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Bärwalder verleiht wertvolle Bücher

20 Jahre standen drei Bände aus einst königlichem Besitz bei Olav Seidel. Jetzt sind sie in Potsdam – für die Forschung.

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© Norbert Millauer

Von Uta Büttner

Bärwalde. Rund 20 Jahre schlummerten drei wertvolle Bücher im Privatbesitz von Olav Seidel. Wie wertvoll sie sind und worum es genau in diesen Büchern in französischer Sprache geht, das wusste der Inhaber des Gasthofes Bärwalde nicht, als er die Bände in einem Antiquariat in Freiburg im Breisgau erwarb. „Die Bücher waren in der Auslage. Als ich sie sah, wusste ich gleich, die gehören doch in ein Museum“, erzählt Olav Seidel. Spontan entschied er sich, sie zu kaufen. Zum Preis äußert er sich nicht, nur so viel: „Billig waren sie nicht.“

Die Bücher von Gabriel Gerberon mit dem Titel „Histoire générale du Jansenisme“, erschienen um 1710, waren im Besitz der Königin Sophie Dorothea.
Die Bücher von Gabriel Gerberon mit dem Titel „Histoire générale du Jansenisme“, erschienen um 1710, waren im Besitz der Königin Sophie Dorothea. © Truc Vu Minh

Jetzt hat er die Bücher – einst Besitz von Königin Sophie Dorothea – kostenfrei an die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) nach Potsdam zur Dauerleihe abgegeben. Und auch das war ein Zufall. Am 10. Juli vorigen Jahres erschien auf der Startseite von Twitter in seinem Newsfeed das Foto mit einem alten Ledereinband und einem Monogramm – dem Besitzvermerk des Buches. Das erkannte Olav Seidel sofort. Getwittert hatte das Research Center Sanssouci (RECS) – ein Institut der Stiftung und der Universität Potsdam – zu einen Forschungsaufsatz über ein Buch, das auch Eigentum der Königin war.

So spontan, wie Olav Seidel die Bücher kaufte, so spontan schrieb er per Twitter an RECS: „Würde gern der Bibliothek 3 Bände zur Verfügung stellen. Herzliche Grüße.“ Es dauerte etwa zehn Minuten, da kam bereits die Antwort: „Das ist ja großartig! Wir kontaktieren die Bibliothek und melden uns schnellstmöglich bei Ihnen.“ Alles Weitere war schnell besprochen und wenig später fuhren RECS-Direktor Jürgen Luh und Geschäftsstellen-Leiterin Truc Vu Minh zur Vertragsunterzeichnung und Übergabe der Bücher nach Radeburg. „Die Bücher ergänzen die königlichen Sammlungen der SPSG und sind ein außerordentlicher Glücksfall. Sie gehören ohne Zweifel zur originalen Ausstattung der hiesigen Schlösser“, sagt Truc Vu Minh.

Die SPSG hat den Auftrag, den originalen Zustand der Schlösser wiederherzustellen. Doch nicht immer sei dies möglich, da viele Ausstattungsstücke im Laufe der Zeit verloren gingen oder zerstört wurden. In den drei Bänden von Gabriel Gerberon mit dem Titel „Histoire générale du Jansenisme“ geht es um die katholische Reformbewegung in Frankreich, Spanien und Italien im 17. und 18. Jahrhundert. „Sie geben Aufschluss darüber, was die Königin gelesen hat und wie sich das soziale Netzwerk fürstlicher Frauen – in diesem Fall Mutter und Tochter – ausgestaltete“, sagt Truc Vu Minh. Im Magazin „sans, souci“ der Schlösserstiftung berichtet sie Anfang des Jahres über die wiedergefundenen Bücher. Unter anderem ist zu lesen, dass ein handschriftlicher Vermerk im Inneren des Einbandes verrät, dass Luise Ulrike, die Tochter Sophie Dorotheas und Königin von Schweden, die letzte Eigentümerin war. Nach ihrer Verheiratung ins schwedische Königshaus stand sie weiterhin in engem Kontakt mit ihrer Mutter und tauschte sich rege mit ihr auch über Bücher aus. Vermutlich gelangten die Bände so nach Stockholm.

Doch wie und wann die Bücher von Schweden nach Freiburg kamen, das können die Historiker nicht sagen. Das RECS hat sie an die Stiftung über die Preußen übergeben. Sie befinden sich nun in der Forschungsbibliothek im neuen Wissenschafts- und Restaurierungszentrum in Potsdam, wo sie zu Forschungszwecken eingesehen werden können.

Das RECS hat im Januar 2016 seine Arbeit aufgenommen. Es dient der Koordination und Förderung von international vernetzter Forschung. Die Auffindung der Bücher ist ein bislang einmaliges Ereignis, sagt Truc Vu Minh. Die Schlösserstiftung selbst bekäme hin und wieder Objekte aus vermeintlich ehemaligem königlichen Besitz von Privatpersonen angeboten. „Allerdings stellt sich nur selten heraus, dass sie tatsächlich aus den preußischen Schlössern stammen.“

Also ein echter Glücksfall für die Schlösserstiftung – und für Olav Seidel. Denn nun sind die Bücher dort, wo sie seiner Meinung nach immer sein sollten. Und zwar nicht in seiner privaten Vitrine, sondern für die Öffentlichkeit zugänglich. „Die Bücher sind Kulturgut von Preußen und gehören einfach dorthin“, sagt der Bärwalder.