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Bei Nina Hagen fiel die Maschine aus

Das Kunstbauerkino in Großhennersdorf wird 25 Jahre. Es hat den Anstoß gegeben für eine einmalige Kinolandschaft.

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© SZ-Archivfoto / Matthias Weber

Von Irmela Hennig

Einige Höhepunkte aus der Geschichte des Kunstbauerkinos finden Sie in der Bildergalerie.

Das Kunstbauerkino damals und heute

Nina Hagen ist ausgefallen. Zum Start des Kunstbauerkinos 1993 sollte eigentlich „ Cha Cha“ laufen. Ein Streifen, in dem ein Bankräuber versucht, ein Rockstar zu werden. Doch die Vorführmaschinen liefen nicht, erinnert sich Andreas Friedrich, der Gründer des Großhennersdorfer Lichtspiels. „Es waren russische 35-Millimeter-Geräte noch mit Leuchtstäben.“ Die Geburt des Kinos, das in den kommenden Tagen 25. Geburtstag feierte, war also mit einigen Wehen verbunden. Erst 1994 konnte der dafür frisch gegründete Verein wirklich durchstarten. 13 Kinotage, 1 000 Zuschauer lautete die Bilanz der ersten Saison. Dann ging es in die Zwangswinterpause. Denn der für die Filme genutzte Saal im Dorfkretscham war nicht beheizbar. „Der wurde dann sogar baupolizeilich gesperrt. Danach war das eine Weile mobil unterwegs. Bis dann in eine alte Bäckerei am Sportplatz ein Kulturcafé einzog. Dort fand dann auch das Kino ein festes Domizil.
Nina Hagen ist ausgefallen. Zum Start des Kunstbauerkinos 1993 sollte eigentlich „ Cha Cha“ laufen. Ein Streifen, in dem ein Bankräuber versucht, ein Rockstar zu werden. Doch die Vorführmaschinen liefen nicht, erinnert sich Andreas Friedrich, der Gründer des Großhennersdorfer Lichtspiels. „Es waren russische 35-Millimeter-Geräte noch mit Leuchtstäben.“ Die Geburt des Kinos, das in den kommenden Tagen 25. Geburtstag feierte, war also mit einigen Wehen verbunden. Erst 1994 konnte der dafür frisch gegründete Verein wirklich durchstarten. 13 Kinotage, 1 000 Zuschauer lautete die Bilanz der ersten Saison. Dann ging es in die Zwangswinterpause. Denn der für die Filme genutzte Saal im Dorfkretscham war nicht beheizbar. „Der wurde dann sogar baupolizeilich gesperrt. Danach war das eine Weile mobil unterwegs. Bis dann in eine alte Bäckerei am Sportplatz ein Kulturcafé einzog. Dort fand dann auch das Kino ein festes Domizil.
Auf kleinstem Raum. Schon bei 30 bis 35 Besuchern war es proppenvoll, erinnert sich der Gründer, der inzwischen nicht mehr in der Region lebt. Die Doku „Nomaden der Lüfte“ über die Zugvögel war in jenen Jahren mit 44 Gästen für ihn – überraschenderweise – der am besten besuchte Streifen überhaupt; der ist am Sonntag übrigens zu sehen. Friedrich nennt das die „goldenen Zeiten“. Dokus waren damals noch eine Seltenheit. „Das hat sich inzwischen gewandelt“, sagt Andreas Friedrich, der immer noch leidenschaftlicher Filmfan ist. Inzwischen können man mit wenig Aufwand sehr gute Dokumentationen drehen. Das Interesse daran sei gewachsen, auch wenn das Publikum nicht so riesig ist wie beim Spielfilm. Heute kommen jährlich bis zu 4 000 Gäste, die Besucher des Neiße-Filmfestes nicht mitgerechnet.
Auf kleinstem Raum. Schon bei 30 bis 35 Besuchern war es proppenvoll, erinnert sich der Gründer, der inzwischen nicht mehr in der Region lebt. Die Doku „Nomaden der Lüfte“ über die Zugvögel war in jenen Jahren mit 44 Gästen für ihn – überraschenderweise – der am besten besuchte Streifen überhaupt; der ist am Sonntag übrigens zu sehen. Friedrich nennt das die „goldenen Zeiten“. Dokus waren damals noch eine Seltenheit. „Das hat sich inzwischen gewandelt“, sagt Andreas Friedrich, der immer noch leidenschaftlicher Filmfan ist. Inzwischen können man mit wenig Aufwand sehr gute Dokumentationen drehen. Das Interesse daran sei gewachsen, auch wenn das Publikum nicht so riesig ist wie beim Spielfilm. Heute kommen jährlich bis zu 4 000 Gäste, die Besucher des Neiße-Filmfestes nicht mitgerechnet.
