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Barsche im Ferienmodus

Ungewöhnliche Pensionsgäste hat das Tierheim Horka. Sein Tier kriegt jetzt nur unter, wer sich zeitig angemeldet hat.

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© André Schulze

Von Constanze Knappe

Beim ersten „Anknutschen“ sei sie regelrecht erschrocken, sagt Aimee Zille. Kein Wunder. Barsche haben „ordentliche Zähne“. Wie der Fisch namens Manja, der beinahe zutraulich ist und auch mal am Finger nagt. Die Fische sind Pensionsgäste im Tierheim Sankt Horkano. Sehr ungewöhnliche noch dazu. Denn, so erklärt Aimee Zille, normalerweise werden keine Fische angenommen. Nur in Notfällen wird eine Ausnahme gemacht. Wie im Fall der Buntbarsche, die samt ihres Aquariums, Unterstelltisch und Zubehör wie Pumpen vorübergehend im Tierheim unterkamen.

Zur Urlaubsbetreuung zogen die ersten Vierbeiner vor Tagen in Horka ein. In den nächsten sieben Wochen werden es 18 Hunde und 10 Katzen sein. Etliche sind Stammgäste. Gut daran getan hat, wer sich beizeiten einen Platz für sein Tier sicherte. Oder dies schon jetzt für Weihnachten tut. „Wer kurzfristig kommt, hat schlechte Karten“, sagt Aimee Zille. Wie jener Mann, der wenige Tage vor einer Kreuzfahrt seinen Hund unterbringen wollte. Die Tierpflegerin kennt die Situation: Bekannte haben zugesagt, den Hund zu hüten. Im letzten Moment kommt irgendetwas dazwischen. Bei allem Verständnis für die Lage, helfen kann Aimee Zille nicht. „Auch ein kleiner Hund braucht seinen Platz“, begründet sie. Zudem komme nicht jedes Tier mit jedem aus. Einige leben sich schnell ein, andere tun sich schwer als Pensionsgäste im Tierheim. „Zu laut, viel Publikumsverkehr, wechselndes Personal“, zählt sie auf. Tiere, die es ruhiger brauchen, seien da in mancher Tierpension besser aufgehoben. Umsonst ist die Betreuung im Tierheim Horka nicht. Abgesehen vom Aufwand sind Pensionsgäste für alle Tierheime eine wichtige Einnahmequelle, um damit Aufgaben aus dem Tierschutz zu finanzieren.

Besonders schwierig werde es für ein Tier, wenn es vor dem Urlaub seiner Besitzer noch nie von zu Hause weg war. Deswegen empfehlen Tierpfleger eine Eingewöhnungsphase – ähnlich der vor dem ersten Kita-Besuch. Meist unkompliziert sind Tiere mit Pensionserfahrung oder ganze junge, die sich gewissermaßen reinlernen. Voraussetzung für die Aufnahme ist der vollständige Impfschutz. Bewährt hat sich, wenn Tierbesitzer für ihre Lieblinge Decke, Handtuch oder eine alte Socke mit vertrauten Gerüchen mitbringen. Futternapf und Spielzeug sind reichlich vorhanden. Futter ist inbegriffen, es sei denn, das Tier braucht Spezialfutter. Auch eine Telefon-Nummer für den Notfall muss hinterlassen werden. Es kam schon vor, dass jemand nach dem Urlaub sein Tier nicht wieder abgeholt hat. Zwar werde mit dem Besitzer das Gespräch gesucht, doch stelle sich da immer die Frage, ob eine Rückkehr nach Hause für das Tier wirklich das Beste ist.

Dass während der Urlaubszeit verstärkt Tiere ausgesetzt werden, kann Tierheimchefin Rosemarie Zille nicht bestätigen. Das sei in Großstädten der Fall. Auf dem Land hätten die Menschen noch einen anderen Bezug zu ihrem Tier. Katzenbabys ohne Mama oder durch den Zoll beschlagnahmte Tiere, damit müsse man im Tierheim aber immer rechnen. Zusätzlich zu den etwa 50 Hunden, die das Jahr über aus den verschiedensten Gründen in Horka landen, und derzeit 60 Katzen. Wegen der Betreuung der Pensionstiere in den Ferien können Mitarbeiter des Tierheims selber keinen Urlaub machen, so Aimee Zille.

Selbst auf dem Sprung in den Urlaub ist Ramona Schulz. Die am letzten Schultag in ihrer Tierpension in Krauschwitz angereisten drei Ferienhunde werden in der einen Woche von ihrer Tochter liebevoll betreut. Bis zum Ende der Ferien in Brandenburg sind in der Tierpension, die es seit 13 Jahren gibt, etliche Vierbeiner „auf Urlaub da“. Nur im Notfall bekäme man jetzt noch ein Tier unter. Von kurzfristig hält Ramona Schulz ohnehin nichts. Da die Hunde bei ihr im Rudel leben, müssten sie miteinander klarkommen. Auch zwischen ihr und den Tieren „muss die Chemie stimmen.

Vier Hunde auf Urlaub reisten am Freitag bei Cindy Schulze in Zentendorf an. Zehn insgesamt wird sie die Ferien über betreuen. Damit ist sie komplett ausgebucht. Im Notfall könne sie höchstens noch einen Welpen unterbringen oder einen kleinen Hund, den sie bereits kennt, so die Betreiberin eines Hundekindergartens. Auch bei ihr gibt es vor der Betreuung während des Urlaubs der Besitzer Eingewöhnungszeit.

Eine Alternative zur Urlaubsbetreuung ist die Aktion „Nimmst du mein Tier, nehme ich dein Tier“ des Deutschen Tierschutzbunds. Wie Sprecherin Lea Schmitz auf SZ-Anfrage mitteilt, vermitteln zwar sächsische Tierschutzvereine Tierfreunde untereinander. Jedoch kein Verein in Ostsachsen – der nächstgelegene in Pirna wäre für diese Form der Selbsthilfe zu weit weg.