liegen die Grenzen bei 45 Dezibel. Zum Vergleich: Ein Flüstern hat 30, ein älterer Kühlschrank kann sogar auf 50 Dezibel kommen. Mit diesen Festsetzungen habe der Bund bereits einen Interessenausgleich zwischen Lärmverursacher und Betroffenen vorgenommen, schätzt Petters ein.

Zudem gibt es seit vergangenem Jahr eine sogenannte Neustadt-Kümmerin. In den ersten Monaten musste Manuela Möser Kontakte aufbauen. Einzelne Projekte wurden aber bereits umgesetzt. Allerdings haben diese bislang noch nichts mit dem Konflikt zu tun, den ein Nachtbürgermeister in den Griff bekommen soll. Für 2018 hat die Kümmerin sich allerdings vorgenommen, zumindest an die Feiernden heranzutreten und für mehr Rücksichtnahme zu werben.

Braucht es da einen Nachtbürgermeister überhaupt? Will Dresden in den Austausch mit Mannheim treten? Dies zu beantworten, sieht sich die Stadtverwaltung nicht in der Lage. „Die Berichterstattung über den Nachbürgermeister ist ja relativ aktuell“, teilt Stadtsprecher Karl Schuricht auf SZ-Anfrage mit. „Es wird jetzt keinen Mitarbeiter geben, der sich bereits mit dem Thema ernsthaft beschäftigt hat.“ Vielleicht könne die Verwaltung sich Mitte August dazu äußern, wenn Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) und andere Entscheidungsträger aus dem Urlaub zurück sind.