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Bockwurst aus dem Glühweinkessel

Feuerwehrleute haben auch Hunger, sagten sich Helfer beim Großfeuer in Quersa.

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© Kristin Richter

Von Manfred Müller

Quersa. Viele der 150 Brandschützer wollten sich gerade gemütlich zum Abendbrot niedersetzen. Daraus wurde nichts. Stattdessen mussten sie in die Gluthitze des Kunststoffbrandes bei Remondis. Kurz vor 19 Uhr begann der Einsatz, und eine Stunde später wurden neben den Wasserflaschen schon die ersten Bockwürste herumgereicht. Spontan hatte sich eine Truppe freiwilliger Helfer zusammengefunden, die die Erstversorgung der Feuerwehrleute übernahm. Leute aus der Gemeinde waren dabei, Lampertswalder Gemeinderäte, aber auch Angehörige der Kameraden.

„Die Kinder haben die riesige Rauchwolke und die Flammen gesehen, und sie hatten Angst um ihren Vati“, erzählt Jana Rennert-Vetter. „Deshalb sind wir mit dem Rad losgefahren und haben nachgesehen, was da los ist.“ Ehemann Maik Rennert ist bei der Lampertswalder Feuerwehr und war einer der ersten am Ort des Geschehens. Auf dem Weg nach Quersa traf die Familie Hauptamtsleiterin Kerstin Sulak, zu deren Verantwortungsbereich die Feuerwehren der Gemeinden Lampertswalde und Schönfeld gehören. „Wir müssen was für unsere Leute tun“, habe Sulak gesagt, und so wurde per Telefon zusammengerufen, wer gerade erreichbar war. Der stellvertretenden Bürgermeister Wolfgang Borowsky, der Landarzt und Gemeinderat Dierk Bade, Kämmerin Evelyn Ekelmann. Sofort wurde jemand zu Lidl geschickt, um Bockwürste und Toastbrot zu besorgen.

Jana Rennert-Vetter steuerte den großen Glühweinkessel bei, der sonst beim Weihnachtsmarkt in ihrer Gärtnerei zum Einsatz kommt. Darin wurden die Würste erhitzt und sofort an die Feuerwehrleute ausgegeben. Die Getränke für die Erstversorgung kamen aus dem nahegelegenen Gasthaus Thiel in Lampertswalde, und die Schönfelder Aral-Tankstelle steuerte später 150 belegte Brötchen bei. Die Gemeindefeuerwehr hatte eine Übereinkunft mit den Pächterin Simone Knappe getroffen, dass die in solchen Fällen schnell und unbürokratisch hilft. Nachbar Kronospan unterstützte den Einsatz nicht nur mit seiner Betriebsfeuerwehr, seinen Hydranten und Schaumbildnern, sondern stellte auch Getränke bereit. „Ich wollte mir eigentlich in Ruhe das Fußballspiel von Dynamo gegen Hamburg ansehen, als der Alarm kam“, sagt Feuerwehrmann Maik Rennert. „Ich dachte noch: ‚Wer macht denn um diese Zeit eine Übung?‘“ Auf dem Weg zum Gerätehaus sah der Lampertswalder dann schon den Rauchpilz. Als Maschinist stand Rennert voll in der Hitze, und er staunte nicht schlecht, als er später seine Frau traf. „Vor allem aber war ich froh, dass es mit der Versorgung so schnell geklappt hat“, sagt er. Bis 23 Uhr gab das Lampertswalder Helferteam Getränke, Kaffee und Essen aus. Wer an den Fahrzeugen nicht abkömmlich war, dem wurde auch schon mal ein Imbiss vorbeigebracht. Um Mitternacht übernahmen die Johanniter, die bei den Löscharbeiten am Folgetag von Remondis-Mitarbeitern abgelöst wurden. „Für die Kameraden unmittelbar am Brandherd, besonders für die Atemschutzträger, war der Einsatz eine ungeheure körperliche Belastung“, erklärt Gemeindewehrleiter Michael Reiske.

Unter der Kleidung und der Maske fließt der Schweiß in Strömen, was nur mit literweise Flüssigkeit kompensiert werden kann. Und von der schweren Löscharbeit bekommt man natürlich auch gehörig Hunger. „Ich denke“, sagt Reiske, „alle Feuerwehrleute vor Ort waren glücklich mit dem Einsatz der freiwilligen Helfer.“ Und natürlich auch darüber, dass sie ein Übergreifen des Brandes vom Kunststoffmüll-Außenlager auf die Papierhalle verhindern konnten. Vielleicht ist ein bisschen von der Kraft, die dafür nötig war, auch der spontanen Versorgungsaktion zu verdanken.