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Bedeutende Funde an der Augustusbrücke

Bauleute stoßen auf Reste einer alten Anlage aus dem Mittelalter. Das macht nun eine Umplanung nötig. Doch schon zu DDR-Zeiten wurden jahrhundertealte Bögen gefunden.

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© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/André Rous

Von Peter Hilbert

Dresden hat eine stolze Brückentradition. Schon im 11. Jahrhundert soll dort, wo heute die Augustusbrücke die Elbe überspannt, eine Holzbrücke gestanden haben. Für die wurden ab 1119 Pfeiler aus Stein errichtet. Der steinerne Nachfolger wurde 1287 erstmals urkundlich erwähnt. Bei der aktuellen Sanierung von Dresdens geschichtsträchtigster Elbquerung gab es nun eine besondere Entdeckung.

Nicht nur am Neustädter Brückenende, sondern auch am Schloßplatz sind Reste der alten Brücke entdeckt worden. Sie reichte einst bis zum heutigen Georgentor.
Nicht nur am Neustädter Brückenende, sondern auch am Schloßplatz sind Reste der alten Brücke entdeckt worden. Sie reichte einst bis zum heutigen Georgentor. © Frank Wache
Hobbyhistoriker Frank Wache zeigt den sächsischen Wappenstein der alten Pöppelmannschen Brücke, der neben dem letzten Neustädter Brückenbogen zu sehen ist.
Hobbyhistoriker Frank Wache zeigt den sächsischen Wappenstein der alten Pöppelmannschen Brücke, der neben dem letzten Neustädter Brückenbogen zu sehen ist. © Sven Ellger

Der neue Fund: Bauleute stoßen auf Bogen von romanischem Bauwerk

Auf der Neustädter Rampe der Augustusbrücke hat der Leitungsbau begonnen. Dabei stießen die Bauleute auf Reste der romanischen Steinbrücke aus dem Mittelalter, teilt die Stadt mit. Gefunden worden sei ein kompletter Bogen der 8,5 bis 11 Meter breiten ersten steinernen Brücke. Erhalten geblieben war er, da sich das alte Bauwerk hinter dem Ende der jetzigen Brücke, dem sogenannten Widerlager, und auch dem Nachfolger aus dem 18. Jahrhundert befand. „Das war für uns überraschend“, sagt Straßenbauamtschef Reinhard Koettnitz. Denn in den Plänen sei nichts verzeichnet gewesen. Umgeplant werden muss unter anderem die Verlegung der Entwässerungsleitungen. „Das bringt uns jetzt zeitlich in die Bredouille.“ Genaue Details könne er aber noch nicht nennen.

Die Untersuchungen: Für Archäologen steht der Ursprung noch nicht ganz fest

Die Fachleute vom Landesamt für Archäologie sind sich jedoch nicht ganz sicher, ob es Reste der romanischen oder der im 18. Jahrhundert errichteten Brücke sind. „Momentan kann ich mich noch nicht festlegen“, sagt Thomas Westphalen, Abteilungsleiter archäologische Denkmalpflege. Die Untersuchungen würden derzeit noch laufen. Vor allem an der Steinbearbeitung sei der Ursprung erkennbar. „Am romanischen Steinwerk sieht man deutliche Spuren davon.“ Erst nach Abschluss der Untersuchungen will er sich festlegen. Hinter dem Altstädter Brückenende wurde im Frühjahr ein Pfeiler freigelegt, der eindeutig von der romanischen Brücke stammt.

Die lange Geschichte: Mit 561 Metern eine der monumentalsten Brücken

Die erste steinerne Dresdner Elbbrücke hatte eine enorme Bedeutung. Sie soll zwischen 1173 und 1222 gebaut worden sein. Darauf verweist auch eine steinerne Tafel am Neustädter Brückenende. Sie war eine der monumentalsten Brückenbauwerke des Mittelalters im damaligen deutschen Reichsgebiet, resümiert Norbert Oelsner vom Landesamt für Denkmalpflege in einem Arbeitsheft der Behörde zur alten Augustusbrücke. „Sie gehörte als ingenieurtechnische Großtat zu den längsten mittelalterlichen Brückenbauten.“ Die Dresdner Brücke übertraf mit ihren 561 Metern den steinernen Bau von Regensburg, der 330 Meter lang war.

