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Barlach in Moritzburg

Das Käthe-Kollwitz-Haus zeigt jetzt Arbeiten des Künstlers. Zu Themen wie Krieg und Tod, die auch seine Kollegin beschäftigten.

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© Norbert Millauer

Von Ines Scholze-Luft

Moritzburg. Die Atmosphäre im Ausstellungsraum: Konzentriert, dicht, zum genauen Hinschauen auffordernd. An den Wänden 17 Arbeiten, hauptsächlich Lithografien, von Ernst Barlach, berühmter Bildhauer, Schriftsteller und Zeichner.

Eines der Bilder zeigt eine schwebende Frau. Hoch über der Erde, mit einem ganz kleinen Kind in den Händen. Das hat die Augen zu. Wie die Frau, die es hält. Ein schönes, inniges Bild. Doch dann liest der Betrachter den Titel: Die Kindsmörderin. Großes Verwundern, nicht zuletzt darüber, dass sich 1916/18 – auf diese Zeit ist die Kreidelithografie datiert –, ein Künstler so intensiv mit dem Thema beschäftigt hat, dass das Resultat auch 100 Jahre später noch berührt. Und Nachdenken fordert.

Die besondere Last der Frauen – eines der Themen, mit dem sich Ernst Barlach auseinandersetzte. Wie mit Krieg und Tod. Moritzburg zeigt davon ebenfalls Beispiele. Ein Totenschädel-Mann auf dürrem Pferd, mit einem Knochen in der Hand: Der Sieger heißt das Bild, um 1924 entstanden.

Themen, die auch Käthe Kollwitz (1867–1945) in ihrer Tätigkeit als Grafikerin, Malerin und Bildhauerin bedeutsam waren. Sie hat Ernst Barlach (1870–1938) und sein Schaffen sehr bewundert, das geht aus ihren Tagebüchern hervor, sagt Sabine Hänisch, die Leiterin des Kollwitz-Hauses. Begegnet sind sich Kollwitz und Barlach wohl bei der Arbeit in der Künstlergruppe Berliner Secession. Und sogar direkt in ihren Arbeiten. So trägt der Schwebende, auch schwebender Engel genannt, die Gesichtszüge von Käthe Kollwitz. Barlach hat die Bronzeskulptur 1927 für den Güstrower Dom geschaffen.

Die Kollwitz hat ihren Kollegen erst sehr spät porträtiert. Das kann der Besucher jetzt in der Moritzburger Sonderausstellung aus Anlass des 80. Todestages Ernst Barlachs unter dem Titel „Der hat’s gekonnt“ betrachten. Beinahe magisch zieht es einen zu dem Bild, es zeigt ein kleines, zartes, zur Seite gewandtes Männergesicht mit geschlossenen Augen. Ernst Barlach auf dem Totenbett. Ein Faksimile – das Original ist im Besitz der Kunsthalle Hamburg – der Zeichnung von Käthe Kollwitz, die bei der Nachricht von seinem Tod am 24. Oktober 1938 in dessen Atelierhaus nach Güstrow kam. Und später in ihr Tagebuch schrieb: „Es ist mir manchmal als ob der tote Barlach mir seinen Segen hinterlassen hat. Ich kann gut arbeiten.“ Auch das ist in der Ausstellung nachzulesen.

Wer sich direkt vor Ort von den Verbindungen in Werk und Einstellung der beiden Künstler überzeugen will, kann das bis 9. Dezember. So lange sind Barlachs Arbeiten in Moritzburg zu sehen. Sie stammen aus dem Kupferstich-Kabinett Dresden. Wie schon vor 20 Jahren für die erste Ausstellung im Kollwitz-Haus. Sabine Hänisch sagt, sie ist froh und dankbar, dass das Kupferstich-Kabinett das Haus so unterstützt. Barlach und Kollwitz seien ein unzertrennbares Künstlerpaar, Barlach könne nicht oft genug in Moritzburg gezeigt werden.

Sie sieht in der Sonderschau auch eine große Chance für Schulklassen, aus künstlerischer und historisches Sicht. „Die Bilder erzählen Geschichten.“ Für die kommenden Wochen hat sie schon viele Anmeldungen vorliegen.

www.kollwitzhaus.de