Merken

Blechmann, Vogelscheuche und ein großer Traum

Im Görlitzer Sommertheater ist Anna Gössi mit dem „Zauberer von Oz“ auf den Spuren von Judy Garland.

Teilen
Folgen
NEU!
© nikolaischmidt.de

Von Frank Seibel

Görlitz. Die böse Hexe ist schnell erledigt. Ein Sturm genügt, um eine ganze Farm aus Kansas ins Reich der Hexe zu wirbeln und auf die böse Herrscherin plumpsen zu lassen. Das hat für die Untertanen ebenso etwas Gutes wie für das Mädchen Dorothy, das mitsamt ihrem Haus in ein zauberhaftes Land katapultiert wird. Denn in diesem Zauberland ist Dorothy erst mal ihre Alltagssorgen los. Stress mit den Lehrern, Stress mit den Eltern – all das, was ein Mädchen von 12 oder 13 Jahren halt so plagt. Die traumhafte Reise der Dorothy Gale aus Kansas hat auch beinahe 80 Jahre nach der berühmten Verfilmung mit Judy Garland nichts von ihrem Zauber eingebüßt.

Anna Gössi hat den „Zauberer von Oz“ erst vor wenigen Monaten kennengelernt. Nämlich dann, als das Musical nach dem amerikanischen Kinderbuch aus dem Jahr 1900 auf den Spielplan des Gerhart-Hauptmann-Theaters gesetzt wurde – mit ihr, der jungen Sopranistin, in der Hauptrolle der Dorothy Gale. Nur eine Melodie war Anna Gössi schon vertraut: „Somewhere over the rainbow“. Judy Garland hat das Lied in der Verfilmung aus dem 1939 zu einem der größten Schlager aller Zeiten gemacht.

Und hier lauert auch die besondere Herausforderung für die Görlitzer Musicalmacher. „Viele Zuschauer werden mit einer großen Erwartung kommen, weil sie den Film kennen“, sagt Anna Gössi. Das Musical orientiert sich zwar an der filmischen Vorlage, geht unter der Regie von Sabine Sterken aber durchaus eigene Wege.

Görlitzer Termine

Der Zauberer von Oz hat am Sonnabend, 9. Juni, um 20 Uhr Premiere. Weitere Vorstellungen gibt es am 23., 24., 29. und 30. Juni sowie am 5., 6., 7. und 8. Juli, jeweils um 20 Uhr im Stadthallengarten. Zudem gibt es eine Familienvorstellung am Sonntag, 1. Juli, um 15 Uhr.

Außerdem wird das Tanzstück „Aqua“ am 14., 15., 21. und 22. Juni gezeigt.

Das Straßentheaterfest „Viathea“ findet vom 28. bis 30. Juni statt.

1 / 3

So ist Dorothy Gale hier kein ganz kleines Mädchen mehr, sondern schon an der Schwelle zum Erwachsenwerden. Und sie muss ohne ihren Hund Toto auskommen, mit dem Judy Garland dereinst den Zauberer von Oz suchte, begleitet vom Blechmann, der Vogelscheuche und dem Löwen, die sich Herz, Verstand und Mut wünschen.

Natürlich ist letztlich alles nur ein Traum, der Dorothy aus der Tristesse der abgelegenen Farm in eine bunte, schöne und spannende Welt entführt. Und je länger Dorothy in diesem zauberhaften Reich mit ihren fantastischen Figuren unterwegs ist, desto größer wird die Sehnsucht nach dem ollen Alltag in der Heimat.

Anna Gössi hat schnell einen Zugang zu den Sehnsüchten ihrer Dorothy gewonnen. Ihr großer Traum sind die großen Bühnen der Welt. „Wenn man in der Opernwelt überleben will, muss man diesen großen Traum haben“, sagt die junge Schweizerin. Trotzdem ist sie froh, seit zwei Jahren festes Ensemblemitglied am vergleichsweise kleinen Görlitzer Opernhaus zu sein. Die Vielseitigkeit ist es, die sie an ihrer Arbeit am Gerhart-Hauptmann-Theater besonders schätzt.

Aber nicht nur die Sehnsucht nach der großen, weiten Welt teilt sie mit Dorothy Gale, sondern auch das Heimweh. „Ich bin seit Jahren kaum zu Hause“, sagt Anna Gössi, die in Biel aufgewachsen ist und lange Zeit in Zürich gelebt hat, wo auch ihr Mann lebt. Zwar nimmt die Sopranistin immer wieder Engagements in der Schweiz an. „Aber dann fliege ich morgens hin, stehe abends auf der Bühne und fliege am nächsten Morgen zurück.“ Viel Zeit, wirklich zu Hause zu sein, bleibt da nicht.

Und dann noch das Sommertheater, wenn die eigentliche Spielzeit schon zu Ende ist. Natürlich ist das für alle Beteiligten anstrengend, sagt die junge Sängerin. „Aber ich mag es gerne, viel zu spielen. Da entsteht so eine schöne Routine.“ 20 bis 25 Vorstellungen am Stück – kein Problem. Ganz so viele werden es in diesem Sommer nicht. Aber Anna Gössi freut sich auf das besondere Ambiente im alten Garten neben der historischen Görlitzer Stadthalle, direkt am Ufer der Neiße gelegen. Mit der Operette „Frau Luna“ hat sie diese Atmosphäre vor einem Jahr schon einmal erlebt. Und sie denkt gerne an die durchweg gut gelaunten Menschen. „Obwohl es immer wieder geregnet hat.“ Aber wenn danach ein Regenbogen (Rainbow) über dem Stadthallengarten leuchtet, ist alles gut.

Was es in Zittau/Jonsdorf und in Bautzen im Sommertheater zu sehen gibt, finden Sie unter „Links zum Thema“.