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Brandanschlag schockiert das Dorf

Der Brand in dem Gebäude wurde offenbar vorsätzlich gelegt. Die Ermittler untersuchen mehrere Molotowcocktails.

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© Dietmar Thomas

Von Verena Toth und Sylvia Jentzsch

Saalbach. Ein lautes Krachen von berstendem Schiefer und kurz darauf Sirenengeheul hat die Einwohner des beschaulichen Dörfchens Saalbach Montagnacht mitten aus dem Schlaf gerissen. „Wir haben alle schon fest geschlafen, als plötzlich die vielen Feuerwehren an unserem Haus vorbeifuhren“, berichten Bernd Seidel, Tochter Mandy und ihr Lebenspartner Stavros Geigenberger. Die Familie, die nur wenige Schritte entfernt von dem Brandhaus wohnt, beobachtet vom Balkon aus das Geschehen. „Wir haben den hellen Schein und die Rauchschwaden gesehen. Da ging der Puls schon auf 180, so etwas habe ich noch nie erlebt“, beschreibt Stavros Geigenberger, der zu Besuch in Saalbach ist.

Unterdessen ist Brandursachenermittler Stephan mit der genauen Untersuchung und Dokumentation des Brandortes beschäftigt. Neben dem vollkommen niedergebrannten Gebäude hat es offenbar vor dem Haus gegenüber auch einen versuchten Anschlag auf einen abgestellten Transporter gegeben. Der Kriminaltechniker nimmt mehrere vorgefundene Brandflaschen, sogenannte Molotowcocktails, ganz genau unter die Lupe. Mit einem speziellen Messgerät, einem Photoionisationsdetektor, werden Ionen und Gase gemessen, die darauf hinweisen, ob ein Brandbeschleuniger verwendet worden ist. Die Pressestelle der Polizeidirektion Chemnitz bestätigt unterdessen: „Im Rahmen der Begutachtung des Gebäudes durch Brandursachenermittler wurden an mehreren Stellen Spuren von Brandbeschleunigern gefunden.“ Anzunehmen sei, dass diese das Gebäude auch entzündet haben. Ein politischer Hintergrund werde nicht gesehen, so der stellvertretende Pressesprecher Andrzej Rydzik.

Glücklicherweise ist an dem zweiten Gebäude und an dem Fahrzeug das Schlimmste nicht eingetreten, nur eine schwarze Rußspur an der Fassade ist zurückgeblieben. Der Ermittler stellt jedoch fest, dass auch diese beiden Brandflaschen das Potenzial hatten, einen weiteren Großbrand zu verursachen. Eine Reihe glücklicher Zufälle habe das möglicherweise verhindert, vermutet er.

Ähnlich präparierte Flaschen wurden in einer Mülltonne gefunden. Ob es noch weitere gibt, müssten die weiteren Ermittlungen zeigen. Auch welche Art von Brandbeschleuniger verwendet wurde, wird noch untersucht. „Diese Aufgabe übernehmen die Fachleute vom Kriminaltechnischen Institut in Dresden“, erläutert Stephan. Seine Arbeit ist mit der akribischen Sicherung aller Spuren und der Fotodokumentation der Tatorte zunächst getan. „Eine solche Ermittlung ist wie ein großes Puzzle, das aus vielen Einzelteilen zusammengesetzt werden muss“, erläutert der Spezialist. Wenn sich ein komplettes Bild ergebe, im besten Fall mit einem oder mehreren Tatverdächtigen, werden die Ergebnisse der Staatsanwaltschaft übergeben.

Die Saalbacher sind geschockt und verängstigt. „Da bekommt man schon Existenzängste. Ich mache mir vor allem Sorgen um die Sicherheit meiner Eltern“, sagt Mandy Seidel, die nun in Heidelberg wohnt. Denn es ist nicht der erste Großbrand dieser Art, der in dem kleinen Ortsteil von Hartha für große Aufregung gesorgt hat. „Wenn es sich wirklich um einen Brandanschlag handelt, dann ist das furchtbar“, sagt Ortsvorsteherin Carin Lau. „Jetzt war neun Jahre Ruhe im Ort. Hoffentlich geht es nicht wieder mit einer Brandserie los“, so Lau.

Auch bei Landwirt Jörg Kutscher kommen sofort Erinnerungen wieder hoch. Mitte September 2009 brannte die Scheune auf dem gleichen Grundstück. Zuvor gingen in der Nacht zum 9. September 150 Strohballen, die ebenfalls dem Landwirtschaftsbetrieb Kutscher und Partner gehörten, in Flammen auf. Ende Oktober brannte ein Nissan Pick-up des Landwirtschaftsbetriebes. Mitte November 2009 waren fast 200 Feuerwehrleute und Helfer bei einem Großbrand im Einsatz. Das Dach der Scheune des Betriebes stand in Flammen. In der gleichen Nacht brannte es im etwa 20 Meter entfernten Stall. „Hoffentlich erwischt es uns nicht wieder“, so Jörg Kutscher. Viele Möglichkeiten, sich zu schützen, gebe es nicht. „Die Unsicherheit ist einfach groß“, so der Landwirt. „Ich kann mir gar nicht vorstellen, wer so etwas Schreckliches tun würde“, sagt Mandy Seidel. „Wir sind doch ein friedliches Dorf, jeder kennt den Anderen“, ist sie noch spürbar geschockt. Ruhig schlafen können die Saalbacher in den kommenden Nächten wahrscheinlich nicht.