1250 Kilometer Film von der Rolle hat das Kunstbauerkino-Team in den ersten zehn Jahren gezeigt. Zunächst hatten die sieben Vereinsgründungsmitglieder nicht mal die damals nötigen Vorführscheine für Zelluloid. Sie mussten sich Hilfe bei Profis holen. Inzwischen läuft alles digital. Das Team, zu dem heute um die 15 aktive und bis zu 60 Mitglieder insgesamt gehören, hat sich die teure, von den großen Filmverleihfirmen geforderte Technik angeschafft. Darum dürfen sie alles zeigen, was sie möchten. Da sind gerade die Großen wie Disney, Universal und Paramount nämlich wählerisch. Sie haben vor einigen Jahren gemeinsam festgelegt, dass ihre Filme nur noch von Kinos gezeigt werden dürfen, die einen bestimmten Anspruch bei Hard- und Software erfüllen, es geht um Digital Cinema Initiatives – kurz DCI-Standard. Das führte dazu, dass die inzwischen sieben reinen Programmkinos der Oberlausitz aufrüsten mussten. Fast alle taten das, sie nutzten zur „Umrüstung“ Fördermittel. Lediglich drei verzichteten aus finanziellen Gründen. Sie können jetzt nicht mehr alles zeigen, was sie möchten.
1250 Kilometer Film von der Rolle hat das Kunstbauerkino-Team in den ersten zehn Jahren gezeigt. Zunächst hatten die sieben Vereinsgründungsmitglieder nicht mal die damals nötigen Vorführscheine für Zelluloid. Sie mussten sich Hilfe bei Profis holen. Inzwischen läuft alles digital. Das Team, zu dem heute um die 15 aktive und bis zu 60 Mitglieder insgesamt gehören, hat sich die teure, von den großen Filmverleihfirmen geforderte Technik angeschafft. Darum dürfen sie alles zeigen, was sie möchten. Da sind gerade die Großen wie Disney, Universal und Paramount nämlich wählerisch. Sie haben vor einigen Jahren gemeinsam festgelegt, dass ihre Filme nur noch von Kinos gezeigt werden dürfen, die einen bestimmten Anspruch bei Hard- und Software erfüllen, es geht um Digital Cinema Initiatives – kurz DCI-Standard. Das führte dazu, dass die inzwischen sieben reinen Programmkinos der Oberlausitz aufrüsten mussten. Fast alle taten das, sie nutzten zur „Umrüstung“ Fördermittel. Lediglich drei verzichteten aus finanziellen Gründen. Sie können jetzt nicht mehr alles zeigen, was sie möchten.
Die Kunstbauerleute können. In einem inzwischen größeren Kinosaal. Nun stehen sie immer wieder vor der Frage, wie viel „Mainstream“ nehmen wir rein. Denn auch wenn im Verein vieles ehrenamtlich läuft, muss sich das Ganze tragen. Das Ausleihen der Filme, Strom, Wasser, Sanierungen, Werbung – das alles kostet Geld. Deswegen gibt es inzwischen eben auch mal Till Schweiger. "Honig im Kopf", so vermutet Peter Matthes vom Kinovereinsvorstand, war wohl der am besten besuchteste Streifen in der Geschichte des Lichtspielhauses. In dieser Tragikomödie spielt Dieter Hallervorden einen alten Herrn, der zunehmend dement wird und damit zur Herausforderung für seine Familie.
Die Kunstbauerleute können. In einem inzwischen größeren Kinosaal. Nun stehen sie immer wieder vor der Frage, wie viel „Mainstream“ nehmen wir rein. Denn auch wenn im Verein vieles ehrenamtlich läuft, muss sich das Ganze tragen. Das Ausleihen der Filme, Strom, Wasser, Sanierungen, Werbung – das alles kostet Geld. Deswegen gibt es inzwischen eben auch mal Till Schweiger. "Honig im Kopf", so vermutet Peter Matthes vom Kinovereinsvorstand, war wohl der am besten besuchteste Streifen in der Geschichte des Lichtspielhauses. In dieser Tragikomödie spielt Dieter Hallervorden einen alten Herrn, der zunehmend dement wird und damit zur Herausforderung für seine Familie.
Peter Matthes hofft, dass die technische Entwicklung nicht so schnell vorangeht, dass in wenigen Jahren schon wieder alles neu gemacht werden muss. Denn die Kinomacher aus Großhennersdorf würden gern auch das 50. feiern. Nachwuchs für den Verein ist übrigens immer willkommen. Und sowohl Andreas Friedrich als auch Peter Matthes glauben, dass es trotz riesigen Flachbildschirmen, Streamingdiensten und Internet immer wieder Menschen gibt, die sich für Programmkino begeistern lassen. „Da ist einmal die Auswahl der Filme. Bei den Internetdiensten findet man das, was wir zeigen, oft gar nicht. Das bieten die nicht an. Man muss es kennen, um es zu entdecken“, meint Friedrich. Darin liege eine Stärke und Herausforderung für die kleinen Häuser. Außerdem gebe es in solchen Kinos die Gelegenheit, über das Gesehene ins Gespräch zu kommen, andere Filmfans zu treffen.
