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Blitzt Radebeul auch von hinten?

Die grauen Säulen können das. Mit dem Besitzer der Geräte will die Stadt jetzt neue Verträge verhandeln.

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© Arvid Müller

Von Peter Redlich

Radebeul. Das kennt der Urlaubsfahrer aus Österreich und auch Frankreich – blitzen von hinten. Die grauen Kästen sind andersherum positioniert in der Vorwärtsfahrt noch schwieriger zu erkennen. Neuerdings gibt es Gerüchte in Radebeul, auch die hiesigen Blitzersäulen würden von hinten Bilder von zu schnell fahrenden Autos und Motorrädern schießen. Stimmt das?

Fakt ist, die modernen Säulen von einer Jenaer Firma sind in ihrer Fototechnik nicht nur so scharf und genau, dass sie tagsüber keinen eigentlichen Blitz brauchen. Sie benötigen auch keine Induktionsschleifen mehr in der Straße. Ihre Technik misst die Abstände und das Tempo der Autos in einem bestimmten Abschnitt. Und: Das können sie von vorne wie von hinten tun. Etwa die beiden Blitzer auf der Waldstraße wie auch der auf der Meißener Straße nahe Wackerbarth.

Ingolf Zill, Leiter der Radebeuler Verkehrsbehörde bestätigt die technischen Fähigkeiten der genannten Blitzer an Waldstraße in Ost und Meißner Straße in West. Allerdings erklärt er: „In Deutschland gilt beim Blitzen die Haftung des Fahrenden, nicht des Halters.“ Deshalb auch müsse der am Steuer sitzende Autofahrer im Foto auch erkennbar sein. Von hinten, so Zill, sei der Fahrer kaum ausreichend identifizierbar zu fotografieren. Deshalb werde in Radebeul nicht von hinten geblitzt.

Anders als zum Beispiel in Österreich, wo der Halter für zu schnelles Fahren verantwortlich gemacht wird, wenn der Fahrer nicht ermittelt werden kann.

Und für Motorradfahrer? Zill: „Beim mobilen Blitzen, also mit einem transportablen Gerät, könnten wir die Kamera schwenken und Aufnahmen sowohl von vorn mit dem Temponachweis als auch von hinten mit dem Nummernschild machen.“ Doch diesen Aufwand habe die Verkehrsbehörde noch nicht betrieben. Zumal ein Motorradfahrer mit geschlossenem Helm obendrein schwierig zu erkennen ist.

Das von vorne Blitzen bringt der Stadt immer noch reichlich Einnahmen. Nachdem 2017 die Anzahl der Fälle vor allem an der Meißner Straße und der Wilhelm-Eichler-Straße in West drastisch eingebrochen war und es sogar Überlegungen gab, Blitzersäulen umzusetzen, seien die Zahlen jetzt stabil.

Die meisten Autofahrer tappen nach wie vor an der Waldstraße in die 30er-Falle. Stadteinwärts sind es in diesem Jahr bislang knapp 6 700 Fotos, stadtauswärts etwa 100 weniger. Weil die Geschwindigkeitsüberschreitungen hier im geringen Bereich liegen, hat die Statistik im Ordnungsamt jeweils reichlich 100 000 Euro Einnahmen ausgerechnet.

An der Meißner Straße vor Wackerbarth sind in beide Richtungen reichlich 4 000 zu schnelle Autofahrer erwischt worden, an der Wilhelm-Eichler-Straße vor Grundschule und Hort sind es über 2 000.

Radebeuls Geheimwaffe beim Blitzen ist das mobile Gerät. Abwechselnd sind zwei Mitarbeiter der Verkehrsbehörde mit einem Skoda-Roomster damit unterwegs. Die Kamera kann auch separat vom Auto, nur mit Kabel verbunden, aufgestellt werden. Das nutzt die Behörde beispielsweise nahe der Panzerstraße in Radebeul-Serkowitz. Dort steht die Kamera wenig auffällig neben einem Baum, während der Mitarbeiter abseits in der Wiese parkt und den Auslöser drückt. Die mobile Blitzerstelle gegenüber vom Weißen Haus an der Kötzschenbrodaer wird inzwischen kaum noch genutzt. Sie war zu bekannt geworden.

Ingolf Zill: „Wir sind wieder mehr vor Kitas und Schulen unterwegs, auch auf Umleitungsstrecken wie etwa der Cliebener Straße in Coswig.“ Mit der Nachbarstadt hat Radebeul einen Vertrag zum mobilen Blitzen. In Radebeul sind bisher 6 400 Fahrer zu schnell erwischt worden, in Coswig in diesem Jahr bisher 5 184.

Relativ neue Kontrollstellen sind an der Moritzburger Straße in Radebeul – nahe dem Mohrenhaus – und direkt gegenüber dem Friedhof Am Gottesacker in der Kötzschenbrodaer Straße. Ausgelöst wird bei den Blitzern in der 30er-Zone laut Zill übrigens bei 39 km/h. Minus 3 km/h Toleranz werden demjenigen dann 36 km/h zur Last gelegt – was üblicherweise 15 Euro kostet.

Und wann kommt der versprochene Blitzer an der Meißener Straße, nahe Forststraße, wo schon öfters wegen Raserei schlimme Unfälle passierten? Zill sagt, dass die Verträge mit der Eigentümerfirma der Blitzer gerade auslaufen. Man wolle zugunsten der Stadt über den jeweiligen Anteil nachverhandeln. Zu den Gesprächen solle dann auch der geplante neue Blitzer gehören. Diesen einzeln auszuschreiben, wie es gefordert ist, lohne deshalb nicht. Im Frühjahr soll darüber entschieden werden.