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Bäcker Wetzigs Eierschecke bleibt

Bäckermeister Gunther Merzdorf übernimmt den Familienbetrieb und beliebte Produkte des Hauses. Das wird Kunden freuen.

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© Dietmar Thomas

Von Sylvia Jentzsch

Waldheim/Beicha. Oft kommt es vor, dass familiengeführte Bäckereien schließen müssen, weil sie keinen Nachfolger finden. Vor diesem Problem stand der Waldheimer Bäckermeister Günter Wetzig (63) nicht. Er hatte sogar vier Bewerber, die sich für die Übernahme der Bäckerei an der Hauptstraße interessierten. Auch sein Sohn, der bisher bei ihm als Geselle gearbeitet hat, hätte die Bäckerei übernehmen können. Doch der will sich jetzt anders orientieren. „Ich verstehe meinen Sohn. Und jetzt, wo ich weiß, wie es weiter geht, bin ich auch nicht traurig, dass die Familientradition nicht fortgesetzt wird“, sagte Günter Wetzig.

Die Wahl fiel letztendlich auf Bäckermeister Gunther Merzdorf, der im Döbelner Ortsteil Beicha ebenfalls eine Bäckerei führt. Er wird ab dem 15. Januar 2019 das Geschäft übernehmen, und so, wie es die Kunden bisher gewohnt sind, Brot und Brötchen backen. Auch auf die Wetzig-Eierschecke brauchen die Kunden nicht zu verzichten. Während Gunther Merzdorf weiter in Beicha arbeitet, werden seine Lebensgefährtin Kerstin Löwe und sein Bruder Jörg Merzdorf die Bäckerei in Waldheim managen.

Einen Wochentag mehr frisches Brot

Eine Verkäuferin für die zweite Hälfte des Tages soll noch gefunden werden. Die Kunden können sich auch auf einen Tag mehr freuen, an dem sie frische Brötchen kaufen können. Denn der Bäckerladen hat künftig von Dienstag bis Sonnabend geöffnet. Auch die Hausbäckerei für Stollen soll angeboten werden. In Beicha nehmen die noch etwa 20 Kunden in Anspruch.

Gunther Merzdorf und Günter Wetzig kennen sich schon sehr lange. Denn Vater Helmut Merzdorf ist der Patenonkel vom Waldheimer Bäckermeister. Und die Geschichte reicht noch weiter zurück. Von 1953 bis 1960 arbeitete Helmut Merzdorf als Geselle bei Herbert Wetzig, dem Vater von Günter Wetzig. Auch wenn es eher Zufall war, er und Gunther Merzdorf drückten von 1989 bis 1991 die Schulbank für ihren Meisterabschluss.

„Wir waren immer in Kontakt. Ich habe auch schon lange davon gewusst, dass Günter Wetzig einen Nachfolger für die Bäckerei sucht und immer wieder überlegt“, sagte Gunther Merzdorf. Den letzten Anstoß hat sein Steuerberater gegeben. Der hat gemeint, die Waldheimer Bäckerei habe die richtige Größe und auch so passe alles. „Die Entscheidung ist dann schon auf dem Heimweg gefallen“, sagte Merzdorf.

Er habe zuvor schon immer mit dem Gedanken gespielt, zu expandieren und nun Nägel mit Köpfen gemacht. Es sei kein großer Aufwand notwendig, um die Bäckerei zu übernehmen. Sie habe eine treue Stammkundschaft und Parkmöglichkeiten. Gunther Merzdorf will mit dem zweiten Standbein auch die Zukunft des Familienbetriebes sichern.

Die Bäckerei an der Hauptstraße gibt es schon seit 1912 und wurde damals von Wilhelm Wunderlich geführt. Sein Sohn übernahm später die Bäckerei. Nach dessen Tod vermietete Hilde Wunderlich die Backstube und den Laden. 1952 übernahm dann Herbert Wetzig die Brot-, Weiß- und Feinbäckerei an der Hauptstraße und übergab diese am 2. September 1986 seinem Sohn. Der hatte bei ihm als Geselle gelernt. „Eigentlich wollte ich schon einen Monat eher beginnen, doch ich wurde noch einmal zur Reserve von der Armee eingezogen“, erzählte Günter Wetzig. Seine Frau Evelyn entschied sich damals schweren Herzens, ihre Arbeit in den Hausschuhwerken in Hartha aufzugeben und mit in der Backstube anzufangen. Jede Nacht stand sie zwischen ein und zwei Uhr auf, um erst Brot und Brötchen zu backen. „Das ist schon eine tolle Leistung. Ohne die Unterstützung von ihr wäre es nicht gegangen“, so Wetzig.

Bauarbeiter am Wagen beköstigt

Der 63-Jährige hat viel zu erzählen, wenn es um die Bäckerei vor der Wende geht. „Dass es damals keine Rosinen und andere Zutaten für den Stollen gab, ist allen bekannt“, so der Bäckermeister. Doch, dass er häufig mit den Behörden ein Problem hatte, weniger. „Ich bin einmal etwas länger im Urlaub geblieben. Das Ordnungsstrafverfahren sollte mich 600 Ost-Mark kosten. Die habe ich natürlich nicht bezahlt“, sagte Wetzig. Auch sei damals genau geregelt worden, welche Bäckerei schließen durfte. „Für den Schulanfang meines Sohnes war das nicht vorgesehen. Aber ich hatte trotzdem frei“, so Günter Wetzig.

Nach der Wende musste er viel investieren. Zwar funktionierte der Backofen noch recht gut, aber er verbrauchte zu viel Gas. Auch andere Maschinen, die die Arbeit erleichterten, wurden angeschafft, und Anfang der 1990er-Jahre der Laden saniert und modernisiert. Gern erinnern sich die Wetzigs an die Zeit, in der das Gewerbegebiet erschlossen wurde. Sie hatten damals zusätzlich noch einen Imbisswagen. Das war zwar mit viel Arbeit verbunden. Aber das half über die Zeit, in der Brot und Brötchen vom Bäcker nicht so gefragt waren.