Merken

Bereit zum Zünden

Am Sonnabend wird am einzigen Meiler der Region gefeiert. Danach stehen den Köhlern in Tharandt lange Nächte bevor.

Teilen
Folgen
© K.-L. Oberthür

Von Verena Schulenburg

Tharandt. An seinen ersten selbst erbauten Meiler kann sich Bernd Papperitz noch genau erinnern. Dafür habe er sich damals eine Standpauke anhören dürfen. „Die Hälfte war Holzkohle und die andere Hälfte angekohltes Holz“, sagt er und grinst. Heute kann der 69-Jährige herzlich darüber lachen. Die peinliche Geschichte liegt schließlich schon viele Jahre zurück. Mittlerweile hat Bernd Papperitz Übung.

Seit 1980 engagiert sich der gebürtige Tharandter dafür, dass jährlich im Breiten Grund die Köhlertradition aufrechterhalten wird. Auch dieses Jahr hat Papperitz mit anderen Enthusiasten dafür gesorgt, dass der Meiler inmitten des Tharandter Waldes steht. Am kommenden Sonnabend wird er gezündet. Traditionell lädt der Meilerverein Tharandt am letzten Maiwochenende zum Fest rund um den Meiler ein, mit allerhand Leckereien, Livemusik und einigen Programmpunkten, auch für die jüngsten Meilergäste.

Höhepunkt am Sonnabend

Höhepunkt wird die Zündung des Meilers am Sonnabend, 14 Uhr. Am Sonntag, 12 Uhr, singt der Sächsische Bergsteigerchor Kurt Schlosser. „Das haben wir uns zu unserem Jubiläum gewünscht“, sagt Michael Richter. Der 55-Jährige ist Chef des Meilervereins, in dessen Händen die Veranstaltung bereits zum zehnten Mal liegt. An seinem Platz im Breiten Grund raucht der Meiler aber schon weitaus länger. Bis auf das Jahr 1846 geht die Köhlerei im Tharandter Wald zurück. Auf die Idee, hier, unweit der Pienner Straße in Tharandt, einen Erdmeiler zu errichten, kam Freiherr Edmund von Berg, einst Direktor der Sächsischen Forstakademie. Die Studenten sollten im Praktischen der Köhlerei unterrichtet werden. Ursprünglich war der Hauptzweck der Verkohlung, Holzkohle für die Silbererzverhüttung im Bergbau zu gewinnen. Irgendwann schlief das Köhlerhandwerk in Tharandt ein. Erst seit 1976 wird wieder alljährlich im Breiten Grund ein Meiler gezündet. Auch der Bildungsauftrag, den der Freiherr im Jahr 1846 verfolgte, wird seit ein paar Jahren wieder praktiziert. „Die Tharandter Forststudenten kommen hin und wieder vorbei und führen Messungen durch“, erzählt Bernd Papperitz. So wurde auch geklärt, dass das Buchenholz aus dem Tharandter Wald, das dieses Jahr den 3,60 Meter hohen Meiler bildet, eine Restfeuchte von knapp 40 Prozent hat, nicht zu viel und nicht zu wenig. „Das sind optimale Voraussetzungen zum Köhlern“, erklärt Papperitz. Das Holz, das alljährlich vom Sachsenforst gekauft wird, konnte gut trocknen. Anders als im feucht-kalten Winter im Vorjahr.

Auch wenn allein das Stapeln des Meilers viel Mühe bedeutet, geht mit dessen Zündung am Sonnabend die Arbeit für die ehrenamtlichen Köhler erst richtig los. Tag und Nacht muss der qualmende Hügel bewacht werden. Der besteht aus rund 50 Kubikmetern Holz und ist mit einer zehn bis 15 Zentimeter dicken Erdschicht abgewdeckt. Besonders stressig wird es die ersten Tage nach der Zündung. Aller vier bis fünf Stunden müssen die Köhler den Meiler hinauf, den Quantelschacht öffnen und Holz nachfüllen. 400 bis 450 Grad Celsius sind im Inneren nötig, um den gewünschten Schwelprozess in Gang zu setzen, der bis zu drei Wochen dauert.

Durchgeschlafen wird selten

Nach einiger Zeit sackt der Kern zusammen und es können Risse am Rand entstehen. „Diese müssen immer wieder geschlossen werden, sonst treten Flammen aus“, erklärt der 69-jährige Papperitz. Dann gebe es Asche statt Holzkohle. In seinen Anfängen als Köhler sei auch das beinahe passiert. „Ich war mal kurz zu Hause, um zu duschen. Als ich wiederkam, schlugen die Flammen aus dem Schacht“, erinnert sich der Hobbyköhler an einen Vorfall aus dem Jahr 1985. Zum Glück sei dies damals am zweiten Tag nach der Zündung passiert. Der Meiler konnte noch gerettet werden.

Auch diesmal wird Bernd Papperitz wieder gemeinsam mit anderen Köhlerfreunden die Nächte in der Nähe des Meilers verbringen. Durchgeschlafen wird nur selten. Einen Wecker brauche der Köhler aber nicht. Dafür sei seine innere Unruhe zu groß. „Abgesehen von ein bis zwei Ausnahmen“, sagt der Tharandter lachend.