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Böse Überraschung im Wald

Ganze Kücheneinrichtungen sind schon im Wettiner Forst gelandet. Das verursacht Kosten, mancher Müll bedroht sogar die Natur.

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© Norbert Millauer

Von Ines Scholze-Luft

Coswig/Weinböhla. „Ich kann es nicht nachvollziehen.“ Daniel von Sachsen steht vor einem Haufen gerade entdeckter Müllsäcke am Betriebshof der Wettinischen Forstverwaltung im Spitzgrund. Direkt hinterm Zaun findet der Betriebsleiter die neusten Müllablagerungen in seinem Wald.

Solchen Abfall hat er in den 15 Jahren seiner Forstwirtschaftstätigkeit immer wieder entdeckt. Knapp 1 000 Hektar sind von der Wettinischen Forstverwaltung im Friedewald zu bewirtschaften. Ein weitläufiges Gelände, an vielen Stellen zum Müllentsorgen missbraucht. Zum Ärger von Waldbesitzern und -besuchern. Da gibt es nun schon die kostenlose Biotonne, Sperrmüllsammlungen und auch die Wertstoffhofannahme zu günstigen Preisen, sagt Daniel von Sachsen. Trotzdem findet er beinahe alles Denkbare unter den Waldbäumen. Fast komplette Wohnzimmer- und Kücheneinrichtungen – vom Sofa über Schränke bis zu Waschmaschinen und Kühlschränken –, Kupferkabel, dem das Kupfer fehlt, auch mal einen alten Öltank.

Was nicht nur die Optik verschandelt, sondern auch Kosten verursacht. Denn findet die Forstverwaltung keinen Verursacher, muss sie den fremden Abfall auf eigene Kosten beräumen und entsorgen. Bis 4 000 Euro werden jährlich fürs Beseitigen des Mülls, auch des eigenen, gezahlt, knapp die Hälfte der Summe ist wegen der illegalen Müllablagerungen erforderlich.

Die bringen speziell bei Gartenabfällen noch ein weiteres Problem mit – allein durch Pflanzen, die nicht in den Wald gehören. Wird nicht rechtzeitig reagiert, können sie sich schnell verbreiten. Als Beispiele nennt von Sachsen japanischen Staudenknöterich und Zucht-Efeu.

Wie anderer Abfall meist an Stellen abgesetzt, wo die Müllablader mit dem Auto gut hinkommen und nicht gleich gesehen werden. Weniger geworden ist das in den vergangenen Jahren nicht, die Dreistigkeit dabei ist sogar noch gestiegen, sagt von Sachsen. So hat jemand zwar Namen und Hausnummer vom Briefumschlag im Müllsack getilgt, dafür aber vollständige Kontoauszüge mit geliefert. Erwischt wurden außerdem Leute in flagranti. Nicht nur das Team der Forstverwaltung hat ein wachsames Auge auf das Geschehen im Grünen. Jäger, Waldarbeiter, auch Spaziergänger sind aufmerksam, fotografieren schon mal, melden Entdecktes. Und tatsächlich: Als jemand kistenweise Fallobst entsorgen will, darf er es wieder mitnehmen. Das Wild könne sich das doch holen, so die Begründung fürs Abladen. Eine schiefe Ausrede. Keiner darf so einfach eine Fütterung anlegen, weil Krankheitserreger eingeschleppt werden könnten, sagt von Sachsen.

Er setzt aufs Aufklären, über die Müllfolgen für den Wald und die günstigen offiziellen Entsorgungsmöglichkeiten. Und ist froh über zuverlässige Helfer beim Sauberhalten des Waldes. Seit drei Jahrzehnten ist die IG Friedewald im Einsatz, beim Waldputz zweimal im Jahr. Wie am 1. Mai mit 16 Frauen und Männern, die vier Stunden zwischen Spitzgrundmühle und Auer unterwegs waren, an Hohenstein, Seerosenteich und Fuchsberg, um Nicht-Verrottendes einzusammeln. Plastik, Metall, Glas. Zum Glück nicht mehr so viel wie vor zehn, 20 Jahren, sagt IG-Leiter Peter Reichenbach. Diesmal nur zehn Säcke. In den 90ern mussten sie viele Autoteile und Reifen bergen, jetzt nur noch selten.

Heute fliegt offensichtlich der meiste Müll aus dem Autofenster an den Straßenrand. Besonders Bier- und Schnapsflaschen, seit dem Einwegverpackungspfand selten mal eine Bierdose. Das aktuelle Ergebnis: Etwa ein Viertel der früheren Abfallmenge. Weil die Leute weniger Müll machen und weil es eine gewisse Grundsauberkeit gibt, durch die regelmäßigen IG-Aktionen. Was aber nur durch die Zusammenarbeit mit der Stadt so gut funktioniert, sagt Peter Reichenbach. Die Stadt stellt den Transporter samt Fahrer und die Müllsäcke.

Für Ordnungsamtschef Olaf Lier ist das Thema Müll, speziell in Wald und Flur, ein sehr Wichtiges. Auch weil die Stadt selbst Waldbesitzer ist und mit den anderen Waldeigentümern zusammenarbeitet. Unter anderem bei der Suche nach Müllverursachern. Wird so etwas festgestellt, muss der Eigentümer das beseitigen, sonst geht eine Meldung an die Kreis-Abfallbehörde. Lier warnt davor, den alten Fernseher oder die gebrauchte Waschmaschine nichtoffiziellen Sammlern mitzugeben. Die könnten das Gerät im nächsten Waldstück aussondern, die Spur lasse sich möglicherweise bis zum Besitzer zurückverfolgen.

Immerhin wurden 2017 im Coswiger Stadtgebiet 50 alte, unberechtigt abgestellte Elektrogeräte – von Toaster bis Kühlschrank – entdeckt, dazu sieben Kubikmeter alte Reifen. Insgesamt 100 Fälle von illegaler Müllentsorgung. Lier rät allen, die mit einer Elektrogeräte-Spende etwas Gutes tun wollen, sich an einen Hilfsverein zu wenden, damit die Geräte auch wirklich beim Empfänger ankommen. Für Elektronikschrott empfiehlt er die kostenlose Annahme im Wertstoffhof oder die angemeldete Sperrmüllsammlung.