Es war das „enttäuschende Filmprogramm nach der Wende in den Kettenkinos“, das Andreas Friedrich und seine Mitstreiter der ersten Stunde zu Kinomachern werden ließ. In Großhennersdorf gab eine kulturinteressierte Szene. Sie war vor allem entstanden, weil die Behinderteneinrichtung Katharinenhof zu DDR-Zeiten oppositionell denkenden, intellektuellen Menschen einen Arbeitsplatz bot. Inzwischen gibt es eine ganze Reihe von Programmkinos in der Oberlausitz – von Hoyerswerda bis Zittau, von Bautzen bis Görlitz. Warum hier funktioniert, was in anderen Regionen Sachsens nicht anzukommen scheint, wissen die Kunstbauerleute nicht. Die Programmkinolandschaft, die sich hier etabliert hat, gibt es deutschlandweit kein zweites Mal. Als Konkurrenz sehen das die Großhennersdorfer nicht. Eher als Ergänzung. Die Vorreiterrolle kann ihnen niemand nehmen. Und bei einem Großprojekt arbeiten viele inzwischen eng zusammen – gemeint ist das Neiße-Filmfestival. Die deutsch-polnische-tschechische Veranstaltung startete 2004 und wird inzwischen in großem Maß vom Freistaat Sachsen und dem Kulturraum Oberlausitz-Niederschlesien gefördert. Der Verein Kunstbauerkino hat dafür drei Leute fest angestellt. Zu vergangenen Ausgabe kamen 7 000 Zuschauer.
Peter Matthes hofft, dass die technische Entwicklung nicht so schnell vorangeht, dass in wenigen Jahren schon wieder alles neu gemacht werden muss. Denn die Kinomacher aus Großhennersdorf würden gern auch das 50. feiern. Nachwuchs für den Verein ist übrigens immer willkommen. Und sowohl Andreas Friedrich als auch Peter Matthes glauben, dass es trotz riesigen Flachbildschirmen, Streamingdiensten und Internet immer wieder Menschen gibt, die sich für Programmkino begeistern lassen. „Da ist einmal die Auswahl der Filme. Bei den Internetdiensten findet man das, was wir zeigen, oft gar nicht. Das bieten die nicht an. Man muss es kennen, um es zu entdecken“, meint Friedrich. Darin liege eine Stärke und Herausforderung für die kleinen Häuser. Außerdem gebe es in solchen Kinos die Gelegenheit, über das Gesehene ins Gespräch zu kommen, andere Filmfans zu treffen. Es war das „enttäuschende Filmprogramm nach der Wende in den Kettenkinos“, das Andreas Friedrich und seine Mitstreiter der ersten Stunde zu Kinomachern werden ließ. In Großhennersdorf gab eine kulturinteressierte Szene. Sie war vor allem entstanden, weil die Behinderteneinrichtung Katharinenhof zu DDR-Zeiten oppositionell denkenden, intellektuellen Menschen einen Arbeitsplatz bot. Inzwischen gibt es eine ganze Reihe von Programmkinos in der Oberlausitz – von Hoyerswerda bis Zittau, von Bautzen bis Görlitz. Warum hier funktioniert, was in anderen Regionen Sachsens nicht anzukommen scheint, wissen die Kunstbauerleute nicht. Die Programmkinolandschaft, die sich hier etabliert hat, gibt es deutschlandweit kein zweites Mal. Als Konkurrenz sehen das die Großhennersdorfer nicht. Eher als Ergänzung. Die Vorreiterrolle kann ihnen niemand nehmen. Und bei einem Großprojekt arbeiten viele inzwischen eng zusammen – gemeint ist das Neiße-Filmfestival. Die deutsch-polnische-tschechische Veranstaltung startete 2004 und wird inzwischen in großem Maß vom Freistaat Sachsen und dem Kulturraum Oberlausitz-Niederschlesien gefördert. Der Verein Kunstbauerkino hat dafür drei Leute fest angestellt. Zu vergangenen Ausgabe kamen 7 000 Zuschauer.

Programm zu 25 Jahre Kunstbauerkino in der „Alten Bäckerei“, Am Sportplatz 3, in Großhennersdorf: 5. Oktober, Ausstellung zum Kinojubiläum startet, 18 Uhr läuft „Tschick“, 20 Uhr „Le Havre“, 22 Uhr „Laurence Anyways“; 6. Oktober, 17 Uhr, Filmriss-Filmquizz, 20 Uhr, Versteigerung alter Plakate, 21 Uhr, Party mit Soul-Rock von The Shouting Men; 7. Oktober, 10 Uhr, Frühstück im Kulturcafé, 14 Uhr „Nomaden der Lüfte – Das Geheimnis der Zugvögel“, 16 Uhr Tisch-Tennis-Action, 19 Uhr, Nana Sturm – politisches Kabarett, 21 Uhr „Schwarze Katze, weißer Kater“.