Auch der Dresdner Baufachmann und Hobbyhistoriker Frank Wache hat sich mit der langen Geschichte befasst. Mit ihren 24 Pfeilern und 23 Bögen reichte die Brücke bis zum Georgentor und war die längste Europas, berichtet er. Allerdings hatte sie eine wechselhafte Geschichte. Denn nach Hochwasserschäden und Eisgang musste sie bereits 1343 erneuert werden. Etwa 200 Jahre später folgte ein großer Umbau. Als Festungsbauwerke errichtet werden, schüttet man 1547 die Bögen zwischen fünf Pfeilern zu.

Der stolze Nachfolger: Pöppelmanns Brücke gilt als besondere Schönheit

1727 bis 1731 wird die Brücke unter Leitung von Landbaumeister Matthäus Daniel Pöppelmann und Ratsmaurermeister Johann Gottfried Fehre umgebaut. Damals gilt sie als die schönste Europas.

Die Pöppelmannsche Brücke wird Ende des 19. Jahrhunderts mit zu engen Bögen und zu niedrigen Pfeilern immer mehr zum Hindernis für die Schifffahrt und für Hochwasser, wie die großen Fluten von 1845 und 1890 zeigten. Sie kann auch den wachsenden Verkehr nicht mehr aufnehmen. Also wird zwischen 1907 und 1910 nach Planungen von Hermann Klette die heutige Augustusbrücke mit ihren neun Bögen errichtet.

Die erste Überraschung: Bereits beim Bau des Hotels Bellevue Reste entdeckt

Frank Wache ist von der jetzigen Entdeckung am Neustädter Ende der Augustusbrücke nicht überrascht. Der 63-jährige Bauingenieur, hatte 1981 im Tiefbauamt begonnen. Heute arbeitet er im Stadtplanungsamt. 1982 war Wache mit dabei, als Fernwärmeleitungen zum im Bau befindlichen Hotel Bellevue verlegt werden sollten. Damals war er als Ingenieur für die Koordinierung der Arbeiten zuständig.

„Dabei sind wir auf einen alten Bogen der mittelalterlichen Brücke gestoßen“, berichtet er. Um die alten Pfeiler nicht zu beschädigen, seien die Schutzrohre letztlich unter dem Bogen verlegt worden, der einer der letzten am Neustädter Brückenende war. Diese Fernwärmeleitung am Neustädter Ufer gibt es noch heute.

Die alten Zeugen: Pöppelmannsche Geländer am Wachwitzer Weinberg

Neben dem Elberadweg auf der Neustädter Seite erinnert am Treppenabgang in Richtung Blockhaus nicht nur die steinerne Tafel an die Geschichte, sondern auch ein alter Sächsischer Wappenstein an die Pöppelmannsche Brücke. Er wurde 1863 auf die Brüstung am Pfeiler zwölf aufgestellt und war 1950 wieder auf dem Sockel an der Augustusbrücke angebracht worden, diesmal allerdings ohne die Königskrone. Es gibt jedoch noch andere steinerne Reste der bis 1907 abgerissenen Pöppelmannbrücke in Dresden, weiß Wache.

Im Park des denkmalgeschützten Spiegelschen Hauses auf der Döbelner Straße 24 in Trachenberge stehen Brüstungs- und Geländerelemente sowie das Stadtwappen von der alten Pöppelmannschen Brücke.

Am einstigen Königlichen Wachwitzer Weinberg zieren Geländer und Elemente der Sandsteinbrüstungen ein Aussichtsrondell an der sogenannten Himmelsleiter. Darauf weist auch eine Tafel der Weinbaugemeinschaft Loschwitz/Wachwitz hin. Der letzte Sächsische König August III. ließ dieses kleine Ensemble nach dem Abbruch der alten Brücke dort wieder aufbauen.