Merken

Bleiglas-Mosaik im Robotron-Haus zerstört

Beim Abriss des Gebäudes an der St. Petersburger Straße geht vieles zu Bruch. Für das zweite Fenster bleibt noch Hoffnung.

Teilen
Folgen
© Netzwerk „ostmodern“

Von Lars Kühl

Das Glas ist zersplittert, die Bleifassungen verbogen, überall in dem riesigen Mosaik klaffen Löcher. Bei diesem Anblick erschrickt Marco Dziallas. Er ist mit seinen Mitstreitern im Netzwerk „ostmodern“ organisiert. Den Abriss des Atriums I zwischen der St. Petersburger und der Zinzendorfstraße, eines der Robotron-Gebäude, beobachtet er mit Argusaugen. Was er sieht, gefällt ihm nicht.

Denn die mächtigen Baggerschaufeln leisten ganze Arbeit und machen vor allem nicht Halt vor der „Kunst am Bau“ made in GDR. Die verschwindet jetzt unwiederbringlich, wenn aus der einstigen Computerschmiede der DDR ein Wohnpark wird. Und das in Größenordnungen. Einige Elemente, wie „Wellenverblender“ aus Meißner Keramik, Teile der Giebelwände mit Glasstücken oder Formsteinreihen, werden aufgehoben. Vorgesehen ist das auch für zwei von 14 Segmenten der bunten Glaswände, die von Günter Gera und Gerhard Papstein entworfen wurden. Doch zumindest bei der nördlichen Verglasung ist das nun nicht mehr möglich. Die Witwe einer der beiden Glaskünstler, Ilse Papstein, ist mittlerweile 83 und lebt in Berlin. Vom Ende der Bleiglasfenster zu hören, sei „kein schönes Gefühl. Aber ich habe mich daran gewöhnt“. Ob in Radebeul, Freital oder am Pinguin-Pavillon im Zoo seien schon Kunstwerke ihres Mannes verschwunden.

„Ostmodern“ will das im Atrium I nicht hinnehmen. „Falls die Südseite ein ähnliches Bild bietet, welche zwei Segmente sollen dann gerettet werden, wie vom Investor angekündigt?“, will Dziallas wissen.

Das Unternehmen Immovation aus Kassel kann zumindest vorerst beruhigen. „Die Südseite sieht komplett anders aus“, erklärt Sprecher Michael Sobeck. Diese Glasfront sei auch von Anfang an für den Ausbau der Segmente vorgesehen gewesen. „An diesen Plänen halten wir fest. Was uns in Absprache mit der Abbruchfirma Nestler technisch möglich ist, werden wir versuchen.“ Der Bergungsversuch ist freiwillig und nicht vorgeschrieben.

Über die Nachricht freuen sich die Mitglieder von „ostmodern“. Sprecher Matthias Hahndorf wäre es allerdings am liebsten, wenn Immovation ein gesamtes Wandmosaik retten würde. Er hat auch einen Vorschlag, was anschließend damit passieren soll. Denn statt das Glas nur im städtischen Lapidarium aufzuheben, könnte der Bauherr es in eines seiner neuen Häuser integrieren. Als besonderes Stück Zeitgeschichte. Vor Jahren habe es einen ähnlichen Fall im Berliner Raum gegeben, wo es erfolgreich gelungen sei, Kunst aus der DDR in einen Neubau einzubinden.

Eines kann das Netzwerk dennoch nicht verstehen. Warum erkennt das Landesdenkmalamt – trotz einer Vor-Ort-Besichtigung – ausgewählten Kunstwerken keinen Schutzstatus zu? „Ostmodern“ kritisiert den Umgang des sächsischen Denkmalschutzes mit der DDR-Baukunst in Dresden. Das Robotron-Gelände, das Fernmeldeamt am Postplatz, der Pinguin-Pavillon im Zoo oder das ehemalige Sportgeschäft an der Grunaer Straße seien tragische Beispiele dafür, auch wenn die Gebäude zum Großteil heute nur noch Schandflecke sind. Deshalb ist Dziallas froh, dass vor dem Abriss des Rechenzentrums neben dem Atrium I an der St. Petersburger Straße feststeht, dass dort eine Mosaikreihe der Wandgestaltung erhalten bleiben soll.